Lehr- und Pädagogikecke

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    • SWR2 Forum schrieb:

      Inflation der guten Noten - Was ist das Abitur noch wert?

      Es diskutieren:
      Prof. Dr. Horst Hippler, Präsident der Hochschulrektorenkonferenz
      Josef Kraus, Präsident des Deutschen Lehrerverbandes
      Martin Spiewak, "Die Zeit", Redakteur für Bildung und Wissenschaft
      Gesprächsleitung: Eggert Blum

    • swr2-forum-20170109-was-ist-das-abitur-noch-wert.12844s


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      Abitur mit Note Eins - früher war das selten und ein Ausweis besonders hoher Begabung. Heute haben sich die Einser-Absolventen vervielfacht und immer mehr junge Leute schaffen das Abitur. Sind die Schülerinnen und Schüler besser geworden oder sind die Prüfungen zu leicht? Warum schneiden Abiturienten in Berlin besser ab als in Bayern? Inzwischen erwirbt über die Hälfte eines Jahrgangs die Hochschulreife - sind wirklich alle, die ein Abitur-Zeugnis vorweisen können, reif für ein Studium? Was ist das Abitur heute wert?
      Das oben verlinkte SWR2 Forum habe ich vor kurzem gehört. Es geht unter anderem darum, dass der Bundesweite Abiturschnitt immer besser wird wie auch die Bestnoten immer öfter erreicht. Zudem geht es darum, dass auch ein größer werdender Teil eines Jahrgangs Abitur macht. Es stehen Fragen im Raum, wie beispielsweise ob Abitur noch zum Studium befähigt oder nur noch berechtigt. Ob eine absolute Benotung allein ausreichend ist, wenn nur noch ein Teil des Notenspektrums vergeben bzw. erreicht wird.

      Wie sehen das unsere Lehramtler, welche gegebenenfalls im Studium oder an der Schule mit ähnlichen Fragen in Kontakt kamen? Was sagt der Rest dazu: Brauchen wir in Deutschland über 80 oder 90 Prozent Abitur pro Jahrgang und falls ja, was sagt das Abitur noch aus?

      Dieser Beitrag wurde bereits 1 mal editiert, zuletzt von ramius ()

    • Kann mir leider das interview nicht anhören (wieder im Büro ;_; )

      ramius schrieb:

      Was sagt der Rest dazu: Brauchen wir in Deutschland über 80 oder 90 Prozent Abitur pro Jahrgang und falls ja, was sagt das Abitur noch aus?
      So viele Leute mit Abitur sind mMn nicht gut, jedenfalls nicht solange man dann keine sinnvolle Lösung für den Haupt- und Realschulabschluss gefunden hat. Es sind ja nicht einfach nur mehr Junge Leute als früher da (und daher die größere Anzahl an Abiturienten), sondern mehr Leute als früher sind auf dem Gymnasium. Das bedeutet, von diesen Abiturienten wird sich ein Teil auf Ausbildungsstellen bewerben und den Haupt- und Realschülern die Jobs wegnehmen. Bei vielen Abiturienten muss ich also entweder was an den anderen Abschlüssen ändern oder dafür sorgen, dass weniger Abiturienten verfügbar sind. Solange man aber Ausbildungsberufe als Berufe "2. Klasse" sieht und nur ein Studium Erfolg verspricht, wird sich daran wohl nichts ändern.


      Zagdil

      Dieser Beitrag wurde bereits 1 mal editiert, zuletzt von Zagdil ()

      Byron - Attributmagier
      Der Korpothread

      Oster schrieb:

      Wenigstens shrodo denkt mit.





      "some games just feel so unthrowable until you suddenly lost"

      Beitrag von Onyo ()

      Dieser Beitrag wurde von TripperK aus folgendem Grund gelöscht: Unnötig. ().
    • HumanlyPuma schrieb:

      Ganz kurze aber wichtige Ansage für alle Sozialgeblendeten:
      Jobs gehören niemandem, außer dem der sie vergibt.
      Naja, aber solange der der sie vergibt keinen geeigneten Bewerber hat, wird wieder auf das Schulsystem geschimpft. Siehe "Fachkräftemangel." Oder verstehe ich deinen Punkt falsch?

      Bin da eher bei shrodo. Wenn man an dem 3 Gliedrigen Schulsystem festhalten möchte, dann muss man aufhören ständig das Abitur aufzuwerten und die Haupt- und Realschule abzuwerten. Wie das gehen soll weiß ich aber leider auch nicht.
    • Wat?

      Ich gehe mal kurz, anhand eines Beispiels, auf die Diskussion ein:
      Wenn Karl 1995 einen Realschulabschluss gemacht hätte und dann Maurer geworden wäre. Alles fine.
      Wenn der gleiche Karl 2015 einen Abiturabschluss gemacht hätte und dann Maurer geworden wäre. Hätte er nen Job geklaut?

      Und nein, es ging mir eigentlich nur um die total dumm gewählten Begriffe und falsche Ausdrucksweise von @shrodo
      A change is as good as a rest.

    • Achso.

      Aber shrodo hat schon einen Punkt. Man kann halt nicht erwarten, dass wenn man die Anzahl der Leute die den höchsten Bildungsgrad erreichen stetig steigt die Unternehmen nicht nachziehen und die Anforderungen von auch "niedrigen" Berufen daran anpassen.
    • HumanlyPuma schrieb:

      Wat?

      Ich gehe mal kurz, anhand eines Beispiels, auf die Diskussion ein:
      Wenn Karl 1995 einen Realschulabschluss gemacht hätte und dann Maurer geworden wäre. Alles fine.
      Wenn der gleiche Karl 2015 einen Abiturabschluss gemacht hätte und dann Maurer geworden wäre. Hätte er nen Job geklaut?

      Und nein, es ging mir eigentlich nur um die total dumm gewählten Begriffe und falsche Ausdrucksweise von @shrodo
      "total dumm gewählten Begriffe und falsche Ausdrucksweise" - geschenkt.

      Hab dir das wichtige nochmal hervorgehoben. Das Problem ist, dass du als Abiturient mehr Möglichkeiten hast als ein Realschüler. Das ist ja auch erst mal nichts schlechtes. Schlecht wird es dann, wenn du deine Möglichkeiten nutzt um denen, die weniger Möglichkeiten haben, genau diese zu nehmen.

      Beispiel: Stell dir vor es gibt einen Ausbildungsplatz als Maurer und einen Studiumsplatz als Bauingenieur. Jetzt hast du Karl, der Abi gemacht hat, und Hans, der auf der Realschule war. Insgesamt fürs System wäre es jetzt wohl besser, wenn Karl studieren geht und Hans aufn Bau. Wenn sich Karl aber auf den Ausbildungsplatz bewirbt, wird er wohl den Vorzug gegenüber Hans bekommen. Das Ende vom Lied ist dann ein arbeitsloser Hans und ein unbesetzter Studienplatz.

      Weil genau dafür, was das Abitur ja mal gedacht - damit man die, die leistungsfähig genug für ein Studium sind, finden kann. Wenn es jetzt aber immer mehr Leute gibt, die leistungsfähig genug fürs Studium sind, sind entweder:
      1. Die Menschen klüger geworden (wobei ja die Existenz von RTL2 das Gegenteil zeigt)
      2. Die Studiengänge einfacher geworden (könnte man vermuten, habs ja geschafft ;) )
      3. Die Studienzulassungen (aka das Abitur) einfacher geworden (könnte man vermuten, habs ja geschafft ;) )

      Zagdil

      Dieser Beitrag wurde bereits 2 mal editiert, zuletzt von Zagdil ()

      Byron - Attributmagier
      Der Korpothread

      Oster schrieb:

      Wenigstens shrodo denkt mit.





      "some games just feel so unthrowable until you suddenly lost"

      Beitrag von Pantofolaio ()

      Dieser Beitrag wurde vom Autor aus folgendem Grund gelöscht: Kein Applaus für Scheiße. ().
    • Leider geht deine Argumentation angesichts Rekordzahlen an den Universitäten und massenhaft offenen Lehrstellen nicht auf.
      (oder brainfart meinerseits, bin krank -> dann ignorieren)
      Eine Mutter kann nicht helfen, bei so vielen lockeren Schrauben.
    • 1. Wenn prozentual mehr Leute Abi machen, hätten welche von ihnen früher Realschulabschluss gemacht, es ist also kein Problem, wenn sie eine Ausbildung machen.
      2. Es bleiben jedes Jahr reichlich Ausbildungsplätze frei, das Problem ist eher, dass jeder Jens-Peter in die Stadt will und nicht in Vorpommern seine Ausbildung machen möchte.
      3. Abitur ist verschieden, je nach Bundesland. Ein studienvorbereitendes Jahr je nach Bereich wäre heftig nice, auch als Orientierung. Gibt es an der TU Berlin teilweise, machst ein Jahr MINT z.B.
      we do not sow
    • Puh, fände ja ein Studienvorbereitendes Jahr ultrawhack.
      Im Moment ist es aber leider gefühlt so, dass naturwissenschaftlich begabte Schüler die zwei Jahre Oberstufe damit verbringen sich am Yarak rumzuspielen bis sie endlich entlassen werden zum studieren und dann mit dem MINT-Hammer die Zähne eingeschlagen zu bekommen an den Unis.

      Kann aber selbst die Frage nicht beantworten ob es besser ist sich schon früher für eine Richtung zu entscheiden. Finde die Idee einer allgemeinen Hochschulreife schon ganz nice.
      Eine richtige Antwort ist nicht immer eine gute Antwort.
    • Ich fand man konnte sich genug spezialisieren in der Oberstufe (Hessen).

      Was ich für heftig problematisch halte, ist wie jung Erstis mittlerweile einfach sind. Da wäre so ein Jahr Vorbereitungszeit ähnlich wie so ein Studienkolleg für Ausländer vielleicht gar keine schlechte Idee.
      Du musst Abiturienten auch erst mal Eigenständigkeit beibringen, Bachelor ist schon verschult genug in den unteren Semestern (Sozialwissenschaften).

      Ich hab ein Jahr nach dem Abitur angefangen mit studieren, mit 21 dann. Hätte aber auch echt später sein können, weshalb ich mir auch gut Zeit gelassen habe bisher :1f917:
    • Kann man edits liken?

      Anzahl an hoeheren bildungsabschlüssen muss sich an die anzahl an jobs halten die hoehere bildung brauchen. Also theoretisch steigen, trendweise zumindestens. Investitionen ins bildungssystem müssen dazu führen, dass dabei das niveau beim abi und in der uni nicht gesenkt wird. Das komplette gegenteil passiert leider zur zeit.
    • In der Diskussionsrunde wird auch angesprochen, dass die Hochschulen selbst stärker differenziert sein sollten: (Technische) Universitäten, Fachhochschulen, Duale Hochschulen. Je nach dem, was man anstrebt, wäre eine andere Hochschule besser geeignet. Tiefe, Wissenschaft und Forschung findet man entsprechend an Universitäten. Hingegen eine Kombination aus Ausbildung und Theorie oder anders gesagt mehr Praxis- und Berufsrelevanz gibt es an Fachhochschulen und Dualen Hochschulen.

      Platt gesagt: Wer studiert, um danach einem "gängigen" Job nachzugehen, studiert nicht mehr an Universitäten. Wer forschen will oder (wirklich) tiefe Fachkenntnis erlangen will, kann dies an Universitäten (durchaus mit dem Ziel, danach einem Job mit diesen Kenntnissen nachzugehen).
      Das würde es zudem auch erlauben, dass aktuelle Ausbildungsberufe wie Krankenpfleger noch einen Theorieanteil an einer Dualen Hochschule bekommen könnten.

      Kernaussage: Wenn das Abitur von dreiviertel oder mehr eines Jahrgangs abgeschlossen wird, müsste die darauf aufbauende Weiterbildung stärker differenziert werden.
    • Disclaimer: Die hier gesammelten Erlebnisse spiegeln nur das Bewerbungsverfahren und die Lehrerausbildung von Baden-Württembergs wieder, insbesondere die des Seminars Heilbronn. @flyhigh erlebt in Niedersachsen seine Ausbildung bestimmt anders und auch für Bayern und Hessen kann ich beispielsweise nicht sprechen.

      Bewerbung:
      Ich habe mich mit meinem Master of Education, der Gleichwertig mit einem 1. Staatsexamen ist, in Baden-Württemberg und auch nur in diesem Bundesland beworben. Baden-Württemberg, so habe ich aus persönlichen Berichten gehört, hat eine gute bis sehr gute Lehrerausbildung und das Bundesland ist sehr beliebt unter Hochschulabsolventen.

      Aus dem Grund wurden ein paar Abschreckungsmaßnahmen ins Leben gerufen, um den großen Strom an Bewerbern zu beschränken. Als einziges Bundesland muss man hier ein vierwöchiges Betriebs-, bzw. Sozialpraktikum absolviert haben (Hierfür habe ich meine Kneipe einen Wisch ausfüllen lassen, die haben mir noch ein Zeugnis ausgestellt, fertig). Alle Kopien (und das sind verdammt viele) müssen in beglaubigter Form vorliegen. Zeugnis und Diplom des Bachelors, Zeugnis und Diplom des Masters, Praktikumsbestätigungen, Abiturzeugnis (lel), uvm.. Insgesamt waren es bei mir 18 beglaubigte Kopien, die ich zum Glück von einer Grundschule gegen die Bezahlung von zwei Flaschen Wein anfertigen lassen konnte. Ein Arztbesuch ist auch notwendig, der muss aber bei einem dafür designierten Facharzt in Baden-Württemberg erfolgen, in Hessen kannst du das nicht machen lassen. Dafür musste ich extra nach Heidelberg tingeln, zum Glück nicht weit weg von Bensheim, nur um mich durchchecken zu lassen. Kostenpunkt: 80€, Fahrtkosten nicht mitinbegriffen. Dann musste ich meinen Erste-Hilfe-Schein erneut machen, denn der darf auch nicht älter als 2 Jahre her sein. Kosten: Hier noch einmal 25€. Insgesamt werde ich für die komplette Bewerbung für ein Bundesland bestimmt 150-180€ bezahlt haben. Daher hielt ich die Daumen gekreuzt, dass ich in dieser Bewerbungsphase auch genommen werde, sicher ist das nämlich auf keinen Fall.
      Die eigentlichen Bewerbungsunterlagen sind pure deutsche Bürokratie. Bis auf eine Sache braucht ihr darüber auch nicht mehr wissen. Man konnte sich ein Schulseminar aussuchen, Erst- bis Viertwahl. Bei mir teilte ich es so ein:

      1. Karlsruhe
      2. Heidelberg
      3. Heilbronn
      4. Stuttgart

      Nach Heidelberg mit meinem mageren Schnitt von 1,6 wäre ich nie zugelassen worden, daher baute ich stark auf Karlsruhe. Als dann der Brief des Regierungspräsidiums kam und ich ihn aufriss, erfolgte ein großer Schock: Seminar Heilbronn. Da wollte ich ganz und gar nicht hin. Nach einer kurzen Suche im Internet, fand ich meine Schule, die auf dem Wisch angegeben war, doch ganz nett und sagte schließlich zu. Daraufhin erfolgte Wohnungssuche, Bürokram, Abmeldungen vom alten Wohnort, etc.

      Kompaktphase:
      Am ersten Tag bat man alle Referendare in die große Aula einer Grundschule. Davor warteten fünf Damen, die den eifrigen Referendaren Mappen aushändigten, auf denen deren Namen standen. Als ich mich anstellte, hoffte ich wirklich, dass da auch eine Mappe mit meinem Namen dabei war. Die Horrorvorstellung bewahrheitete sich nicht und auch ich bekam eine blaue Mappe ausgehändigt. Ich setzte mich in die ersten Reihe und wartete mit allen anderen 130 Teilnehmern darauf, dass es anfing. Der Seminarleiter, Dr. Hittler (kein Scherz) begrüßte uns und teilte uns sein aufrichtiges Beileid mit, dass wir in Heilbronn gelandet sind. Das brachte einige Lacher hervor und ich bemerkte, dass ich wohl nicht der einzige zu sein schien, der unfreiwillig hier gelandet war. Was folgte, war im Grunde genommen eine Erkärung dessen, was uns erwartete.

      In den ersten drei Wochen sollte eine Kompaktphase erfolgen. Das heißt drei Wochen nichts anderes, als zum Seminar zu gehen. "Zum Seminar gehen" unterscheidet sich nicht großartig von der Uni: Man geht hin, hat verschiedene Seminarkurse für gute 2 Stunden und geht dann wieder nach Hause. Nichts mit Schule. Die "Fächer" im Seminar setzen sich (bei mir) zusammen aus: Englisch Fachdidaktik, Geographie Fachdidaktik, Schul- und Beamtenrecht, Pädagogik. Es gibt noch diverse Zusatzangebote. Manche davon müssen wir wahrnehmen, an vielen können wir teilnehmen. Das unterscheidet sich von Seminar zu Seminar. Ich habe die Zusatzqualifikation "Bilinguales Unterrichten" gewählt, weil sich Geographie hervorragend mit Englisch verbinden lässt, zumindest für Schulen die einen bilingualen Zweig haben. Desweiteren kann man sich für Theaterpädagogik, Deutsch als Fremdsprache und Deutsch als Zweitsprache anmelden. Ich muss noch einen Kurs zur Sprecherziehung belegen, die Musiker haben sowas beispielsweise schon in ihrem Studium gemacht. Dann gibt es noch Medienkurse, bei denen man lernt wie mand richtig die Kreide zu halten hat bis hin zur Nutzung des Active Boards.

      Alles in allem war es ein sehr sanfter Einstieg. Die Kompaktphase endete mit einem Besuch in einer Jugendherberge, bei dem alle Teilnehmer des Seminars aufgefordert waren mitzumachen. Die Pädagogikdozenten haben es als eine Art Workshop angesehen: Wir sollten selbst Projekte gestalten oder bei anderen Projekten mitmachen. Mein Projekt lautete: "Spiele spielen!" bei dem es darum ging, erst möglichst viele Brett- oder Gesellschaftsspiele zu spielen und sie dann versuchen für den Unterricht umzubauen. Ich hatte gehofft, dass mindestens 10 Leute mitmachen wollten. Es meldeten sich 48. Die Gruppe war viel zu groß und so splitteten wir sie auf. Desweiteren gab es noch eine Hörspielgruppe, die selbst ein Hörspiel entwarfen udn aufnahmen. Eine Make-Up Gruppe, die wir zuerst auslachten, die aber eigene Lippenbalsame, Badebomben, Cremes und Seife herstellten. Eine kleine Gesagngsgruppe, die sich durch die Epochen sang. Eine Mediengruppe, die alles dokumentierte. Es war ein richtig cooles Event. Abends wurde gesoffen und/oder viel Werwolf gezockt.

      Kurz bevor die Kompaktphase vorbei war, wurden wir an unseren Schulen vorgestellt. Der Schulleiter begrüßte uns fünf Rederendare, bat uns in sein Büro und erklärte uns dies und das über die Schule. Wir bekamen eine Mappe, in der alles von der Schule erklärt war, mitsamt Bildern und Namen aller Lehrer. Wir stellten uns selber vor, erklärten wo wir herkamen und wo wir studierten. Meine Schule ist sehr klein: 45 Lehrer und 500 Schüler. Schließlich wurden wir in der großen Pause in das Lehrerzimmer geführt, in dem alle Lehrer aufgefordert waren anwesend zu sein. Wir stellten uns nacheinander vor versammelter Mannschaft vor und bekamen schließlich mitgeteilt, wer unsere Mentoren sein würden.

      Ein Mentor ist ein Lehrer, der sich um dich kümmert, dir zeigt wie der Laden läuft. Dem du Fragen in den Bauch schießen kannst, der idealerweise deine Fächerkombi hat und der dir in allen Bereichen hilft wo er kann. Meine Mentorin ist absolut einsame spitze. Sie hat leider nur eines meiner Fächer, aber ist die netteste und kompetenteste Lehrerin, die man sich vorstellen kann. Wir verstanden uns auf anhieb. Die meisten anwesenden Lehrer stellten sich auch mit Namen vor und viele von ihnen boten einem sofort das Du an. Ich habe von anderen Kollegen am Seminar gehört, dass es nicht gerne gesehen wird, wenn man sich duzt. Aber wir sind so wenige an unserer Schule, da fühlt man sich schon ein wenig wie eine große Familie.

      Los geht's:
      Die Schonzeit aka Kompaktphase war vorbei, jetzt ging es wirklich los. Nach einem Stundenplan, der ca. 15 Stunden unterschiedliche Klassen, Lehrer und Fächer beinhaltet, sollte ich erst einmal hospitieren. Man sitzt gelangweilt hinten drin, versucht sich die einzelnen Phasen zu merken und wie der Unterricht aufgebaut ist, macht eifrig Notizen und bespricht sich mal nach der Stunde mit den Lehrern. Der meist gefallene Satz ist: "Das war jetzt keine Feuerwerksstunde, sondern eher eine normale Stunde." Feuerwerksstunden werden nur von uns Referendaren erwartet.

      Spätestens ab der dritten Woche an der Schule sollte man anfangen, selbst zu unterrichten. Bis zu den Sommerferien muss ich eigenständig mindestens 60 Schulstunden unterrichtet haben. Das klingt erst einmal viel, aber wir haben mehrfach versichert bekommen, dass das absolut kein Problem werden wird. 30 Stunden in jedem Fach. Wenn man dann in beiden Fächer zwei Doppelstunden in einer Woche hält, sind schon 4 Stunden weg. Das geht schneller als man glaubt. Meine erste Stunde war eine Vertretungsstunde in der 6. Klasse, obwohl wir Referendare eigentlich gar nicht alleine im Klassenraum sein dürfen. Aber gemacht wird es trotzdem immer, denn selbst ein Referendar ist besser, als die Stunde komplett ausfallen zu lassen. Für mich war das auch absolut kein Problem und ich habe mich angeboten und versichert, dass ich das sehr gerne machen würde. Die Lehrerin konnte frühestens nach 30 Minuten nachkommen und saß hinten drin, als die Kleinen schon bei der Arbeit waren. Ich hatte einen Text selbst geschrieben, der hieß "Mr. Matlok's ______ Day". Die Adjektive mussten die Schüler selbst einfügen. Der Text ging zur Hälfte, als Mr. Matlok ein Tier gesehen hatte, von dem er gedacht hatte, es sei eine Katze. War es aber nicht. Die Schüler ließen ihrer Fantasie freien Lauf. Wir lasen ein paar Texte vor und mal war es ein Hase, mal ein Bär (den ich erschoss), mal ein Waschbär. Zum Schluss deckten wir die richtige Geschichte auf und die Schüler mussten sie vorlesen: "Mr. Matlok's Stinky Day". Es war ein Stinktier. Wer näheres wissen will: Internationaltagebuch lesen. True story bro.
      Die Stunde war ein richtiger Erfolg. Es gibt mir genau das Gefühl, das ich mir immer ersehnt habe. Wenn ich noch dazu komme Dota zu spielen, dann spiele ich meistens Support. So ist es innerhalb der Schule auch. Ich supporte meine Schüler und freue mich wahnsinnig, wenn sie über die Ziellinie schießen. Die sind wie Carrys mächtig stolz auf sich und glauben, es selbst geschafft zu haben, aber insgesamt weiß ich, dass ich da schon ein wenig dran beteiligt war.

      Meine zweite Stunde war eine Doppelstunde in der 11. 24 Schüler, davon sind 4 Jungs. Am Anfang hab es immer ein Gekicher, wenn Mr. Matlok reingekommen ist, inzwischen geht es wieder. Die haben sich an mich gewöhnt. Die Doppelstunde war sehr anspruchsvoll, es ging um Todesfälle in einer Lektüre. Doch auch die Stunde lief gut und später war ich wieder von Glückshormonen erfüllt. Das ist genau der Job, der mir Spaß macht und der mich erfüllt.

      Es gibt auch negative Seiten: Die Vorbereitung. Für die Doppelstunde in der 11 musste ich ein komplettes Buch durchlesen und dann noch die Stunde entwerfen. Ich habe hierfür 6 Stunden gebraucht. Übermorgen halte ich meine erste Geographiestunde in einer 7. Dafür gingen ebenso 4,5 Stunden drauf und ich bin noch nicht fertig. Ich könnte es mir natürlich einfach machen und einfach nach dem Buch gehen. Das ist aber langweilig und teilweise schlecht geschrieben. Von Referendaren wird sowieso erwartet, dass sie das Rad immer wieder neu erfinden. Ich habe für die 45 Minuten vier Texte selbst geschrieben und drei Arbeitsblätter entwickelt. Ich möchte, dass die Schüler sich an Stationen über unterschiedliche Methoden gegen die Desertifikation in der Sahelzone informieren und es sich dann gegenseitig erklären. Ich werde mir nich immer so viel Mühe machen, aber besonders bei der ersten Stunde finde ich, sollten die Schüler in Erinnerung haben, dass der Unterricht bei Herr Matlok doch cool sein kann. Das merken die sich und dann arbeiten die auch besser mit, wenn die Themen mal nicht so spannend sind.

      Seminartage habe ich trotzdem noch. Montags anch der Schule muss ich noch bis 18:15 ins Seminar, um mir Fachdidaktik reinzuknallen. Dienstags habe ich gar keine Schule, dafür auch von 08:00 - 13:00 Uhr Seminar. Ich hatte übrigens richtig Glück mit meiner Schule. Nicht nur, dass die Schule, die Lehrer und meine Mentorin super sind, sie sind auch nahe am Seminar dran. Das Seminar Heilbronn ist nicht nur die Stadt Heilbronn, es erstreckt sich über viele Kilometer. Während ich von der Schule bis zum Seminar 15 Minuten mit dem Fahrrad brauche und dann davon 10 Minuten bis zu mir nach Hause, brauchen andere zwei Stunden mit dem Auto Anfahrtszeit. Abends geht es dann zwei Stunden zurück. Uff.

      Zukunft:
      Bis zu den Sommerferien sind es noch einige Monate. Bis dahin muss ich, wie gesagt, mindestens 60 Stunden unterrichtet haben. Hier wird dann auch meine erste Prüfung in Schul- und Beamtenrecht fällig werden. diese zählt sage und schreibe 1/30 meiner Endnote. Bis zu den Sommerferien stehen auch noch zwei Besuche in jedem Fach durch meine Fachleiter an, die sicherstellen, dass ich auch gut betreut werde und mich weiterentwickele.

      Das zweite Schuljahr sieht ein wenig anders aus. Hier bekomme ich schon eigene Klassen, die ich ein Jahr lang unterrichten werde. Insgesamt werde ich dann ein kleines Wochendeputat von 10-12 Stunden haben. Da sitzt dann, im Gegensatz zum ersten Halbjahr, niemand mehr hinten drin und sagt mir anschließend, was ich alles hätte besser machen können. Daher sollten wir das erste Halbjahr auch für die Kritik so intensiv nutzen wie wir können.

      Am Ende des Jahres müssen wir eine Dokumentation über eine Unterrichtseinheit abgeben, was ungefähr den Umfang, aber nicht den Aufwand einer Bachelorarbeit hat. Im Grunde genommen entwickeln wir auf Papier eine eigene Unterrichtsreihe. Diese zählt auch einiges. Im Frühjahr nächsten Jahres kommen die benoteten Unterrichtsbesuche. Drei Tage vorher bekommen wir einen Brief, dass wir bald geprüft werden. Bis dahin sollte also alles sitzen. Hier ist in den Fächern eine 1,0 möglich, aber wenn alles schiefläuft könnte es auch auf eine 4,0 bis zu einem nicht bestanden hinauslaufen. jede dieser Noten zählt, wenn man zwei Fächer hat, 7/30 der Endnote.

      Ein großer Teil der Endnote besteht auch in der Notengebung des Schulleiters. Dieser gibt Schulnoten. die zählt richtig viel, ich glaube 8/30 der Endnote. Die setzt sich aus Motivation, Freundlichkeit und Verhalten, aber auch Unterricht und Freiwilligenarbeit zusammen. Wenn der Schulleiter mich zum Beispiel bei allen Schülerveranstaltungen in der ersten Reihe sitzen sieht, erfährt, dass ich immer einspringe, wenn Not am Mann ist und ich offen, erhlich, freundlich und hilfsbereit bin, dann gibt er mir eine gute Note. Wenn er erfährt, dass ich nach dem Klingeln immer alles fallen lasse, um nach Hause zu rennen, nicht so wirklich Bock habe anderen zu helfen und zudem auch noch unfreundlich bin, dann wird er mir eine schlechtere Note geben. Man möchte sich also schon mit ihm gut stellen.

      Desweiteren gibt es noch Prüfungen in anderen Fächern. Man muss den Unterricht immer detailliert vorbereiten, Klausuren erstellen, Klausuren korrigieren, zwischendurch immer mündliche Noten eintragen, sich wütenden Eltern bei Elternabenden aussetzen, an AGs teilnehmen, einen neuen Anzug für den Abiball kaufen, und und und. Die Voreingenommenheit, dass Lehrer faule Säcke sind, kann auch ich nicht bestätigen. Ich fragte mal meine Mentorin, wie lange sie heute noch braucht um ihren (wirklich exzellenten) Unterricht vorzubereiten. Sie antwortete mir "Inzwischen geht das richtig schnell! Nur noch eine Stunde für 45 Minuten, Oberstufe etwa doppelt so lang." Tja, aber wer viel investiert bekommt auch viel raus.

      Insgesamt bin ich sehr zufrieden mit meiner Berufswahl. Es wird noch sehr viel stressiger werden, aber ich denke, es wird sich auch lohnen.

      Beitrag von Doctor_Seltsam ()

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