(Vor-)Urteile

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    • @dasWisl würdest du also sagen, alle Menschen mit Piercings haben Probleme in ihrem Leben gehabt? Ich würde dich als sehr normalen Menschen einschätzen, der vielleicht ungern mit Problemfällen rumhängt? Du könntest mit deiner Aussage Recht haben. Wenn es dem Menschen gut geht, sucht er nicht nach Veränderung; da Piercings in älteren Bevölkerungsteilen sehr rar sind und bei einem Menschen ohne Probleme das familiäre Verhältnis gut sein sollte, wird er eventuell weniger zu Piercings greifen. Eigentlich schade, ohne Probleme kann der Mensch sehr schwer einzigartig werden (siehe twoplay).




      Vorurteile definieren nunmal weite Bereiche einer bestimmten Gruppe. Das zu wissen ist hilfreich. Falls jemand aus dieser Gruppe ein Individuum wird und sich über diese Gruppe erhebt, erkennt man diesen als solchen und vergisst alle Vorurteile.
      Wer sich allerdings nicht aus seiner Gruppe lösen kann (nur seine Gruppe nachahmt) wird alle Vorurteile erfüllen und man darf sie somit anwenden. Ein sogenannter Level 1 Mensch, der weder seiner eigenen Gruppe Veränderung verschaffen mag noch einer neuen Gruppe beitreten wird.
    • dasWisl schrieb:

      [...]
      Ich kann damit echt nichts anfangen und wenn ich Menschen mit vielen Tattoos und Piercings sehe, weiss! ich dass bei denen irgendwann mal was falsch gelaufen ist.
      [...]
      Ich hoffe diese Geschichte zeigt, wie oft wir mit Vorurteilen und früheren Erfahrungen zu einer Ersteinschätzung unseres Gegenübers kommen und wie wichtig es ist, sich darüber im Klaren zu sein, warum man dazu kommt. Vielleicht ist das auch schwer zu verstehen, bin todesmüde und habe heute viel Wasser geschluckt.
      erklär mal bitte, tut sie nämlich rein gar nicht

      edit: kann natürlich auch sein, dass ich deinen punkt einfach nicht sehe. in deinem text schreibst du halt, dass du leuten mit piercings und tattos vorurteile gegenüber hast, deine wortwahl deutet aber eher nicht auf einen reflektierten umgang mit deinen vorurteilen hin. außerdem: was heißt "falsch" gelaufen überhaupt konkret?

      Dieser Beitrag wurde bereits 1 mal editiert, zuletzt von kobold ()

    • @PEPDESZORNS
      Ich konnte bei all den Menschen dieser Art relativ schnell erkennen, dass und ggf. etwas im argen liegt bzw. lag. Wie aber danach erwähnt, findet man das relativ schnell bei nahezu jedem Menschen, wenn man engen Kontakt hat und wirklich danach sucht. Auch Menschen mit oberflächlich großartigem Leben haben fast immer auch einen Knackpunkt. Dementsprechend würde ich das nie als meine endgültige Aussage stehen lassen. Den Unterschied kann man jedoch beim Umgang mit den Problemen machen. Ob man sie zu verstecken versucht, sie stolz präsentiert, als wäre man dadurch etwas besseres oder ob man sie akzeptieren kann, ohne Ihnen einen großen Wert beizumessen. Menschen der ersten Kategorie kannst du oft sehr schnell optisch und charakterlich ausmachen.

      So, muss erstmal Volleyball schauen, morgen hätte ich mehr Zeit ausführliche Gedankengänge zu formulieren. Btw. Bin ich überzeugt davon, dass die Einschätzung meiner Person den wenigsten beim ersten Kontakt gelingt.

      PS: Ich habe nichts gegen "Problemfälle", finde sie oftmals sogar sehr interessant, nur kann ich nicht viel mit jenen anfangen, die sich komplett verweigern oder andere wissentlich mit runter ziehen.
      Unter 100 Menschen liebe ich Einen, unter 100 Hunden 99...
      Knowing the difference between the easy way and the right way

      Spoiler anzeigen

      Wir fliegen immer höher
      hier sind wir frei
      Wir sind bereit unsren Weg zu gehen
      hier oben kann uns nichts geschehn!!!
      Die Erde bebt denn unser Kampf ist noch nicht vorbei
      Doch unser Wunsch wird irgendwann in Erfüllung gehn

      Siehst du wie das Eis zerbricht
      kannst du das Feuer sehn?
      Wir müssen den Kampf bestehn
      Unsere Welt wird sonst irgendwann unter gehn

      Chala - Head - Chala
      Gib niemals auf ich weiß das Feuer brennt in dir
      bald hast du dein Ziel erreicht

      Chala - Head - Chala
      Öffne dein Herz du hast die Macht alles zu tun
      ich weiß du kannst es schaffen

      Chala - Head - Chala
      Spürst du die Kraft die tief in deiner Selle wohnt
      sie führt dich zu den Dragonballs

      Chala - Head - Chala
      Dein Traum wird irgendwann wahr doch der Weg
      ist noch so weieieieieeit


      And sometimes you have to go back,
      To know just where you have been
      But were old enough to know that
      What has been will be again (and again)

      And the bravest of faces are the ones where we fake it
      And the roles that we play

      Nothing matters when the pain is all but gone
      When you are finally awake
      Despite the overwhelming odds tomorrow came
      And when they see you crack a smile
      And you decide to stay awhile
      You'll be ready then to laugh again


    • Ich habe Vorurteile gegen Leute die Pseudosportarten betreiben,bei denen muss ja irgendwas falsch gelaufen sein im Leben. Kenne da einen nennen wir ihn mal "Kevin" der spielt Golf, kann ich dann überhaupt nicht ernst nehmen.
      Highlight:
      Bester Satz von Max aka Genesis "Ey isch hab ebe gege braun im Armdrücke verlore - der macht alles aus dem Nacke. Ohne Witz hasch du schomma dem soi Nacke gsehe?"
    • Leute die voller Tattoos und Piercings sind legen halt weniger Wert darauf, dass ihr Aussehen irgendwelchen Normen entspricht. Mal anders rumlaufen find ich ok, immer würde ich nicht so rumlaufen wollen und kann mich deshalb mit der Entscheidung, sich so anzuziehen, nicht identifizieren und denke folglich sofort, dass ich mit demjenigen wahrscheinlich weniger anfangen kann als mit "sozial normierten" wie mir. Ist vllt sogar ein Trugschluss, weil sie dann vrmtl eher auch ansonsten mal "outside the box" denken, dass Leute Vorurteile ihnen gegenüber haben wussten sie aber auch vorher und haben sich ja bewusst fürs edgy sein entschieden.
      Let's Play: CK2, Patrizier 2, Anno 1800
    • Ich muss zugeben, dass mir nicht wirklich klar ist, worauf @dasWisl hinaus will. Daher antworte ich erstmal nur @la* dowN:

      Vermutlich habe ich mich nicht genau genug ausgedrückt. Dass die Sicherheit, mit der ich eine bestimmte Aussage über einen Menschen treffen kann, viel niedriger ist, wenn ich nur seine Herkunft kenne als wenn ich ihn etwas stehlen sehe o.ä. ist natürlich klar, und ich hatte gehofft, dass man das auch aus meinem Startpost so herauslesen kann. Worauf ich aber hinaus wollte, ist, dass z.B. meine Einschätzung über den Charakter dieser beiden Personen nur auf Grund eines Bildes ähnlich vage ist wie die Einschätzung über die Wahrscheinlichkeit, ob ein Marokkaner ein Dieb ist nur auf Grund seiner Herkunft und dass demnach beide Urteile ungefähr gleich berechtigt bzw. unberechtigt sind.
      Oder nochmal ein anderes Beispiel: ob jemand sagt, dass alle Marokkaner, die nach Deutschland kommen kriminell sind, oder ob jemand sagt, dass alle AfD-Wähler Idioten sind, macht in meinen Augen keinen großen Unterschied weil ich der Meinung bin, dass man von der Beziehung [Marokkaner, der nach Deutschland migiriert -> kriminell] mit ähnlich niedriger Sicherheit ausgehen kann wie von der Beziehung [AfD-Wähler -> Idiot].


      Also:

      NTTC schrieb:


      Is klar Aaron, macht natürlich keinen Unterschied ob du jemanden nach Faktoren beurteilst die er bewusst selbst beeinflussen kann oder nach solchen über die er keine Kontrolle hat.Dein Ernst?
      Ja, mein Ernst.
    • Um mal auf das konkrete Beispiel einzugehen. Wenn man sagt "Alle sind..." liegt man mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit falsch, da ja ein Gegenbeispiel genügt um die Aussage zu widerlegen. Wenn ich jetzt aber sage: "Die bedingte Wahrscheinlichkeit dass ein Marokkaner ein Dieb ist lautet XY%" ist die Aussage entweder objektiv richtig oder falsch. Und ob da jetzt Marokkaner und Dieb steht oder AfDler und Idiot ist hier wirklich egal.

      Es kommt auf den Wahrheitsgehalt der Aussage an. Jetzt ist Wahrheit aber nicht in jedem Fall einfach festzustellen. Jetzt gibt es wahrscheinlich relativ gute Statistiken zu Kriminalität (Ja die sind nicht gut, aber relativ zum AfDler = Idiot Sachverhalt eben schon) und so eine Aussage ist damit leichter belegbar/widerlegbar. Und da ist der Unterschied, wenn man hier sagt: Das eine kann man nicht sagen (Marokkaner = Dieb), weil man da einfach einen Gegenbeweis findet. Bei AfDler = Idiot ist das schwieriger geartet und damit mehr Meinungssache. Wenn man die Wahrheit feststellen kann, sind die Fälle identsich zu handhaben. Da stimme ich dir zu. Nur unterscheiden sie sich eben in der Praxis dann doch.

      Offtopic
      Ich glaub nämlich schon Argumente zu kennen, die vermuten lassen, dass Leute die AfD wählen nicht die für sie beste Partei wählen. Aber sowas ist eben nicht beweisbar. Sowas wie Idiot würde ich in dem Zusammenhang aber nicht sagen^^
      There are 10 types of people - those who understand binary, and those who don't.
    • Bin irgendwann zu dem Schluss für mich gekommen, dass Menschen eigentlich nie sind sondern immer werden.
      Jeder Mensch ist irgendwo ein Produkt der äußeren Einflüsse und wie er mit eben jenen umgeht/umgehen kann.

      Konkret an dem Beispiel "Marokkaner=Dieb" erläutert was ich damit meine:
      Spoiler anzeigen


      Mein Onkel ist Marokkaner, dort geboren und aufgewachsen. Er hat mir erzählt, dass es in Marokko sehr viele Taschendiebe gibt, man sollte als Tourist aufpassen auf seine Taschen, weil man ein beliebtes Ziel ist (Touristen haben Geld, sind nicht gewohnt ständig auf ihre Sachen zu achten).
      Diese Diebe sind größtenteils Straßenkinder und haben "gelernt" sich durchzuschlagen indem sie andere Leute bestehlen. Ihre Eltern konnten sie sich nicht leisten, sie sind Waisen oder aus anderen Gründen auf der Straße gelandet. Da kann man jetzt sagen: "Das ist kein Grund kriminell zu werden, derundder ist auch ein Straßenkind und hat sein Geld ehrlich mit Schuheputzen verdient und sich irgendwann ein eigenes Geschäft aufgebaut". Klar, hätte er können. Wenn man aber mal sich selbst anschaut und wie schwer es manchmal ist klarzukommen.

      Ich weiß aus meinem eigenen Leben wie schwer es sein kann Dinge zu erreichen, die man selbst mit geringem Aufwand erreichen könnte. Die meisten von euch werden dieses Gefühl kennen. Man hat doch meistens sehr viele Chancen was nicht zu verbocken oder auch mal die Möglichkeit auf die Schnauze zu fallen ohne dass es wirklich eine Auswirkung auf das Leben hat. So ein doppeltes oder dreifaches Netz hat eben nicht jeder.
      In manchen Situationen sind Fehlentscheidungen viel gravierender: Wenn man kein Sozialsystem, keine Familie oder einen Freundeskreis hat der Misserfolge abfedern können. Hätte ich in der Schule komplett versagt hätte ich in meinem Leben noch eine zweite, dritte und vierte Chance gehabt Abitur zu machen und studieren zu gehen. Für andere reicht es durch einige schlechte Noten ein Stipendium zu verlieren und sie haben vermutlich nie wieder die Chance Abitur zu machen.

      Das heißt jetzt nicht, dass ich es in Ordnung finde, dass Leute anderen Geld stehlen, denn das ist es nicht. Ich denke jedoch man sollte ab und zu mal versuchen zu verstehen, was Menschen zu dem macht was sie sind und auch wie schwer es ist das eigene Leben auf die Reihe zu kriegen.


      Um die Kurve zurück zum Thema Vorurteile zu bekommen. Ich denke man sollte jeden Menschen im Kontext seiner Geschichte und den äußeren Umständen sehen. Mein Stochastikprof hat in einer der ersten Vorlesungen gesagt, dass eine Statistik für das Individuum keine Aussagekraft hat und man sich dessen stets bewusst sein sollte.


      Zum Thema Sexismus fällt mir nur immer wieder auf was für ein vordefiniertes Bild eben manche Menschen noch in ihren Köpfen haben.
      Spoiler anzeigen
      Vor kurzem war eine Mutter im Supermarkt und hat sinngemäß gesagt:
      "Ich muss noch Ü-Eier kaufen für meine Kinder - ich hoffe da sind Figuren drin sonst ist das Theater groß."

      Ich, zum Smalltalk aufgelegt: "Achso? Ich fand die Figuren doof, die anderen Dinger kann man wenigstens zusammenbauen und ne Weile damit spielen"

      Mutter: "Nene da müssen auf jeden Fall Figuren her. Das sind Mädchen, wenn Mädels nicht bekommen was sie wollen ist immer die Hölle los."

      Ich lolle ein wenig IRL über ihren nicen Memjoke°° und habe einen Anstoß, der mich zum Grübeln bringt, weil ich unterstelle, dass diesen Mädchen eine schlechte Attitüde vermittelt werden könnte. Sie gibt ihnen quasi den Raum sich in einer solchen Rolle einzufinden. (Es ist diese Kleinigkeit, dass sie diese Eigenschaft nicht dem Individuum/der Persönlichkeit zuschreibt, sondern der Tatsache, dass es Mädchen sind)

      Das kann in vielen Bereichen ein Problem sein. Wer nach der "Norm" schlägt hat keine großen Probleme und solche Dinge "verwachsen" sich meistens. Ich hab es mir aber angewöhnt auf solche Kleinigkeiten zu achten. Wenn ich mal auf sowas eingeschossen bin fällt mir vieles auf, was denke ich bei vielen unterbewusst stattfindet, was aber doch verankert zu sein scheint.

      Gestern ging es im Radio um Versicherungen. Die Moderatorin sagt (diesmal wörtlich): "Wir gehen von der Idealfamilie aus: Vater, Mutter, zwei Kinder"
      Das ist wirklich eine Kleinigkeit und ich bin mir sicher, dass sie nicht gemeint hat, dass dies den anderen Familienformen überlegen wäre, wenn man sie danach fragt.
      Irgendwo ist es aber in ihrem Unterbewusstsein so geprägt.
      Das kann für viele die nicht der Norm entsprechen (können) eine schwere Bürde sein.


      Ich hoffe man kann den Gedankengängen einigermaßen folgen. Habe die angewohnheit mich manchmal etwas kryptisch zu äußern. Wollte gleichzeitig keinen Roman schreiben. Das ist mir wohl nicht so ganz geglückt.
      Mache mir viele Gedanken zu dem Thema und finde es schwierig darüber zu schreiben, weil das eher ein Gefühl oder eine Erkenntnis und Einstellung ist und eher wenig mit Wissen oder Meinung zu tun hat.
      Eine richtige Antwort ist nicht immer eine gute Antwort.
    • @rolfgrins: Bei den beiden Beispielen stimme ich dir zu, die würd ich alle in eine ähnliche (schwache) Wahrscheinlichkeitsänderungsspanne packen. Habe aber nicht den Eindruck, dass ctrl z.B. das ähnlich sieht - er scheint der Meinung zu sein, dass nur das Wissen über das Herkunftsland bereits ausreicht, um gut begründete Annahmen über eine Person zu machen.

      @watnuss: Das ist jetzt etwas verwirrend, weil du mein Beispiel nimmst, aber mit empirischer Wahrscheinlichkeit argumentierst, während ich über epistemische Wahrscheinlichkeit sprach.
      Deine Unterscheidung bezüglich der Falsifizierbarkeit von Meinungen/Sätzen halte ich in dieser Form allerdings nicht für sehr nützlich, denn den objektiven Wahrheitsgehalt einer Aussage ermitteln zu wollen ist wahnsinnig schwer und in einer konkreten Diskussion überhaupt unmöglich. Meistens laufen Diskussionen daher gezwungenermaßen eher so ab, dass die Beteiligten versuchen, sich im Laufe der Diskussion zu einigen - nicht nur auf Definitionen und Konzepte, sondern auch die zu betrachtende Empirie und deren Interpretation.
      Der allgemeine Hinweis darauf, dass manche Dinge empirisch feststellbar sind, während andere "Meinungssache" bleiben, ist für die Evaluation seiner Urteile schon nützlich, aber viel tiefer würde ich diese Trennung nicht ziehen - dafür sind wir in unserer Erkenntnis zu weit von tatsächlicher Objektivität entfernt.

      Dieser Beitrag wurde bereits 1 mal editiert, zuletzt von la* dowN ()

    • Ich bin da jetzt nicht in irgendeiner Theorie zu Hause sondern das ist einfach aus meiner Überlegung heraus entstanden. Auf was ich hinauswollte war einfach, dass Aussagen prinzipiell ähnlich zu handhaben sind aber in der Praxis andere Unterschiede da sein können. Kann ja gut sein, dass es weitere Unterschiede gibt. So ne Grundsatzdiskussion was Objektivität ist, wollte ich jetzt nicht mit rein bringen. Es gibt aber mit Sicherheit unterschiedliche Stufen von Nachweisbarkeit/Plausibilität nenns wie du willst. Und je stärkere Gründe es dafür gibt ne Aussage falsch anzusehen (ungeachtet dessen ob das jetzt die Wahrheit ist oder nicht bzw. dieses Falsifizieren okay ist oder nicht) gibt es negatives Feedback auf solche Aussagen gegenüber Aussagen, bei denen es eben nicht so starke bzw. anerkannte Gründe gibt.

      Bin jetzt auch weniger auf dich eingegangen sondern auf roflg um zu zeigen, dass er meiner Meinung nach zwar prinzipiell Recht hat, aber es andere Gründe geben kann, wieso die Aussagen unterschiedlich sind.
      There are 10 types of people - those who understand binary, and those who don't.
    • Es ist einfach für uns, Menschen in gewisse Kategorien zu stecken und uns aufgrund unserer Erfahrungen, die sich meistens immer wieder bestätigen, dann daraus ein Bild der Gesellschaft zu machen. Wenn ich also einen Mann, mit gefärbten Haaren, Leder und Nieten, am Bahnhof um Geld betteln sehe, dann greife ich in meine Schublade der Vorurteile, die ich in meinem Leben mit diesen in Verbindung gebracht habe und ich werde mir denken "der riecht bestimmt komisch" und voila, wenn ich an ihm vorbeischlendere erfüllt dann tatsächlich ein Geruch von mangelnder Körperhygiene meine Nase.

      Das ist unfair den wenigen Menschen gegenüber, die sich von solchen abheben, aber es ist nun einmal viel einfacher für uns durch den Alltag zu kommen, wenn wir aus einem Erfahrungsschatz der Vergangenheit schöpfen können. Vor allem für mich als werdenden Lehrer ist es schwer in meinem Beruf objektiv zu bleiben, denn es gibt halt immer wieder den ein oder anderen Menschen, den ich nicht leiden kann, weil ein subjektives Empfinden einfach hinzu kommt.

      Nun aber zu einer persönlichen Geschichte, an die ich mich immer wieder gerne erinnere. Bevor ich mit Dota 2 angefangen habe, war ich groß in World of Warcraft unterwegs. Das Spiel hat mich nicht sonderlich geschockt, aber die Menschen meiner damaligen Gilde waren einfach Leute, mit denen ich tagtäglich gerne online herumgehangen habe. Wie es mit DotaSource ähnlich ist, haben wir uns auch damals schon gerne privat getroffen und einen über den Durst getrunken. Einer dieser Onlinefreunde (der auch Dota spielt, Nick mook) wohnte in Flensburg. Ein super Mensch, mit dem ich immer gerne weggegangen bin. Mein kleiner Bruder, der in Kiel wohnte, und ich, besuchten ihn in Flensburg um mit ihm feiern zu gehen. Als wir dann in seiner Wohung Cuba Libres tranken und Guitar Hero spielten, sagte er uns, dass ein Kollege von ihm vorbeikommen würde. Der sei ganz cool. Wir mochten mook, also trauten wir auch seiner Einschätzung von coolen Menschen.

      Dann kam dieser Kerl zur Tür rein und schüttelte unsere Hände. Direkt wurde dieser Mensch aufgrund seines Aussehens in diverse Schubladen gestopft. Er war groß und muskulös, wobei sich sein bodybuilden hauptsächlich auf Arme und Brustmuskeln zu beschränken schien. Schwarze Haare, triefend vor Gel, hingen ihm am Kopf in einer schlechte Frisur herunter. Eine viel zu enge Lederhose und ein dazu passendes Dolce & Gabbana Muskelshirt konnten seinen Bauchansatz nicht unbedingt verbergen. Dann die Crème de la Crème: Ein Tattoo an seinem unteren Rücken, das man liebevoll als Arschgeweih bezeichnet, blitzte auch immer wieder heraus. Das gab mir und meinem kleinen Bruder den Rest. Im Reallife würde ich solche Menschen vielleicht bemerken, eine vorgebildete Meinung zu ihm haben und ihn nicht unbedingt ansprechen wollen. Hier aber konnte ich ihm nicht aus dem Weg gehen. Also Hände geschüttelt, vorgestellt, Guitar Hero gespielt und danach zusammen in die Stadt gegangen.

      Meine Güte, kann man sich in einem Menschen täuschen. Vom Aussehen her vielleicht einer der miesesten Menschen, aber war der vielleicht nett! Er hat sich die ganze Zeit mit uns über nerdige Sachen unterhalten und als wir über Harry Potter redeten und Theorien austauschten (damals waren die Bücher noch nicht fertiggeschrieben) stieg er lautstark in die Diskussion mit ein und erklärte uns, dass er sich immer mit seiner Tochter um die Bücher streitet, wenn die neu herauskommen. Ron war sein Lieblingscharakter, dich gefolgt von Neville Longbottom. Er hat sich selbst beim Karaoke zum Affen gemacht, dass wir uns fast fremdgeschämt haben, war überhaupt nicht oberflächlich, lachte laut und kannte sich mit Computerspielen und Geekstuff aus. Irgendwann meinte mein Bruder zu mir, noch nie wurde er so positiv von einem Vorurteil enttäuscht und ich musste ihm zustimmen. Ich bin sehr froh, dass ich diese Erfahrung gemacht habe, hat sie mich doch gelehrt, dass ich mich nicht unbedingt auf meine Voreingenommenheitsschubladen verlassen kann.
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      Oster schrieb:

      Bin irgendwann zu dem Schluss für mich gekommen, dass Menschen eigentlich nie sind sondern immer werden.
      Jeder Mensch ist irgendwo ein Produkt der äußeren Einflüsse und wie er mit eben jenen umgeht/umgehen kann.

      Konkret an dem Beispiel "Marokkaner=Dieb" erläutert was ich damit meine:
      Spoiler anzeigen


      Mein Onkel ist Marokkaner, dort geboren und aufgewachsen. Er hat mir erzählt, dass es in Marokko sehr viele Taschendiebe gibt, man sollte als Tourist aufpassen auf seine Taschen, weil man ein beliebtes Ziel ist (Touristen haben Geld, sind nicht gewohnt ständig auf ihre Sachen zu achten).
      Diese Diebe sind größtenteils Straßenkinder und haben "gelernt" sich durchzuschlagen indem sie andere Leute bestehlen. Ihre Eltern konnten sie sich nicht leisten, sie sind Waisen oder aus anderen Gründen auf der Straße gelandet. Da kann man jetzt sagen: "Das ist kein Grund kriminell zu werden, derundder ist auch ein Straßenkind und hat sein Geld ehrlich mit Schuheputzen verdient und sich irgendwann ein eigenes Geschäft aufgebaut". Klar, hätte er können. Wenn man aber mal sich selbst anschaut und wie schwer es manchmal ist klarzukommen.

      Ich weiß aus meinem eigenen Leben wie schwer es sein kann Dinge zu erreichen, die man selbst mit geringem Aufwand erreichen könnte. Die meisten von euch werden dieses Gefühl kennen. Man hat doch meistens sehr viele Chancen was nicht zu verbocken oder auch mal die Möglichkeit auf die Schnauze zu fallen ohne dass es wirklich eine Auswirkung auf das Leben hat. So ein doppeltes oder dreifaches Netz hat eben nicht jeder.
      In manchen Situationen sind Fehlentscheidungen viel gravierender: Wenn man kein Sozialsystem, keine Familie oder einen Freundeskreis hat der Misserfolge abfedern können. Hätte ich in der Schule komplett versagt hätte ich in meinem Leben noch eine zweite, dritte und vierte Chance gehabt Abitur zu machen und studieren zu gehen. Für andere reicht es durch einige schlechte Noten ein Stipendium zu verlieren und sie haben vermutlich nie wieder die Chance Abitur zu machen.

      Das heißt jetzt nicht, dass ich es in Ordnung finde, dass Leute anderen Geld stehlen, denn das ist es nicht. Ich denke jedoch man sollte ab und zu mal versuchen zu verstehen, was Menschen zu dem macht was sie sind und auch wie schwer es ist das eigene Leben auf die Reihe zu kriegen.


      Um die Kurve zurück zum Thema Vorurteile zu bekommen. Ich denke man sollte jeden Menschen im Kontext seiner Geschichte und den äußeren Umständen sehen. Mein Stochastikprof hat in einer der ersten Vorlesungen gesagt, dass eine Statistik für das Individuum keine Aussagekraft hat und man sich dessen stets bewusst sein sollte.


      Zum Thema Sexismus fällt mir nur immer wieder auf was für ein vordefiniertes Bild eben manche Menschen noch in ihren Köpfen haben.
      Spoiler anzeigen
      Vor kurzem war eine Mutter im Supermarkt und hat sinngemäß gesagt:
      "Ich muss noch Ü-Eier kaufen für meine Kinder - ich hoffe da sind Figuren drin sonst ist das Theater groß."

      Ich, zum Smalltalk aufgelegt: "Achso? Ich fand die Figuren doof, die anderen Dinger kann man wenigstens zusammenbauen und ne Weile damit spielen"

      Mutter: "Nene da müssen auf jeden Fall Figuren her. Das sind Mädchen, wenn Mädels nicht bekommen was sie wollen ist immer die Hölle los."

      Ich lolle ein wenig IRL über ihren nicen Memjoke°° und habe einen Anstoß, der mich zum Grübeln bringt, weil ich unterstelle, dass diesen Mädchen eine schlechte Attitüde vermittelt werden könnte. Sie gibt ihnen quasi den Raum sich in einer solchen Rolle einzufinden. (Es ist diese Kleinigkeit, dass sie diese Eigenschaft nicht dem Individuum/der Persönlichkeit zuschreibt, sondern der Tatsache, dass es Mädchen sind)

      Das kann in vielen Bereichen ein Problem sein. Wer nach der "Norm" schlägt hat keine großen Probleme und solche Dinge "verwachsen" sich meistens. Ich hab es mir aber angewöhnt auf solche Kleinigkeiten zu achten. Wenn ich mal auf sowas eingeschossen bin fällt mir vieles auf, was denke ich bei vielen unterbewusst stattfindet, was aber doch verankert zu sein scheint.

      Gestern ging es im Radio um Versicherungen. Die Moderatorin sagt (diesmal wörtlich): "Wir gehen von der Idealfamilie aus: Vater, Mutter, zwei Kinder"
      Das ist wirklich eine Kleinigkeit und ich bin mir sicher, dass sie nicht gemeint hat, dass dies den anderen Familienformen überlegen wäre, wenn man sie danach fragt.
      Irgendwo ist es aber in ihrem Unterbewusstsein so geprägt.
      Das kann für viele die nicht der Norm entsprechen (können) eine schwere Bürde sein.


      Ich hoffe man kann den Gedankengängen einigermaßen folgen. Habe die angewohnheit mich manchmal etwas kryptisch zu äußern. Wollte gleichzeitig keinen Roman schreiben. Das ist mir wohl nicht so ganz geglückt.
      Mache mir viele Gedanken zu dem Thema und finde es schwierig darüber zu schreiben, weil das eher ein Gefühl oder eine Erkenntnis und Einstellung ist und eher wenig mit Wissen oder Meinung zu tun hat.



      Ich habe an nichts von dem, was du schreibst, irgendetwas auszusetzen. Aber das ist auch alles gar nicht das, worauf ich hinaus will. Darum versuche ich nochmal, meinen Standpunkt zu präzisieren, nachdem mir auch @PEPDESZORNS vorhin nochmal gesagt hat, dass ihm dieser anhand meiner bisherigen Beiträge nicht klar geworden ist.

      Also, der Reihe nach:
      Menschen urteilen über andere Menschen, indem sie auf Grund von beobachteten Merkmalen auf bestimmte Charakterzüge o.ä. schließen. Je nach Art des Merkmals variiert die Wahrscheinlichkeit dafür, dass der mit diesem Merkmal bestimmte Charakterzug auch wirklich auf den einzelnen Menschen zutrifft. In unserer Gesellschaft ist dieser Prozess etwas völlig Normales. Allerdings mit einer Ausnahme, nämlich wenn das an einem Menschen beobachtete Merkmal nicht durch dessen eigenes Zutun auftritt, sondern wenn es ihm quasi willkürlich durch die Geburt "auferlegt" wurde.

      Nun der Haken an der Sache:
      Ich halte diese strenge Grenze zwischen gesellschaftlich akzeptierten und gesellschaftlich nicht akzeptierten Urteilen für logisch unbegründet. Wenn man sich ein Urteil über jemanden bildet, spielt es keinerlei Rolle, ob die Merkmale, die man heranzieht, um sein Urteil zu fällen, von dem beobachteten Menschen beeinflussbar sind oder nicht, solange dieses Merkmal ein Indiz für einen bestimmten Charakterzug darstellt.

      Und schließlich mein Standpunkt als Resultat der obigen Überlegung:
      Wenn man (in meinen Augen zurecht) ein Gegner von Rassismus oder Sexismus ist, sollte man anderen Vorurteilen genau so kritisch gegenüber stehen. Das beste Beispiel dafür sind politische Diskussionen zwischen Linken und Rechten. Wenn man dagegen ist, dass andere von der Hautfarbe eines Menschen per Verallgemeinerung auf dessen Charakter schließen, sollte man genau so dagegen sein, von der politischen Haltung eines Menschen auf dessen Charakter zu schließen. Es fühlt sich zwar "richtiger" an, aber dieses Gefühl täuscht. Die eine Verallgemeinerung ist nicht besser als die andere. Und genau so wie ein krimineller Marokkaner bestimmt irgendwelche Gründe dafür hat, dass er kriminell geworden ist, wird der Anhänger einer entgegengesetzten Partei gute Gründe haben, wie er zu seiner Meinung gekommen ist. Besonders deutlich ist mir das aufgefallen, als ich eine Weile lang viel auf Reddit abgehangen bin und dabei sowohl links- als auch rechtsradikale Subreddits frequentiert habe. Im Prinzip reicht es dort aus, für jeden Post aus nem rechtsradikalen Subreddit ein paar Schlüsselwörter auszutauschen, um ihn unter Beifall in einem linksradikalen Sub posten zu können, und umgekehrt.
      Aber auch komplett abgesehen von Politik bin ich der Meinung, dass man all seine Vorurteile so sehr hinterfragen sollte wie rassistische Gedankengänge. Um ein paar Dotasource Memes aufzuzählen: egal ob ein Mensch ein MINT-Fach an der TU oder irgendwas mit Medien an der FH studiert, ob er tätowiert ist oder Reinhäuter, ob er Animu schaut oder findet, dass Breaking Bad die beste Serie aller Zeiten ist, ob er im Jahre 2016 immer noch Dota spielt oder nicht, ob er Jogginghose und Kurzarmhemd oder [sorry, keine Ahnung was man eigentlich tragen sollte] trägt, ob er über Midna lolpics lacht oder twoplay lolpics – wenn man solchen Merkmalen substantielles Gewicht bei der Beurteilung eines Menschen zuweist, macht man in meinen Augen nichts anderes, als der Personaler, der sich bei zwei gleich qualifizierten Jobbewerbern aus Prinzip für den weißen Mann statt für die schwarze Frau entscheidet.
    • roflgrins schrieb:

      Aber auch komplett abgesehen von Politik bin ich der Meinung, dass man all seine Vorurteile so sehr hinterfragen sollte wie rassistische Gedankengänge.
      Ein Beispiel: Ich habe die Wahl durch eine Unterführung zu laufen, in welcher ich heruntergekommen aussehende Menschen, vielleicht Junkies, sehe. Oder ich nehme die Brücke ein Stück weiter, welche von einem mit Anzug gekleideten Mann überquert wird. Wähle ich die Brücke, habe ich damit keinem was getan, aber ich mache das, weil ich davon ausgehe, dass die Gefahr in der Unterführung mit den Junkies größer ist, dass ich überfallen oder sonst was werde.

      Dein Beispiel mit dem Personaler hingegen beschreibt den anderen Fall: Die auf Vorurteilen basierende Entscheidung führt zu einem Nachteil für die vorverurteilte schwarze Frau.

      Immer muss man seine Vorurteile doch nicht hinterfragen oder gar abstellen, oder? Relevant wird es doch erst, wenn ich auf den Vorurteilen basierend eine Entscheidung treffe, welche den Vorverurteilten betrifft, ohne vorher zu überprüfen, ob das, was ich aus dem Vorurteil schließe, auch auf diese Person zutrifft.
    • Klar, man muss natürlich immer eine Balance finden zwischen Unvoreingenommenheit und Common Sense.

      Aber auch hier bin ich wieder der Meinung, dass dabei kein wirklicher Unterschied zwischen beeinflussbaren und nicht-beeinflussbaren Faktoren besteht. Um Vergleiche zu deinem Junkie-Beispiel zu bringen:
      Als ich in Indien unterwegs war, habe ich viel mehr auf meine Wertsachen aufgepasst als wenn ich hier durch den Ort laufe und jeder, den du fragst, wird dir selbstverständlich genau das gleiche empfehlen. Dabei waren die meisten Inder, die ich unterwegs getroffen habe, sehr nette Menschen und sie konnten nichts dafür, dass sie für jeden Touristen anfangs erstmal unter Generalverdacht stehen. Genau so wird eine Frau nachts auf der Straße zurecht vorsichtiger in der Nähe von Männer- als von Frauengruppen sein, obwohl die meisten Männer ihr niemals etwas zuleide tun würden.
    • roflgrins schrieb:

      Aber auch hier bin ich wieder der Meinung, dass dabei kein wirklicher Unterschied zwischen beeinflussbaren und nicht-beeinflussbaren Faktoren besteht.
      Ich denke, dass du damit sicherlich recht hast, aber man sollte zu dieser Aussage den passenden Rahmen liefern, damit es richtig verstanden wird. Die Aussage könnte man entsprechend um folgendes erweitern: Es spielt keine Rolle, ob dein Vorurteil auf beeinflussbaren oder nicht-beeinflussbaren Faktoren beruht, solange du dir zum einen (1) im klaren darüber bist, wie gesichert deine Annahme ist, und zum anderen (2) im Zweifelsfall dich nicht auf dein Vorurteil verlässt, sondern abklärst, ob die betroffene Person das Vorurteil erfüllt.

      Punkt (2) habe ich dabei mit dem obigen Post bereits angesprochen. Dagegen (1) ist ein erstrebenswertes Ziel, wird aber häufig genug ausgelassen. Manchmal ist es dem Urteilenden schlicht egal, manchmal ist der Kosten-Nutzen-Faktor einfach zu gering, als dass ich jedes meine Vorurteile gegen viele Studien, die es vielleicht nicht mal gibt, gegenprüfe. Und selbst, wenn es verlässliche Quellen gibt, muss ich durch (2) das Individuum betrachten, unabhängig was ich meine durch das Vorurteil über den Menschen zu wissen.
    • Dass du nicht dazwischen unterscheidest, ob ein Mensch etwas für seine Charakterzüge/Handlungen kann oder nicht und das die Urteile nicht beeinflussen sollte, ist mMn zu kurz gedacht.

      Zwar stimmt es (und das ist glaube ich dein Punkt), dass es keinen Unterschied in meiner Bewertung der Situation macht, ob jemand Dieb ist, weil er gerne klaut oder weil er das tut, um zu überleben. Es macht keinen pragmatischen Unterschied, heißt, ich werde in beiden Situationen auf meine Sachen achtgeben und mich gleich verhalten, und ich werde ihn auch beides Mal als Dieb einstufen.

      Allerdings drücken wir, wenn wir sagen "Der da ist ein Dieb!" nicht einfach nur aus, dass das ein Mensch ist, der u.U. eine Sache nehmen könnte, die mir gehört, und dass ich deshalb auf meine Sachen etwas mehr achtgeben sollte.

      Darin enthalten ist zusätzlich ein moralisches Urteil. "Der da ist ein Dieb!" heißt auch: "Der da ist ein schlechter Mensch!/macht schlechte Dinge!". Und für dieses Urteil, das die unmittelbare Situation zwar nicht beeinflusst (ich verhalte mich gleich & schütze meine Sachen), aber trotzdem Auswirkungen hat (Selbstbild des Diebes z.B.) ist die Unterscheidung wichtig, ob diese Person an dem Charakterzug oder der Handlung selbst Schuld trägt oder nicht. Sehr wichtig sogar.
      Ein Dieb, der etwas klaut, weil er damit seine Mutter vor dem Sterben rettet, ist moralisch nicht mehr unbedingt böse für uns. Entsprechend reagieren wir im weiteren Umgang anders auf ihn, sofern wir erstmal unsere Sachen in Sicherheit gebracht haben - vielleicht schenken wir ihm sogar etwas, zumindest aber verurteilen oder schneiden wir ihn nicht so hart.

      Ergo ist diese Unterscheidung nicht ganz so unlogisch und unangebracht, wie du behauptest.

      Daraus erklärt sich aus, warum die Gesellschaft bei manchen Zuschreibungen vorsichtiger geworden ist bzw. diese verpönt wurden - es hat sich ein Bewusstsein dafür entwickelt, was eine solche allgemeine Zuschreibung bei der Personengruppe, auf die es nicht zutrifft, die aber mit darunter gefasst werden, und bei der Personengruppe, auf die es zutrifft, die dazu aber "gezwungen wurden", psychisch anrichtet.

      Manche Zuschreibungen sind da dann eher ungefährlich - wenn du aufgrund meiner Kleidung davon ausgehen würdest, dass ich Banker bin, obwohl ich Pilot bin, juckt das keinen. Andere haben aber diese gefährliche Komponente, und da ist es eben zu wenig, einfach nur zu sagen: Aber der Prozess ist der gleiche! Und ich bin genauso (wenig) gerechtfertigt zu der einen wie zu der anderen Annahme! Also entweder beides oder keines!
      Denn die Wirkung unterscheidet sich.

      Besser ist es daher aufzuzeigen, in welchem Maße eine bestimmte Unterstellung, die momentan gesellschaftlich akzeptiert ist, ernsthafte negative Folgen für die Betroffenen hat oder haben kann.
    • Ich hab jetzt lange darüber nachgedacht und war grade dabei, eine Antwort zu verfassen, als mir klar geworden ist, dass ich dich glaube ich immer noch nicht komplett verstanden habe. Geht es dir bei der Unterscheidung zwischen gefährlichen und ungefährlichen Urteilen nur um deren Art, also z.B. "der Typ ist ein Dieb" oder "er ist ein Banker"? Oder geht es dir auch um die Art des Merkmals, auf welches das Urteil gestützt wird, d.h. beispielweise "er ist Marokkaner" oder "er trägt nen Anzug"?
      Die Sache mit der Motivation des Diebs passt da entweder nicht so ganz rein oder ich verstehe die Verbindung falsch. Woran macht denn der Urteilende in deinem Beispiel fest, ob der "Verurteilte" ein Dieb ist weil er gerne klaut oder weil er es tut, um zu überleben?

      Wenn wir das geklärt haben, kann ich dir glaub ich eine bessere Antwort geben.
    • Ich stimm dir glaub schon darin nicht zu, dass die gesellschaftliche Grenze der Ablehnung da verläuft, wo die Betroffenen durch Geburt "nichts dafür können". Also Hautfarbe/Geburtsort und Geschlecht, um deine Beispiele zu nennen - imo sind auch andere Vorurteile gegenüber ganzen Gesellschaftsgruppen momentan durchaus inakzeptabel. Dass die Armen oder Arbeitslosen alle faul seien. Dass die Reichen alle Halsabschneider seien. Dass Linke alle Zecken seien, oder die Rechten alle durchschnittliche Versager (wobei letzteres, leider, etwas gesellschaftsfähiger wurde die letzte Zeit). Und so weiter. Da lässt sich einiges finden, was man "nicht sagen darf" über eine Subgruppe.

      Geschlecht und Hautfarbe sind nur die größten Themen momentan, weil hier der Kampf um Gleichberechtigung und gegen die Vorurteile seit Jahrhunderten tobt.

      --

      Zu deinen Fragen: Bei der Unterscheidung gefährlich/ungefährlich gehts mir um die Art des Vorurteils. Bei der Unterscheidung gerechtfertigt/ungerechtfertigt gehts mir um die Merkmale, auf die das Urteil gestützt wird. In meinem Diebes-Beispiel hab ich mir keine großen Gedanken darüber gemacht, auf welche Weise mein lyrisches Ich herausfindet, warum der Dieb geklaut hat, da gings mir mehr um die Wirkung der Zuschreibung danach.

      Für mich sind das zwei Komplexe, die du in deinen Posts vermengst.

      /edit: Um letzteres klarer zu machen: Es mag so aussehen, als würde die Gesellschaft die Grenze bei Vorurteilen da ziehen, wo Menschen nichts dafür können. Das stimmt aber nicht. Auch andere Vorurteile sind verpönt. Warum sie verpönt sind, hat dann primär mit ihrer Wirkung zu tun, nicht mit der Art, wie die Vorurteile entstanden sind. Auch wenn darüber anders gesprochen wird, weil die Leute darüber nicht nachdenken und einfach sagen: "Pauschalisierungen und Vorurteile sind kacke!" ohne zu realisieren, dass das ein normaler Vorgang ist, wenn man z.B. induktive Schlüsse zieht, also vom Einzelnen auf das Allgemeine schließt. Und dass ein Problem erst auftritt, wenn die Pauschalisierung unzutreffend ist UND für jemanden negativ.

      /doppeltes edit: Unzutreffende Pauschalisierung ergibt sich dann aus schlechter Rechfertigung, also schlechter Methode beim Urteilen. Negative Wirkung ergibt sich aus der Art des Urteils.

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    • Okay, dann muss ich aber jetzt doch erst nochmal an dem Punkt mit der Beeinflussbarkeit nachhaken. Diesen habe ich ja nicht willkürlich für meine Argumentation als Grenze gewählt, sondern es ist diejenige, von welcher ich bisher am häufigsten in solchen Debatten gelesen habe und welche ich auch selber in der Vergangenheit am sinnigsten fand. Wenn du nun sagst, dass die Grenze für gesellschaftlich inakzeptable Vorurteile eigentlich ganz woanders liegt, machen wir damit ein ganz neues Fass auf. Das können wir auch gerne alles später noch ausdiskutieren, aber erstmal würde ich gerne noch meinen ursprünglichen Punkt klären.

      Ich habe behauptet, dass es für ein Urteil egal ist, ob die Merkmale, auf die es sich stützt, vom Verurteilen beeinflussbar sind oder nicht. Wenn ich dich richtig verstanden habe, widersprichst du mir da (Stichwort gerechtfertigte und ungerechtfertigte Urteile). Ich habe aber noch nicht so ganz nachvollziehen können, warum du das tust. Dein Beispiel mit dem Dieb sollte das glaube ich erklären, aber ich konnte da wie gesagt nicht so ganz folgen, weil die Motivation des Verurteilten nochmal eine andere Sache ist als das an ihm beobachtete Merkmal, auf dessen Grundlage das Urteil gefällt wurde. Kannst du dein Argument nochmal anders formulieren oder vielleicht ein anderes Beispiel geben?