Der "war ein interessanter Artikel" Thread

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    • Alcibar schrieb:

      - Faschismus
      - Stalinismus
      - Nationalsozialismus
      - Holocaust
      - Imperialismus
      - Kolonialismus
      - Kapitalismus
      Das ist nicht der Westen heute, das sind historische Ausformungen.

      Davon abgesehen sind die zwar alle im Westen "geprägt/zugespitzt" worden, die Menschenbilder, die dem zugrunde liegen ("wir sind das größte Volk/beste Religion/bestes System/müssen alles erobern und beherrschen) sind aber viel älter und die gibt(gab es -leider- überall.

      Das sie zuerst im Westen auf die Spitze getrieben wurde, liegt vermutlich einfach daran, dass der Westen wirtschaftlich/kulturell am weitesten und organisierteste ist/war und sie dadurch dort eher auftreten mussten (z.b. Nationalsozialismus brauchte wirtschaftliche/politische Krisen, de ersten Weltkrieg, Massenmedien, rassische Theorien aus der Biologie etc.). So perfide das klingt, ohne einen gewissen "historischen Vorlauf", den nur der Westen zu diesem Zeitpunkt hatte, konnte das nicht entstehen.

      Sehe aber nicht was das mit unserer heutigen Zeit zu tun haben soll, außer dass wir mutmaßlich am meisten daraus gelernt und gemacht haben.
      Das einzige was sich da eingeschlichen hat und "Nicht in die Reihe passt" ist Kapitalismus, denn für den hat man zum einen noch keine bessere Lösung, aber er ist auch die "älteste Form menschlichen Wirtschaftens" im Grunde und zum anderen ist Kapitalismus nichts speziell westliches, nur weil hier die mächtigsten/extremsten Vertreter sitzen. Der Westen hat ihn modernisiert und vergrößert, aber Ausbeutung als Idee gibt es überall und in vielen Teilen der Welt noch weniger reguliert.
    • 1nf3ct3d schrieb:

      Interessant wie hier von den Linken schön alle logical fallacies bedient werden die sonst so schnell herausgepickt werden.

      @Alcibar du zahlst 90% Dinge die heute nicht mehr existieren. Wie weit wollen wir dafür noch zurück gehen? Ist es ein Problem aus den Dingen die passiert sind zu lernen als in Tradition stecken zu bleiben? Die westloche Kultur ist nämlich alles andere als traditionell. Man siehe sich nur mal an wie schnell sich die Meinung im Thema Umwelt (Religion etc) geändert hat in den letzten Jahr(zehnt)en.
      Ich finde es schon in Ordnung ein bisschen zurückzugehen. Meine Großeltern mütterlicherseits sind vor WK 2 geboren und beide noch lebend. Wenn man jetzt bedenkt das deren Leben stark vom Krieg geprägt wurde und beide sich bis heute noch stark und oft mit den Folgen beschäftigen und sie dadurch noch immer geschädigt sind.
      Ich war diese Woche noch bei meiner Oma und es kam das Gespräch aufs "Böllerverbot". Jetzt erklär meiner Großmutter, welche dabei mit Tränen in den Augen sitzt, weil sie sich freut dieses Sylvester mal nicht die, durch die Knallerei getriggerten, Erinnerungen aus dem Bombenkeller von 45, als ihre halbe Familie samt Eltern gestorben ist, durchleben muss, das man das ganze nicht zu eng nehmen darf und so weit zurückgehen muss, weil wir uns ja gerade gut verhalten. Kannst mir doch nicht erzählen @1nf3ct3d ....

      Genauso kann ich die Frage auch an dich stellen @Kolibri ... Klar haben wir in den letzten Jahrzehnten versucht uns "zu verbessern", aber in der Gesellschaft gibt es immer noch gefährliche Strömungen. Deutschland rutscht(ebenso wie viele andere europäische Länder) wieder nach Rechts ab. Chauvinistische Grundeinstellungen sind hier wieder an der Tagesordnung. Antisemitismus, Islamfeindlichkeit und allgemeiner Fremdenhass prägen ganze politische Strömungen... Und wir sprechen hier nicht von kleinen Randgruppen mehr. Die AfD ist mit 12% der Stimmen im Bundestag vertreten.
      Wenn man jetzt also sagt das wir "mutmaßlich am meisten daraus gelernt und gemacht haben" seh ich da für die Zukunft echt schwarz. Das kann euch ja anders gehen, aber sehr viel unseres Erfolges hängt noch immer daran das wir schon immer mehr hatten als andere. Sich da jetzt auf die Brust zu klopfen und zu sagen alles ist gut, außer vielleicht ein bisschen Kapitalismus, kann doch wirklich nicht die Lösung sein.

      Wenn ihr anderen logical fallacies vorwerft, dann müsst ihr aber auch plausibel erklären wie man sich "westliche Werte" angucken kann, ohne aber zu bedenken wo diese herkommen und woraus sie entstanden sind. Das geht nämlich oft noch viel weiter in der Geschichte zurück. Man kann nicht einfach irgendwo einen Schnitt machen und sagen wir gucken uns nur X Jahre. Denn wenn man sich mal anguckt was überhaupt "westliche Werte" sein wollen, dann merkt man ganz schnell, dass man sich einfach ein paar ausdenken und nutzen kann wenn sie gerade irgendjemandem passen. Das hat auch schon vor Christus wunderbar funktioniert. Ein einzelner Ursprung von "westlichen Werten" ist auch oft gar nicht so klar auszumachen, aber ich kann euch versichern das wir diese nicht erst in den letzten paar Jahren aus der Luft heraus erfunden haben. Wo wir dabei sind... Was sind eigentlich "westliche Werte" genau? Wenn wir da anfangen aufzuzählen wird es glaube ich verdammt leicht in den letzten 30 Jahren Beispiele zu finden wie wir als Deutschland nicht alles daran gesetzt haben diese zu verteidigen und, vermutlich auch, welche in denen wir die von euch aufgezählten aktiv missachtet haben, weil es uns oder unseren Freunden besser passt(e).

      100-200 Jahre sind ne verdammt kurze Zeit. 70-80 Jahre ist noch ne viel kürzere Zeit... Das kann doch nicht euer ernst sein. Es leben Menschen die unter denen von @Alcibar (oder deren Folgen) aufgezählten "Phänomenen" heute aktiv leiden und ihr wollt mir erklären man gehe zu weit in der Geschichte zurück. Ist doch Schnee von gestern? Nö.
    • Ich versteh nicht ganz was dein Punkt ist. Die "Werte" (es ist ja sowieso ein schwammige Ausdruck aber ich denke wir meinen doch ungefähr das selbe (Meinungsfreiheit, ein Sozialsystem etc) sind jetzt wie sie sind. Die Entstehungsgeschichte hat mit der Bedeutung die die haben doch nichts zu tun. Natürlich ist es interessant (und wichtig) zu wissen wie sie entstanden sind aber das ist für den Momentanstsnd ja irrelevant. Genau die Sachen die du erwähnst (Krieg dies das) sind ja genau nicht Teil davon definitionsmäßig.

      Vielleicht ist genau das ja das Problem. Die Idealen und die Realität sind oft nicht gleich (siehe USA Drohnenangriffe, Libyen Zerbombung unter Beifall der westlichen Welt). Manche meinen mit den westlichen Werten die Idealen und andere das was nach außen getragen wird (von der Politik).
      Die ganze Diskussion ist ja eigentlich nur Semantik und hat keine Bedeutung lol.
    • Buktus schrieb:

      Klar haben wir in den letzten Jahrzehnten versucht uns "zu verbessern", aber in der Gesellschaft gibt es immer noch gefährliche Strömungen

      Buktus schrieb:

      Wenn man jetzt also sagt das wir "mutmaßlich am meisten daraus gelernt und gemacht haben" seh ich da für die Zukunft echt schwarz.
      Bestreitet überhaupt keiner, dass diese Werte nicht immer ganz sauber/erfolgreich verteidigt werden, aber es gibt sie. Anderswo gibt es sie gar nicht.

      Buktus schrieb:

      Das kann euch ja anders gehen, aber sehr viel unseres Erfolges hängt noch immer daran das wir schon immer mehr hatten als andere. Sich da jetzt auf die Brust zu klopfen und zu sagen alles ist gut, außer vielleicht ein bisschen Kapitalismus, kann doch wirklich nicht die Lösung sein.
      Das wir "mehr haben als andere" liegt aber teils auch an diesen Werten, teils an der technisch-ökonomischen Fortschrittlichkeit des Westens, teils auch an ausbeuterischer Historie, teils an den Fehlern anderer.
      Den Kapitalismus ist man ja (ideell zumindest) bestrebt sozialer zu machen, ohne wirklichen Nachdruck womöglich (da ist jeder anderer Ansicht) aber du kannst dem Westen nicht vorwerfen, dass er genauso an einem Modell festhält, wie a) alle anderen auch und b) ohne Alternative.
      Der Westen ist auch was den Kapitalismus angeht "relativ gesehen" weiter als alle anderen und nicht mehr und nicht weniger wurde postuliert. "Ideal und perfekt" wurde nicht behauptet, aber @Alcibar hat es halt in eine Reihe mit gefährlichen (und als Herrschaftsform derzeit nicht existenten) Ideologien gesetzt und damit den Eindruck erweckt, es wäre "einfach austauschbar und überwindbar", dabei ist Kapitalismus im Gegensatz zu den anderen Punkten nicht grundsätzlich böse und überholt.


      Buktus schrieb:

      Wenn wir da anfangen aufzuzählen wird es glaube ich verdammt leicht in den letzten 30 Jahren Beispiele zu finden wie wir als Deutschland nicht alles daran gesetzt haben diese zu verteidigen und, vermutlich auch, welche in denen wir die von euch aufgezählten aktiv missachtet haben, weil es uns oder unseren Freunden besser passt(e).
      Nachlässiges Umsetzen und "überhaupt die Erkenntnis haben" sind aber 2 Paar Schuhe und bei uns ist immerhin Zweiteres vorhanden.



      Buktus schrieb:

      Das kann doch nicht euer ernst sein. Es leben Menschen die unter denen von @Alcibar (oder deren Folgen) aufgezählten "Phänomenen" heute aktiv leiden und ihr wollt mir erklären man gehe zu weit in der Geschichte zurück. Ist doch Schnee von gestern? Nö.
      Niemand bestreitet das da noch Leute drunter leiden, aber mehr als abschaffen und versuchen zu erhalten kannst du nicht tun! Niemand kann Vergangenes Ungeschehen machen! Außerdem nervt mich die unterschwellige Unterstellung (sry falls fälschlich reinterpretiert, kommt aber so rüber), der Westen müsste an seinen Baustellen mehr arbeiten als alle anderen, wo das Verhältnis aber umgekehrt ist (USA mal außen vor). Du würdest doch lieber hier wohnen als im Kriegsgebiet Syrien, Armenviertel in Nigeria, oder irgendwo als Native im brasilianischen Regenwald.

      Und der Westen ist vllt. Mitverursacher der dortigen Zustände (zum Teil) aber gleichzeitig auch einziges Vorbild für Lösungen, und das Letztere ist doch der entscheidende Punkt. Da spielen die ganzen "Makel" die die Lösung hat, zunächst keine Rolle, es ist die Stand jetzt beste.
    • Wenn die Aussage dabei bleiben würde, dass Freiheit, Demokratie, Wohlstand und Menschenrechte hohe Güter sind würde glaube ich auch niemand widersprechen. Wenn man das konsequent zu Ende denkt, dann folgt ja aber wie schon angesprochen der Schluss, dass diese Güter allgemeingültig sind und für alle Menschen zugänglich sein müssen. Das Auf- und Abwerten von Kulturen wie es in dem Artikel geschieht steht diesem Prinzip aber diametral gegenüber. Wer ernsthaft an universelle Menschenrechte glaubt, der sollte sich lieber kritisch mit seiner eigenen Geschichte befassen und dort Verantwortung übernehmen, wo diese Güter in der eigenen Gesellschaft auch heute noch anderen vorenthalten werden.

      Ich sehe es auch so, dass es vor allem im linken Spektrum zu wenig ausgesprochene Hochachtung vor den positiven Seiten der Aufklärung und des technischen Fortschritts gibt. Wenn man sich anschaut welche positiven Entwicklungen es in den letzten Jahrhunderten gab, dann ist das verglichen mit der davorigen Menschheitsgeschichte schlicht ein Wunder. Wer heutzutage in der priviligierten Situation ist von diesen Entwicklungen profitieren zu dürfen, der sollte das auch klar als etwas gutes anerkennen dürfen. Wenn man daraus aber Überlegenheitsgefühle ziehen will, dann ist man denke ich auf dem falschen Weg. Im Gegenteil wäre es eher im Sinne des aufklärerischen Gedankens solchen Stammesdünkel zu überwinden und die Barrieren zwischen verschiedenen Kulturen abzubauen anstatt sie künstlich zu verstärken.
    • 1nf3ct3d schrieb:

      den Kapitalismus abzuschaffen (und mit was zu ersetzten eigentlich?)
      Bedarfsgetriebene Wirtschaft und Unternehmen in Unternehmerhänden (aka den Leuten die da arbeiten), nicht von Investoren. Das Finanzsystem als solches muss komplett verändert werden. Wer schon allein am Zinzeszinseffekt kein Problem erkennt, bekommste für so ne Vision aber eh nicht überzeugt.

      aBeR kOmuNiSsMuS fUnKtIoNiErT dOcH nIcHt, DaSs HaT dIe VeRgAnGeNhEiT gEzEiGt...
      There are 10 types of people - those who understand binary, and those who don't.
    • 1nf3ct3d schrieb:

      Die ganze Diskussion ist ja eigentlich nur Semantik und hat keine Bedeutung lol.
      Sehe ich auch so. Die Begrifflichkeiten sind so vage und schlecht abgesteckt, dass die Debatte schon in ihren Ansätzen genau daran scheitert.

      Um auf Hirsis Interview zurückzukommen:
      Sie nennt einige Aspekte dessen, was sie unter "westlicher Kultur" versteht. Darunter sollen fallen, wie hier jetzt häufig erwähnt, Menschenrechte, Demokratie, Freiheit, Wohlstand und aufklärerische Tradition. Ich tue mich extrem schwer damit ihre und auch @Alex- Ansicht zu teilen, dass Linke unter einem Zuviel dieser Aspekte und einer Entfremdung von diesen Werten in Form eines Nihilismus' leide. Dass dies die Linke ausmacht, oder zumindest einen in ihrer Machtausübung relevanten Teil der Linken.

      Meiner Meinung nach hat das Gros der Linken genau diese Werte viel stärker internalisiert als Frau Hirsi es von sich selbst behauptet.
      Formen der Demokratie zu denken und zu hinterfragen. Seine (hauptsächlich positiven) Freiheiten und seinen Wohlstand zu hinterfragen und global zu kontextualisieren. Das tun die wenigsten aus Selbsthass, Überdruss dieser ohne Frage tollen Errungenschaften oder zur zwanghaften Selbsterhöhung. Dem liegt doch zuerst einmal eine fundamental positive Attitüde gegenüber Menschenrechten zugrunde, die in steigendem Maß über Länder- und Kulturgrenzen hinaus weltweit gedacht wird. Die zunehmende Selbstkritik ist doch in erster Linie ein Zeichen von Verantwortungsbewusstsein. Bei ihr klingt es so als sei Selbstkritik zwangsläufig und hauptsächlich ruinös für die eigene Gesellschaft - wenn es doch im Grunde darum geht, dass Menschen überall Menschenrechte genießen sollen und dass der Wohlstand gerechter auf diesem Planeten verteilt wird.

      Klar gibt es sie. Politische Linke, die Unrechtstaaten in merkwürdigen Dimensionen in Schutz nehmen, aus einem starren Antiamerikanismus heraus. Angestellte, die in ihrem Verlag in Tränen ausbrechen, Studierende, die unliebsame Redebeiträge torpedieren. Cancel Culture und irgendwelche "Anti-Conservative Biases" in sozialen Medien. Meinetwegen, das darf man alles gerne kritisieren und ansprechen. Aber dass dies Alleinstellungsmerkmale der Linken sind halte ich in der Vehemenz in der sie zum Ausdruck gebracht werden für eine Fabrikation, die nur der Framing- und Propagandamaschinerie der USA entspringen kann. Was wiederum einiges über Frau Hirsis Absichten aussagen könnte.
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    • Walnuss (die Echte) schrieb:

      Bedarfsgetriebene Wirtschaft und Unternehmen in Unternehmerhänden (aka den Leuten die da arbeiten), nicht von Investoren.
      Das wäre ja gar kein Gegensatz zur Marktwirtschaft, nur zu den allzu liberalen Finanzmarkt-bezogenen Möglichkeiten die wir heute haben (und die zurecht kritisiert werden).
      Gerade der Kapitalismus ist aber ja noch eher bedarfsgetrieben, als andere Ideen...

      Der liberale Umgang mit zu großer Ansammlung/Ballung von Macht und Reichtum ist das Problem, aber nicht die Grundidee.

      Walnuss (die Echte) schrieb:

      aBeR kOmuNiSsMuS fUnKtIoNiErT dOcH nIcHt, DaSs HaT dIe VeRgAnGeNhEiT gEzEiGt...
      Tja...ist eben nicht bedarfsgetrieben, sondern präskriptiv.
      Der passt auch nicht in unsere Zeit, wer würde z.B. Start-Ups Gründen, die der Staat nicht finanzieren möchte, weil er z.B, den Sinn nicht erkennt?

      Generell gilt, je mehr Lenkung desto träger und Adaptionsschwächer. Daher: Regulierung ja (mfg Amazon zahlt zu wenig Steuern, Steuer-Oase Cayman Islands etc...) aber das ist falscher Umgang mit dem System, nicht das falsche System.
    • Um das ganze Ding abzukürzen:
      Geht da nur um Macht und Konkurrenz. Will ich das Risiko eingehen, dass irgendwelche Typen durch mich mehr Mittel bekommen und dadurch die Chance haben zu mir in Konkurrenz um Weibchen, Macht und Geld zu treten?

      Definitiv nicht und darum lässt der Westen auch zu das die Werte auf denen er sich ausruht ausgehöhlt werden.
      Byron - Attributmagier
      Der Korpothread

      Oster schrieb:

      Wenigstens shrodo denkt mit.





      "some games just feel so unthrowable until you suddenly lost"
    • MCHEIDIBRAK schrieb:

      Formen der Demokratie zu denken und zu hinterfragen. Seine (hauptsächlich positiven) Freiheiten und seinen Wohlstand zu hinterfragen und global zu kontextualisieren. Das tun die wenigsten aus Selbsthass, Überdruss dieser ohne Frage tollen Errungenschaften oder zur zwanghaften Selbsterhöhung. Dem liegt doch zuerst einmal eine fundamental positive Attitüde gegenüber Menschenrechten zugrunde, die in steigendem Maß über Länder- und Kulturgrenzen hinaus weltweit gedacht wird. Die zunehmende Selbstkritik ist doch in erster Linie ein Zeichen von Verantwortungsbewusstsein. Bei ihr klingt es so als sei Selbstkritik zwangsläufig und hauptsächlich ruinös für die eigene Gesellschaft - wenn es doch im Grunde darum geht, dass Menschen überall Menschenrechte genießen sollen und dass der Wohlstand gerechter auf diesem Planeten verteilt wird.
      Der Absatz ist so bockstark, da reicht ein Like gar nicht aus.

      Ist das Messaging des linken Spektrums derart schlecht, dass permanent die schlechtestmögliche Intention unterstellt wird oder haben die Empfänger auf der rechten Seite die nuancierte Betrachtung und das Hinterfragen von Haltungen und Zusammenhängen vor geraumer Zeit mehr oder weniger bewusst eingestellt?
    • @boobold

      Führt halt häufig zu völlig naiven, weltfremden Forderungen, was dann sicherlich zur Folge hat, dass die wenigen brauchbaren Vorschläge ignoriert, untergebuttert oder fehlinterpretiert werden.
      Die "zwanghafte Selbstüberhöhung" ist außerdem leider eher nicht so Mythos...
    • Ich denke schon allein das wir überhaupt diese Diskussion führen - egal welcher Richtung man jetzt zugeneigt ist - ist ein Ausdruck von der Stärke des "Westens". Wo wird denn das sonst gemacht?
      Oder anders gefragt: wo werden denn eher diese beispielsweise patrialistischen Strukturen zumindest angegangen. Hier oder im Hindukusch? Ob die hiesige Strategie funktioniert (Stichwort Vorstandsqouten) wird sich zeigen, aber zumindest wird es probiert. (persönlich halte ich es für nonsense - also die Frauenquoten - denke aber ein Versuch ist es wert btw)
      In meinen Augen ist die wichtigste Stärke des Westens dieses ständige Spannungsverhältnis zwischen (linken) Fortschrittstrebens und des (rechten) Konservatismus. Das Letztere führt in die schlussendlich in die Starre und man wird zu einem Auslaufmodell der Geschichte. Das Erstere vergallopiert sich und es bleiben die Langsamen auf der Strecke.
      Jede neue Idee, welche diese doppelseitige Feuertaufe hinter sich hat, kann etwas auf sich halten. Und ich finde es interessant das dieses System sich anscheinend selbst ausgleicht!?
      Nach dem 2WK gab es jede Menge Altnazis und es entstand eine linke Gegenbewegung. Jetzt hat dieses Bewegung nach zwei Generationen den Marsch durch die Institutionen hinter sich (siehe Uni + Medien + Politik). Und dennoch gibt es nun seit einigen Jahren ein Erstarken von rechten Bewegungen. Finde diese Pendelbewegung schon interessant.
      In dem Sinne, respektiert die anderen Ansichten und wachst an Ihnen - ihr könnt nicht ohne sie:)

      mfg
      Coruscant
      Kommentar zur Krise xyz:
      Ich hatte mich schon gefragt welche nächste Sau durch's Dorf getrieben
      wird. Was wohl als nächstes kommt. Klimawandel oder vielleicht doch
      wieder Terrorismus ...

      Das der Mond auf die Erde stützt, DASS wäre mal was wirlich neues und
      sicher auch extrem verheerend. Alternativ tut es auch ein großer
      Meteorit.

      Ich kann es mir in Gedanken schon vorstellen. An Schweinegrippe
      erkrankt und vom Meteoriten erschlagen als der Kofferbomber gerade
      einen Block entfernt war ...

      Ja, das sind wahrhaft düstere Zeiten. Ich mach erst mal ein Bier auf ... Das ewige Leben wird sowieso keiner haben.

      Hier gehts lang zu Rätseln der gehobenen Schwierigkeitsklasse!
    • boobold schrieb:

      Ist das Messaging des linken Spektrums derart schlecht [...]?
      Ja. Was ja mMn. vielfältige Gründe hat.
      Das linke Spektrum umfasst eine heterogene Masse an Menschen und Bewegungen und einen theoretischen Unterbau der im gesamten politischen Spektrum meines Erachtens nach seinesgleichen sucht (der eigentliche Grund für die Linksversiffung der Universitäten). Das gepaart mit einer eher kritischen Grundattitüde hat nun mal zur Folge, dass Einzelpersonen oder -gruppen es deutlich schwerer haben eine Art der Repräsentanz zu beanspruchen und es zu den bekannten innerlinken Konflikten kam und kommt. Beides keine guten Grundvoraussetzungen, um ein gutes "Messaging" an den Tag zu legen.

      Darüber hinaus wirken halt Dekaden der Propaganda. Begrifflichkeiten der Linken sind nachhaltig geschädigt. Hierzulande erklären die Papas ihren Söhnen, dass Anarchismus ein Synonym für Chaos sei. Sozialismus gleich Kommunismus gleich Marxismus gleich Millionen Tote auf dem Buckel von Lenin, Stalin, Mao und in der DDR gab es keine Bananen. Es findet abseits diverser akademischer Blasen und linker "Rückzugsorte" keine Auseinandersetzung mit linken Konzepten statt, weil sie als verbrannte Erde abgetan werden. Innovationen und (technischer) Fortschritt werden z.B. als maßgeblich betrachtet wenn es darum geht, wie wir den Kapitalismus und unsere Systeme formen können. Dass diese Entwicklungen aber z.B. auch Ansätze wie die Planwirtschaft formen _könnten_ wird kaum in Betracht gezogen, was ich schlicht für intellektuelle Unehrlichkeit halte.

      Dann haben wir über 80 Jahre Juridifizierung und Instutionalisierung der politischen Sphäre hinter uns, was ohne Zweifel maßgeblich zu einer Stabilisierung des Westens führte, aber in seiner heutigen Ausformung eine Politik der Verwalter möglich gemacht hat. Das halte ich für einen systemischen "Wettbewerbsnachteil" progressiver Bewegungen. In dem Sinne würde ich auch @Coruscants Darstellung (der ich durchaus etwas abgewinnen kann) etwas relativieren wollen. Der maßgebliche politische Prozess der letzten Jahrzehnte wurde in Deutschland meiner Meinung nach nicht so sehr zwischen Links und Rechts ausgependelt, sondern irgendwie fast apolitisch und zentristisch durch SPDCDU (die ich nicht als die Beispiele für Links und Rechts heranziehen wollen würde) ausgekungelt. Dazu scheinen machtpolitische Erwägungen einen immer stärkeren Einfluss zu haben, was Ideologie und Werte schnell zu Ballast verkommen lässt (Hallo MerkelCDU, die den Rausschmiss Orbans aus der EVP verhindert).
      Ich glaube auch, dass diese Umstände den starken Fokus der politischen Linken auf Identitätspolitik ein stückweit erklären könnten:
      Um viele westliche Gesellschaften ist es (glücklicherweise) so bestellt, dass unsere Regierungen eher davon "absehen", aktiv gegen z.B. Akzeptanz diverser Persönlichkeitsrechte von Minderheiten etc. aufzufahren. Sobald die Wähler einen gewissen Grad der Zustimmung erreichen, wird diese Form des Wandels mehr oder weniger hingenommen. Die CDU votierte zwar gegen die Homoehe, aber mein Eindruck war, dass es sie schon eher kalt gelassen hat. Damit erschließt sich für die politische Linke hier ein Opportunitätsfenster und ein seltener Machthebel sowie recht gut definierte Zielgruppen. Denn die historische Zielgruppe der Linken, das Proletariat, existiert halt nicht mehr in seiner ursprünglichen Form. Was wiederum ein großes Problem in puncto "Messaging" ist.
      Der zweite Punkt, der unformuliert schon im ersten Teil impliziert wird: Identitätspolitik tangiert Machtstrukturen immer weniger. Ob Wirtschaftsboss oder die Partei der CDU. Am Ende des Tages juckt es da oben nicht wirklich, ob Mann, Frau, Schwarz, Gelb, Schwul oder Lesbisch. Das Klasseninteresse zählt und nicht, ob ich Top oder Bottom bin.

      Damit bekommt Links einen Trostpreis, den sie quasi annehmen muss, Regierungen können sich nochmal für ihre Progressivität auf die Schultern klopfen und Rechte können sich den ganzen Tag darüber aufregen, dass die Linke nervtötende Identity Politics betreibt und irgendwen vor sich hertreibt.



      Spoiler anzeigen
      falls noch nicht oft genug kenntlich gemacht. Auch nur meine Meinung.
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    • MCHEIDIBRAK schrieb:

      Denn die historische Zielgruppe der Linken, das Proletariat, existiert halt nicht mehr in seiner ursprünglichen Form. Was wiederum ein großes Problem in puncto "Messaging" ist.
      Das Proletariat nicht mehr, aber das könnte man als "alle abhängig Beschäftigten" umbauen und könnte damit den Anspruch für die Mehrheit der Bevölkerung zu sprechen wieder erheben. Das fehlt mir aber so ein bisschen und stattdessen kommt sehr viel Identitätspolitik.
      Byron - Attributmagier
      Der Korpothread

      Oster schrieb:

      Wenigstens shrodo denkt mit.





      "some games just feel so unthrowable until you suddenly lost"
    • shrodo schrieb:

      MCHEIDIBRAK schrieb:

      Denn die historische Zielgruppe der Linken, das Proletariat, existiert halt nicht mehr in seiner ursprünglichen Form. Was wiederum ein großes Problem in puncto "Messaging" ist.
      Das Proletariat nicht mehr, aber das könnte man als "alle abhängig Beschäftigten" umbauen und könnte damit den Anspruch für die Mehrheit der Bevölkerung zu sprechen wieder erheben. Das fehlt mir aber so ein bisschen und stattdessen kommt sehr viel Identitätspolitik.
      Das sollte sicherlich eine hohe Priorität in der Linken haben. Allerdings hat ja nicht nur ein Relabelling von "Proletariat" zu "alle abhängig Beschäftigten" stattgefunden, die Rolle der Gewerkschaften hat sich verändert und im Grunde steckt dahinter die Frage nach dem Klassenbewusstsein. Keine Lust das Fass hier jetzt aufzumachen, aber da bin ich halt eher auf der pessimistischen Seite. Wenn du mir erzähltest, dass unterschiedlichste Branchen gemeinsam und solidarisch für sich oder (noch besser) auch nur für jemand anderes ihre Arbeit bestreiken, würde ich erstmal einen Jokus vermuten.

      Dass noch niemand für die Leute im Krankenwesen in den Streik getreten ist, obwohl diese wohl allein aus Verantwortungsbewusstsein den Patienten gegenüber bisher ihre Füße stillgehalten haben, sagt imo sehr viel aus.
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    • Das liegt aber IMO daran, dass die Gewerkschaften, anstatt alle Arbeiter zu vertreten nur noch ihre Mitglieder vertreten (so ein Paradebeispiel ist ja die Autoindustrie, wo Gewerkschaftsarbeit hauptsächlich für die Stammbelegschaft (die ja eh gute Bedingungen hat) stattfindet, anstatt den Leiharbeitern und Werkvertragsangestellten zu helfen)

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      Byron - Attributmagier
      Der Korpothread

      Oster schrieb:

      Wenigstens shrodo denkt mit.





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