Der "war ein interessanter Artikel" Thread

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    • Walnuss (die Echte) schrieb:

      Haben die keine progressive Steuer? Sonst lohnt sich das Verhalten ja gar nicht, wenn es keine "CutOff" Grenze gibt.
      Warum? Die Grenzrate steigt halt recht stark ab diesem bestimmten Wert an, das ist eigtl schon länger bekannt, dass vor allem Selbstständige um diese Einkommengrenzen herum optimieren (einfacher als bei anderen Arbeitern). Witzig auch, dass der Artikel die Studie als "neu" bezeichnet und nichtmal die Autoren benennt. Die wurde schon vor einem jahr veröffentlicht. Es gibt halt einen recht deutlichen Knick in den progressiven Steuerraten. So wie ich das verstehe is das recht simpel gehalten in Schweden. Gar keine Steuern bezahlst du nur unter Jahreseinkommen von 20k SEK (also knapp 2k EUR). Für alles darüber zahlst du Steuern an deine Gemeinde, ca 30%. Leicht unterschiedlich zwischen verschiedenen Gemeinden. Ab Jahreseinkommen von 540k SEK zahlst du zusätzlich 20% marginale Steuern an das Land.

      Die Steuerkurve hat also nur 2 knicks (de facto eigtl. nur einen, der Knick bei 20k SEK wird die meisten nicht interessieren). Weil dieser so "salient" ist, optimieren viele darum herum. Es geht nicht darum, dass es sich "lohnt", sie also durch das optimieren mehr Geld zur Verfügung haben als ohne Optimieren, das funktioniert bei einem progressiven Steuersystem natürlich nicht. Aber um diesen Knick herum verändert sich der relative Wert von Freizeit gegenüber einer zusätzlichen Krone deutlich, weil Freizeit eben nicht besteuert wird.
    • Ein Kind hat Schmerzen, ein Vater macht ein Foto der betreffenden Stelle und schickt es an die Kinderärztin – und die stellt eine Diagnose und verschreibt ein Medikament. Es ist eine Geschichte, wie sie vermutlich viele Eltern aus eigener Erfahrung kennen. Und sie könnte hier zu Ende sein.


      Doch für einen Vater aus San Francisco begann damit ein Albtraum: Ein System maschinellen Lernens von Google markierte das Bild als Kindesmissbrauch, weil darauf die Genitalien seines Sohnes zu sehen waren. Der Vater verlor sein E-Mail-Konto, seinen Telefonvertrag und seine Back-ups. Und die Polizei leitete Ermittlungen gegen ihn ein.


      ...


      Eine solche Vorgehensweise wird auch in Europa im Zuge der sogenannten Chatkontrolle gefordert: Unter diesem Begriff wird eine geplante EU-Regulierung diskutiert, die Anbieter von Onlinemessengerdiensten verpflichten will, Fotos ihrer Nutzerinnen automatisch auf Inhalte von Kindesmissbrauch zu durchsuchen und mögliche strafbare Fälle an die Ermittlungsbehörden zu melden.


      ...


      Nicht einmal der deutsche Kinderschutzbund hält die Idee der Chatkontrolle für zielführend: Denn das Problem sei schon jetzt weniger, dass es nicht möglich sei, Tatbestände von Kindesmissbrauch zu entdecken, sondern diese auch zu verfolgen. Nach Angaben der EU-Kommission seien 85 Millionen Fotos und Videos, die sexuelle Gewalt an Kindern zeigen, im vergangenen Jahr weltweit aufgespürt worden – die Behörden haben viel zu wenig Personal, um die Täter dahinter aufzuspüren und zu verfolgen.

      Literal 1984

      12ft.io/proxy?ref=&q=https://w…ht-eltern/komplettansicht
    • Artikel zum Immobilienmarkt in Deutschland. Schade man 8o

      Spoiler anzeigen

      Viertel Vorwerk die Straßen oft menschenleer sind. Von Mehrfamilienhäusern blättert die Farbe, zum Beispiel in der Röntgenstraße.

      Im ersten Geschoss eines der Wohnblöcke steht Magda Wunderlich, eine Frau von 64 Jahren mit kurzen Haaren und Blumenkleid. Sie ist eine der letzten verbliebenen Mieterinnen im Haus. Wunderlich erzählt von ihrer alten Wohnung unterm Dach, in der oft der Strom ausgefallen sei.

      In den oberen Geschossen stehen nun Wohnungen leer, wegen Baumängeln geräumt. Die Behörden fordern einen Rettungsweg, falls es mal brennt. Außerdem fehlt eine Feuerwehrzufahrt, ein Verstoß gegen die Bauordnung des Freistaats Bayern, Abschnitt V, Artikel 31.

      Wunderlichs größte Sorge war, dass sie keine Wohnung mehr findet, die groß genug für sie, ihre Tochter und die vier Enkel ist. Und die sie sich ohne Arbeit, mit schmaler Unterstützung vom Staat und dem bescheidenen Einkommen der Tochter auch leisten könnten.

      Am Ende hat sie ihre Hausverwaltung erweicht, dass sie nur im Haus umziehen muss. Sie hat noch eine Bleibe, sie und ihre Tochter zahlen etwas mehr als 500 Euro warm im Monat, aber es ist eine wackelige Existenz. Denn die Mängel und Probleme sind geblieben.

      Wenn sie sich föhnte, sei in einem anderen Zimmer das Licht im Fischaquarium ausgegangen. „Seit Jahren wurde hier nichts renoviert“, sagt Wunderlich. Sie war manchmal genervt von ihrer Wohnung, trotzdem wäre sie gern geblieben. Doch vor einigen Monaten dann habe ihr der Vermieter eine fristlose Kündigung geschickt, zwei Tage vor ihrem Geburtstag. Wie anderen Bewohnern auch.

      Die Stadtverwaltung hat jahrelang versucht, ihr und Dutzenden anderen Mietern in insgesamt acht Häusern in der Straße zu helfen. Seit 2017 mahnt sie Brandschutzmängel an, schickt Briefe und Mails an Geschäftsführer von Eigentümergesellschaften, deren Namen sich ständig ändern. Passiert ist kaum etwas.

      Wer am Ende für den Verfall der Häuser in der Röntgenstraße verantwortlich ist, kann der Leiter des städtischen Bauamts nur vermuten, wie er sagt. Seine Leute stießen bei ihren Nachforschungen nach den Eigentümern auf mehrere Firmen, die wiederum Firmen aus dem Ausland gehören.

      Man kann sagen, sie haben ein deutsches Problem kennengelernt. Häuser wie in der Röntgenstraße von Selb, die Probleme machen und von denen niemand weiß, wem sie gehören, gibt es in Berlin und Kassel, in Dortmund und am Tegernsee, in Frankfurt und Erfurt. Denn das deutsche Katasterwesen, einst für seine Gründlichkeit und Transparenz bewundert, ist zu einer Blackbox geworden, die Glücksritter aus der ganzen Welt anlockt.

      In den vergangenen gut zwei Jahrzehnten haben die Globalisierung und billig zu beschaffendes Geld dazu geführt, dass internationale Investmentfonds, anonyme Grundstücksgesellschaften und Oligarchen sich Grundstücke und Immobilien kauften.

      Die einen nutzen sie als Anlage, kümmern sich aber wenig um Bewohner und Nachbarschaft. Andere machen mit Weiterverkäufen Gewinne. Und wieder andere waschen Geld. Selbst die Behörden verlieren den Überblick darüber, wem Deutschland inzwischen gehört.

      In kaum einem anderen Staat der Europäischen Union (EU) ist es so leicht, anonym eine Immobilie zu besitzen. Die Grundbücher, die zumindest helfen könnten, sind inzwischen zwar teilweise digitalisiert, aber auf eine vorsintflutlich anmutende Art: als abfotografiertes Papier, abgelegt in einem örtlichen Katasteramt und ohne Möglichkeit, sie nach Schlagworten schnell und systematisch zu durchsuchen.

      Und wem es gelingt, Dokumente zu einer Immobilie oder einem Grundstück zusammenzutragen, der stößt bei seiner Suche nach den Eigentümern oder Ansprechpartnern am Ende oft auf Briefkastenfirmen in Luxemburg, Zypern oder auf den Bahamas. Der eigentliche Besitzer dahinter ist oft kaum zu ermitteln.

      Seit Jahren arbeiten Bundesregierung und Behörden an einem Transparenzregister, wie es die EU vorschreibt. Es soll offenlegen, wem Immobilien oder Unternehmen gehören, wer die Fäden zieht – und wen man im Streitfall vor Gericht belangen kann. Während viele andere Staaten die Vorgaben umgesetzt haben, hängt Deutschland hinterher. Um die Gründe wird es noch gehen.

      Welche Ausmaße das Problem inzwischen hat, zeigt eine Datenrecherche der WELT AM SONNTAG, in der die Reporter erstmals systematisch bundesweit Eigentümerdaten zusammengetragen haben. Verwertbare Ergebnisse gab es demnach nur für zwei Bundesländer und drei Städte. Und die Eigentümer hinter vielen Liegenschaften sind so verschachtelt, dass selbst Profis es nicht schaffen, eine natürliche Person dahinter ausfindig zu machen.

      Die Folge ist, dass Mieter in sanierungsbedürftigen Mietshäusern leben, Kommunen dringend benötigten Wohnraum nicht schaffen oder ihre Innenstädte nicht modernisieren können. Und auch, dass Oligarchen oder kriminelle Clans Villen kaufen können und die Strafverfolgungsbehörden große Probleme haben, undurchsichtige Firmengeflechte zu durchblicken und herauszufinden, wer die wahren Eigentümer solcher Immobilien sind.

      1. Der Amtsleiter, das „Horror-Hochhaus“ und die Detektive
      Helmut Resch könnte in diesen Tagen zufrieden in den Ruhestand gehen, eigentlich. Resch, 64, war bis Ende September Bauamtsleiter von Selb. Er hat erlebt, wie ab den 90er-Jahren die Porzellanwirtschaft zusammenbrach. Viele Bürger verloren ihre Jobs, zogen weg, Häuser standen leer und Gewerbeflächen lagen brach.

      Die kommunale Wohnungsbaugesellschaft, deren Geschäftsführer Resch war, musste sich von verwaisten Gebäuden trennen. Heute erholt sich die Stadt. Mehr als 30 Bauprojekte laufen, weitere sind in Planung. Ein Erfolg, auch für Resch. Und doch wird er ein großes Problem nicht mehr lösen.

      Die Stadt sorgt sich unter anderem um den Wohnblock, in dem Magda Wunderlich wohnt. Ein Vorläufer der kommunalen Wohnungsbaugesellschaft hatte ihn verkauft an eine Kölner Gesellschaft namens Vivacon. Die ging im Jahr 2008, im Zuge der Finanzkrise, schon nach wenigen Monaten pleite.

      Auch der nächste Eigentümer, das australische Investmentunternehmen Babcock & Brown, hielt nicht viel länger durch. Seither haben sich die gesetzlichen Anforderungen an Rettungswege und an den Brandschutz verschärft, und die Verwaltung prüfte, ob die Mehrfamilienhäuser die neuen Vorgaben noch erfüllen. Sie taten es nicht. Für das dritte Obergeschoss fehlte der zweite Rettungsweg.

      Also versandte die Stadt im Jahr 2017 ein Schreiben an den jüngsten Eigentümer, der im Grundbuch stand: eine Firma namens Zelis Real Estate B.V., die niederländische Version einer GmbH.

      Mal wurden die Mahnschreiben ignoriert, manchmal bat jemand um Aufschub. So erzählt es Resch. Am Ende sei praktisch „nichts“ passiert. Und zwar drei Jahre lang, trotz weiterer Ermahnung.

      Anfang 2020 hatte die Stadt genug, schickte ein weiteres Schreiben und forderte, die Brandschutzmaßnahmen endlich zu erledigen. Doch inzwischen hatte der Eigentümer gewechselt. Im Grundbuch stand nun eine Firma namens REA Wohnen GmbH, die bis 2019 noch REA Cygnus Acquisitions GmbH hieß.

      Im November 2021 dann merkte die Stadtverwaltung, dass nicht nur der zweite Rettungsweg fehlte, sondern auch der erste „gravierende Mängel“ aufwies, wie sie an die Eigentümergesellschaft schrieb. Deren Vertreter lehnten es ab, in Sachen Brandschutz nachzubessern.

      Am Ende untersagte die Stadt ihr deshalb, die insgesamt 16 Wohnungen im dritten Obergeschoss weiter zu vermieten. Etwa 20 Mieter mussten ausziehen.

      Die Stadt Dortmund hatte ähnliche Gründe, als sie vor gut einem Jahr einen Wohnriegel im Norden der Stadt abriss, der bundesweit Schlagzeilen gemacht hatte, 18 Stockwerke, 102 Wohnungen. Das Hochhaus hatte schwere Sicherheitsmängel, die Wohnungen standen jahrelang leer. Es verwahrloste. Die Lokalzeitungen nannten den Block irgendwann nur noch das „Horror-Hochhaus“.

      Dortmunds Planungsdezernent Ludger Wilde erzählt heute, dass er einen Detektiv einstellen musste, der fast drei Jahre Amtsgerichtsunterlagen sichtete, Kaufverträge plausibilisierte, Adressen überprüfte, um überhaupt herauszufinden, wem die Wohnungen gehörten.

      Die Eigentümer, größtenteils Privatleute aus Süddeutschland, hätten eventuell gewisse Renditeerwartungen gehabt, jedenfalls offenkundig kein Interesse, Sanierungen oder Reparaturen zu bezahlen. Vor allem seien sie für die Stadt nicht erreichbar gewesen.

      Also riss die Stadt das Hochhaus schließlich ab. So wie der Dezernent Wilde es erzählt, war es ein Akt der Notwehr. Er sagt, es wäre vermeidbar gewesen, wenn die Kommunen „verfolgbare Grundbuchdaten“ hätten. Er meint: digital durchsuchbar und verknüpft mit Personeneinträgen im Transparenzregister. Tatsächliche Menschen, ladungsfähige Adressen.

      2. Napoleon und die kaputte Schallplatte
      In einem Büro im Berliner Stadtteil Friedrichshain verzieht Christoph Trautvetter das Gesicht, wenn er von Fällen wie in Selb oder Dortmund hört. Er sagt, er komme sich vor wie eine kaputte Schallplatte, die wieder und wieder dieselbe Stelle eines Liedes abspielt. Trautvetter ist wissenschaftlicher Referent beim „Netzwerk Steuergerechtigkeit“.

      In dem Verein arbeiten Gewerkschaften, kirchliche und entwicklungspolitische Organisationen mit. Trautvetter kümmert sich seit Jahren um die Themen Geldwäsche und Steuervermeidung von Unternehmen, er forscht zu Steueroasen und Investoren, die sich dort verstecken.

      Trautvetter sagt, in Deutschland fehlten wichtige Daten. Unternehmen zahlten deshalb keine Steuern, Kriminelle könnten frei agieren. Nichts davon sei neu. Doch mehrere Regierungskoalitionen im Berliner Regierungsviertel hätten nicht gehandelt.

      Seit Anfang des Jahres ist Trautvetter einer der gefragtesten Lotsen im Dickicht des deutschen Immobilienmarkts. Der Bundestag lädt ihn als Sachverständigen, Redaktionen schicken Fernsehteams und bitten ihn um Einschätzungen. Denn der Krieg in der Ukraine hat ein neues Schlaglicht auf das alte Problem geworfen.

      Regierungen in aller Welt beschlossen Sanktionen gegen russische Oligarchen. Sie mühten sich, die Vermögen einzufrieren, die hinter Konstrukten aus Briefkastengesellschaften und Fonds versteckt waren.

      Und während die Behörden in Frankreich binnen weniger Tage die russischen Eigentümer von Villen in Marseille oder an der Côte d’Azur ausfindig machten und ihre Immobilien beschlagnahmten, fanden die deutschen Kollegen kaum etwas heraus.

      Wie Trautvetter es sieht, sind die Folgen in Berlin besonders gravierend. Dort seien seit dem Immobilienboom der vergangenen 15 Jahre besonders viele internationale Investoren tätig. Vor drei Jahren erregte Trautvetter mit einer Recherche Aufsehen. Gemeinsam mit Mietern und Journalisten fand er heraus, dass in Berlin mindestens 3000 Wohnungen in der Hand der vermögenden britischen Familie Pears waren.

      Das war bis dahin niemandem aufgefallen, weil die Verhältnisse durch eine Kette aus Wirtschaftseinheiten in Luxemburg, auf Zypern und den britischen Jungferninseln getarnt waren. Dort fand sich auch ein großer Teil der Berliner Mieteinnahmen wieder, kaum besteuert.

      Bei solchen Recherchen, sagt Trautvetter, stoße auch er immer wieder an Grenzen, die es eigentlich nicht mehr geben sollte. Er erzählt, wie er vor zwei Jahren mit einem Kollegen versuchte, die wahren Eigentümer einiger weiterer Wohnhäuser in Berlin zu ermitteln.

      Über mehrere Tausend einzelne Grundbuchabfragen kam er zunächst an die Namen von mehr als 430 Immobiliengesellschaften. Diese führte er mit weltweiten Unternehmensregistern zusammen, um die Personen dahinter ausfindig zu machen. Auch nach monatelanger Recherche blieb fast ein Drittel davon anonym.

      Die Frage ist, warum ausgerechnet in Deutschland das Versteckspiel mit Immobilien und Grundstücken so gut funktioniert. Die Verwaltung steht zwar im Ruf, langsam zu sein, vielleicht auch umständlich, aber zumindest lückenlos und gründlich.

      Das deutsche Grundbuch- und Katasterwesen geht auf die Zeit der Französischen Revolution zurück, das späte 18.Jahrhundert also. Das Kataster funktioniert wie eine große Deutschlandkarte, die alle wichtigen Informationen darüber enthält, wo Deutschland besiedelt ist, wie Grundstücke und Flurstücke liegen, wo ihre Grenzen verlaufen und wie sie bebaut sind. Im Grundbuch sind die Eigentümer von Grundstücken und Immobilien eingetragen.

      1790 führte die Nationalversammlung in Paris ein neues Steuersystem ein, dazu gehörte eine Grundsteuer. Um sie zu ermöglichen, wurden alle Grundstücke des Landes vermessen und ein Verzeichnis erstellt. Später führte Napoleon auch für die linksrheinischen Gebiete die Parzellarvermessung ein, Preußen schloss sich an. In den Jahren 1822 und 1835 ließ die preußische Regierung alle westlichen Provinzen vermessen und das rheinisch-westfälische Urkataster erstellen. Die deutschen Ostprovinzen zogen später nach.

      Die Idee eines deutschen Grundbuchs ist noch etwas älter. Die 1722 von den Preußen verabschiedete Hypotheken- und Konkursordnung führte dazu, dass jedes mit dem Hypothekenwesen befasste Gericht ein vollständiges Grund- und Hypothekenbuch bekam.

      Darin waren alle Immobilien des Bezirks eingetragen, inklusive Namen der Eigentümer. Die Idee war, eine hohe Rechtssicherheit für Käufer, Verkäufer und Finanziers herzustellen. Und nicht zuletzt für den Staat. Das Grundbuch sollte verhindern, dass nach einem Immobilienkauf plötzlich angebliche oder tatsächliche Eigentümer auf den Plan treten, die aufgrund alter Verträge Ansprüche erhoben.

      Noch heute wird in Deutschland zu jedem Grundstück ein rechtmäßiger Eigentümer erfasst und jeder Grundbucheintrag notariell beglaubigt. Allerdings hat sich das Verfahren nicht mit den Möglichkeiten des 21. Jahrhunderts entwickelt. Nicht nur Trautvetter kritisiert, dass die Grundbuchinformationen „weder vollständig digitalisiert noch deutschlandweit durchsuchbar“ sind.

      Der Bundestag hat zwar 2013 ein Gesetz zur Einführung eines bundeseinheitlichen Datenbankgrundbuchs beschlossen. Im März dieses Jahres verkündete die ostfriesische Stadt Aurich, sie habe nun als erste Gemeinde Deutschlands ein digital lesbares Grundbuch. Daran, dass sich die Behörden mehrerer Bundesländer vernetzen können, ist aber so bald nicht zu denken.

      Es gibt nach wie vor kein geeignetes Computerprogramm. Und der Versuch, eines zu entwickeln, steckt fest – wegen des „enormen Aufwands bei der Programmentwicklung und der Umsetzung der komplexen Fachlichkeit“, wie das Bundesinnenministerium auf Anfrage dieser Zeitung schreibt.

      Den Auftrag, eine entsprechende Software zu entwickeln, hat das bayerische Justizministerium. Es hat ihn mindestens ins Jahr 2024 verschoben. Als Übergangslösung will die Bundesregierung das Transparenzregister um Grundbuchdaten ergänzen, wie aus einem aktuellen Gesetzesentwurf hervorgeht. Auch das, so schätzen Experten, dürfte eher Jahre dauern als Monate.

      Die deutschen Grundbuchämter sind deshalb dazu übergegangen, Grundbuchakten einzuscannen und zu speichern. Das bedeutet allerdings, dass es oft keine Texterkennung gibt. Also können die Behörden oder Steuerfahnder die Dokumente nicht mit Schlagworten filtern. Und die meisten Suchen enden in aufwendiger Detektivarbeit, wie beim „Horror-Hochhaus“ in Dortmund.

      Die Liegenschaftskataster wirken nicht ganz so rückständig. Die Katasterämter führen sie in einem amtlichen Informationssystem auch digital. Es enthält zu jedem Grundstück Angaben, die die Grundbuchämter melden. Doch ausgerechnet Informationen, die Eigentümer identifizierbar machen würden, sind nicht öffentlich zugänglich. Auch für Journalisten nicht, denen die Gesetze eigentlich mehr Auskunftsrechte einräumen als Bürgern, damit sie zur Transparenz beitragen können.

      WELT AM SONNTAG hat alle 16 Bundesländer angefragt, um die Informationen zu Eigentümern aus dem Liegenschaftskataster zu erhalten. Nur fünf Länder konnten oder wollten Daten bereitstellen, teilweise allerdings nur zu einzelnen Städten. Acht lehnten es ab, Informationen herauszugeben, oder ignorierten die Anfrage. Andere verlangten Zigtausende Euro für die Auskünfte.

      In den USA und Kanada, in Großbritannien oder Schweden kann jeder Bürger auf Internetplattformen sehen, welche Immobilie zuletzt für welchen Kaufpreis veräußert wurde. In Dänemark oder Frankreich können die Behörden ganz selbstverständlich auf digitalem Weg Personennamen und Liegenschaften zusammenbringen. In Deutschland gibt es nichts davon. Das Individualrecht ist ein hohes Gut, der Datenschutz strenger als anderswo.

      Das ist ein Problem für Mieter wie Magda Wunderlich in Selb. Und hindert Kommunen daran, Wohnungen zu schaffen und ihre Innenstädte zu erhalten oder zu entwickeln.

      3. Der Treuhänder und die Geister der globalen Hochfinanz
      Christoph Meyers wuscheliges Haar erinnert an die Zeit, in der er der Tourmanager weltbekannter Musikbands war, von R.E.M. und den Bangles zum Beispiel. Inzwischen ist er 63 und Berater in einer Branche, in der Verschwiegenheit als Wert gilt. Meyer ist Geschäftsführer der Firma CM Best Retail Properties, einer der angesehensten Experten des Landes auf seinem Gebiet: der Beratung von Unternehmen, die Immobilienprojekte in Großstädten planen.

      Meyer sagt, er kenne viele Fälle, in denen die Behörden inzwischen Mühe haben, ihre Innenstädte zu retten. Auch in den besten Lagen, wo das wirtschaftliche Herz schlägt, in der City, in Fußgängerzonen und Geschäftsstraßen.

      Meyer war der Treuhänder, der die Häuser verkaufte, mit denen Hertie und Karstadt die Innenstädte der frühen Bundesrepublik prägten. Dort, wo es ging, organisierte Meyer eine Nachnutzung. Oft geht das nicht mehr. Händler oder Ketten müssen ihre Geschäfte schließen, weil sie gegen die Konkurrenz im Internet nicht mehr bestehen können. Die Lockdowns während der Pandemie haben diese Entwicklung noch beschleunigt.

      Oft, sagt Meyer, verlören die Eigentümer auch das Interesse an ihren Immobilien. Immer wieder sind sie dann nicht mehr auffindbar. Diese Entwicklung brachte ein paar Dutzend Bürgermeister schon vor ein paar Jahren derart auf, dass sie einen öffentlichkeitswirksamen Aufruhr anzettelten.

      Sie forderten von Warenhausbetreibern und Banken die verstreuten Eigentümerdaten zu leer stehenden Kaufhäusern und verlangten faire Verkaufspreise. „Wenn Warenhäuser lange leer stehen, bekommen wir Geisterstädte“, sagt etwa der Bürgermeister der Stadt Bingen, Thomas Feser.

      Meyer kennt dieses Problem. Oft stehe im Grundbuch eine Grundstücksgesellschaft, hinter dieser Gesellschaft ein Treuhänder und hinter diesem Treuhänder eine Holding, die wiederum aus Dutzenden Eigentümergesellschaften bestehen könne. Das Sagen habe in aller Regel ein Investmentmanager der Holding. Der könne sein Büro in Toronto oder New York haben oder irgendwo in der Welt, jedenfalls weit weg von Deutschland.

      „Viele internationale Investmentmanager haben die Immobilien, in die sie das Geld ihrer Kunden gesteckt haben, noch nie mit eigenen Augen gesehen“, sagt Meyer. Und die Kunden, deren Geld der Manager verwaltet, sind Pensionsfonds von kalifornischen Lehrergewerkschaften oder die Family Offices reicher Privatleute.

      Menschen also, die sich bewusst abschotten. Sie wollten, sagt Meyer, eine Immobilie als Geldanlage und sonst nichts damit zu tun haben. Es gibt spezialisierte Dienstleister, die ihnen genau das anbieten: eine Struktur, die die Identität der Geldgeber verschleiert. Meyer sagt: „Das ist nicht unmoralisch. Aber aus Sicht der Städte eben schwierig.“

      Die EU will das mit ihrem Transparenzregister ändern, das alle Mitgliedstaaten befürworten. Seit 2017 müssen die wirtschaftlich Berechtigten von Firmen dort eingetragen werden. Also auch Personen, die hinter Grundstücksgesellschaften stehen, mit Adresse und Telefonnummer. Dort könnten die Städte dann anrufen, wenn sie sehen, dass ein Haus verfällt.

      So weit die Theorie.

      Die Anmeldung im Transparenzregister könnte einfach sein, doch in Deutschland ist es kompliziert. Es gibt Übergangsfristen und Ausnahmen, die die Regeln verwässern. So müssen sich bisher nur Eigentümer mit mehr als 25 Prozent Anteilen eintragen. Und niemand kontrolliert, ob sie das tun.

      Christoph Trautvetter, der Berliner Transparenzfachmann, kritisiert zudem, dass die Angaben nicht mit dem Grundbuch und dem Handelsregister verknüpft sind.

      Genau das hat sich die aktuelle Bundesregierung in ihrem Koalitionsvertrag vorgenommen. „Wir werden das Datenbankgrundbuch mit dem Transparenzregister verknüpfen, um die Verschleierung der wahren Eigentümer von Immobilien zu beenden“, steht dort. Der Wille scheint vorhanden, die Umsetzung aber noch in weiter Ferne. Die Bundesregierung berät deshalb über eine provisorische Lösung.

      Schon jetzt müssten alle juristischen Personen und eingetragenen Personengesellschaften ihre wirtschaftlich Berechtigten ermitteln und im Transparenzregister eintragen. Doch es gibt bisher keine Strafen, wenn jemand das nicht tut.

      Frankreich macht vor, wie es gehen kann. Dort können die Behörden seit gut einem Jahr im Transparenzregister nach Firmen und Personen suchen und finden über eine Nummer auch gleich die Grundstücke, an denen die Akteure beteiligt sind.

      4. Die Hütchenspieler, die Clans und 77 Villen
      In Pullach bei München versteckt ein kleines Wäldchen eine gelb gestrichene Villa mit hübscher Fassade. Sie ist der Sitz der Schoeller Group. Das Familienunternehmen ist führend in Mehrwegverpackungen, die Eigentümer Martin und Christoph Schoeller leiten den Konzern in siebter Generation.

      Die Gruppe hat einen guten Ruf, wirbt mit ihrem Fokus auf Nachhaltigkeit. Zwischen Pullach und der Porzellanstadt Selb liegen mehr als 240 Kilometer. Und auf den ersten Blick gibt es keine Verbindung zwischen der Villa der Firma und den Mehrfamilienhäusern in Selb, die nach Ansicht der Kommune nicht mehr sicher für ihre Bewohner sind.

      Tatsächlich scheinen sie aber Teil eines undurchsichtigen Hütchenspiels zu sein.

      Wer der Spur des Geldes folgt und die Handelsregister-Einträge zu den Eigentümerfirmen analysiert, landet am Ende in Luxemburg. Dort gibt es eine Gesellschaft namens Cygnus German Real Estate. Sie hat im Jahr 2011 für einen Fonds insgesamt 214 Wohneinheiten in Oberfranken erworben, wo Selb liegt.

      Der Sitz der Villa in Pullach ist auch die Adresse von zwei Gesellschaften, die Eigentümer der Mehrfamilienhäuser in Selb sind oder waren. Und die Eigentümerstrukturen legen nahe, dass die Mehrfamilienhäuser in Selb den wahren Besitzer in den vergangenen elf Jahren gar nicht gewechselt haben.

      Auch wenn der Bauamtsleiter und seine Leute es ständig mit neuen Gesellschaften zu tun hatten. Wie das Geld innerhalb des Firmengeflechts zirkuliert, lässt sich von außen nicht nachvollziehen. Unterlagen des luxemburgischen Handelsregisters legen aber nahe, dass sich der Wert des Wohnblocks seit 2011 zumindest auf dem Papier kaum verändert hat.

      Doch welchen Sinn hat all dieser Aufwand, haben diese komplizierten Firmenkonstruktionen, wenn es doch eigentlich nur um eine Immobilie geht, die keine Wertsteigerungen und keine Rendite verspricht?

      Die Schoeller Group ließ Fragen dieser Zeitung dazu unbeantwortet.

      Womöglich, sagt der Berliner Transparenzdetektiv Christoph Trautvetter, könnte hinter dem Verfall Kalkül stecken. Auf dem Papier sei das Haus möglicherweise mehr wert als in der Realität. Aus Sicht der Eigentümer würde es sich anbieten, mit möglichst niedrigen Kosten das Maximum aus den Bestandsmietern rauszuholen.

      Denn eine aufwendige Sanierung rechne sich womöglich nicht. Und eine andere Alternative, ein Verkauf, würde bedeuten, dass jemand den Wert des Hauses neu festlegt: durch den Kaufpreis. Und der läge aufgrund der Probleme und des Zustands der Immobilie vielleicht deutlich niedriger als der aktuelle Buchwert. Ein Nachteil.

      Das heißt, indem die Eigentümergesellschaften ständig wechselten, lasse sich vermeiden, dass Behörden den Kreislauf der Geldvermehrung störten. Weil sie immer wieder und mit großem Aufwand neue Ansprechpartner ausfindig machen müssen. Es ist ein Ringen mit ungleichen Mitteln. Die Kommunen haben Eile, die Immobilienbesitzer haben Zeit, in der das Geld für sie arbeitet.

      Was in diesem Fall gefährlich ist für die Mieter und ärgerlich für die Stadtverwaltung von Selb, bedeutet in anderen Fällen für kriminelle Banden ein Paradies. Und für den Bundesfinanzminister sowie die Strafverfolgungsbehörden einen Albtraum.

      Wenn selbst die Behörden die Blackbox des Immobilienmarkts nicht mehr durchleuchten können, ist er der perfekte Ort, um Geld aus illegalen Geschäften zu verbergen, auch zu waschen. Das Bundesfinanzministerium schätzt das Ausmaß der Geldwäsche in Deutschland auf rund 100 Milliarden Euro im Jahr.

      Vermutlich ist es in Wahrheit deutlich mehr. Denn die Schätzungen beruhen auch auf hochgerechneten Ermittlungserfolgen. Die aber sind rar. Einer der bekanntesten Fälle ist ein Coup der Berliner Staatsanwaltschaft, der zeigt, wie kriminelle Clans die Immobiliengeschäfte nutzen.

      Im Sommer 2018 beschlagnahmten die Ermittler 77 Immobilien, Gesamtwert mehr als neun Millionen Euro. Sie sollen dem Remmo-Clan gehören, der hinter dem spektakulären Juwelendiebstahl im Dresdner Grünen Gewölbe stecken soll. Es fällt auf, dass die Großfamilie einen großen Teil dieser Immobilien auf Zwangsversteigerungen erworben hat.

      Ein Zufall?

      Nach Ansicht von Experten bieten Zwangsversteigerungen eine besonders gute Möglichkeit, Geld zu waschen. Denn Gerichte sind, anders als Notare, nicht dazu verpflichtet, den Käufer oder die Herkunft des Geldes zu prüfen, wie Michael Peters sagt. Peters war Ermittler des Bundeskriminalamts, stellvertretender Chef der auf Geldwäsche spezialisierten Sondereinheit FIU und Leiter der Anti-Geldwäsche-Einheit der Deutschen Bank. Heute ist er Manager des Beratungshauses Ankura in Frankfurt am Main, das Unternehmen bei der Einhaltung geldwäscherechtlicher Anforderungen, bei Risikoanalysen und bei der Entwicklung eines Compliance-Programms unterstützt.

      „Mithilfe von Immobilien Geld zu waschen, ist in Deutschland sehr einfach“, sagt er. Unbekannte Investoren kauften wie aus dem Nichts riesige Baukomplexe, und niemand frage, woher sie das Geld haben.

      Ein europaweites Transparenzregister, sagt Peters, würde zumindest etwas Licht ins Dunkel bringen. Aber kriminelle Banden werde es kaum aufhalten. Das Problem seien die Briefkastenfirmen in der Karibik oder in anderen Steueroasen. Dort bleibe es einfach, die Spuren des Geldes zu verwischen und Vermögen zu verschleiern. Außerdem setzten Kriminelle gerne Strohmänner ein, die sich als Firmeneigentümer eintragen ließen.

      5. Die Lobbyisten und die Bundesregierung
      In einem Kaufhaus in der malerischen Altstadt von Wasserburg am Inn erzählt ein groß gewachsener Mann mit lichtem Haar von seiner Kindheit und Jugend. Von seiner Familie und ihrem Unternehmen, das über die Jahrhunderte immer größer und moderner wurde. Martin Alexander Schoeller wirkt fröhlich, streut hier und da ein paar Anekdoten ein. Immer wieder betont er, wie wichtig ihm das Wort „sozial“ als Teil der sozialen Marktwirtschaft sei.

      Schoeller ist Miteigentümer der Schoeller Group. Es ist Sommer 2022, zu diesem Zeitpunkt ist die Recherche noch nicht so weit, dass die Reporter ihm alle Fragen stellen können, die Schoeller später unbeantwortet lassen wird. An diesem Tag trifft sich im Kaufhaus in Wasserburg ein Lobbyverband, der die Dinge ähnlich sieht wie Schoeller.

      Der Verband „Die Familienunternehmer“ vertritt deutschlandweit rund 6000 Firmen. Er war einflussreich genug, vor einigen Jahren die Pläne der Bundesregierung unter Kanzlerin Angela Merkel für ein Transparenzregister stark zu verwässern. Das geht aus Dokumenten hervor, die Aktivisten vor Gericht erstritten haben.

      Die Familienunternehmer forderten demnach, dass die Öffentlichkeit keinen Einblick in das Register bekommt. Solche Transparenz bedeute für sie die Gefahr, entführt oder erpresst zu werden. Außerdem könnten Wettbewerber leicht an sensible Informationen gelangen.

      Inzwischen sagt Schoeller, wenn es dem Kampf gegen Diktatoren nütze, sei er für volle Transparenz. Die Familienunternehmer beantworten eine Anfrage dazu fast wortgleich. Ein effizienterer Austausch der nationalen Daten zwischen verschiedenen Staaten sei wichtig. Es müssten aber die entsprechenden Datenschutzrechte der wirtschaftlich Berechtigten gewahrt werden.

      Der Berliner Transparenzfachmann Trautvetter warnt vor dem gesellschaftlichen Schaden, den undurchsichtige Verhältnisse und Geldflüsse anrichten. Sie machten eine informierte politische Debatte über bezahlbare Mieten und Häuserpreise praktisch „unmöglich“, sagt er.

      Und in Selb hofft die Mieterin Magda Wunderlich, dass sich ihr Leben wieder beruhigt.

      ***

      Die Recherche:

      WELT AM SONNTAG hat mit einer bisher einzigartigen Recherche versucht, die Frage zu beantworten: Wem eigentlich gehören Deutschlands Häuser und Grundstücke? Erste Ansprechpartner waren die Amtsgerichte, die über die Grundbücher verfügen. Die Grundbücher sind jedoch nicht überall digital durchsuchbar, wie sich schnell zeigte.

      Das Liegenschaftskatasterinformationssystem der Bundesländer erfasst zumindest die Flurstücke digital, zuständig sind die 16 Katasterämter der Bundesländer. Dort stießen die Reporter auf neue Hürden: Die Hälfte der Ämter beantwortete schon die Frage „Können Sie sagen, wem die Liegenschaften gehören?“ nicht – „aus Datenschutzgründen“ oder aufgrund zu großer Datenmengen.

      Und jene Daten, die fünf Länder zur Verfügung stellten, ergaben zunächst ein großes Wirrwarr:Niedersachsen, Sachsen und Nordrhein-Westfalen gaben nur Daten zu einzelnen Städten – Hannover, Dresden, Essen – heraus. Manche wie Thüringen gaben die Gesamtzahl der Flurstücke pro Eigentümer heraus, andere wie das Saarland gewährten Zugriff auf eine Liste mit Eigentümern bebauter Flurstücke, wieder andere bloß Gebäude ab 100 Quadratmetern Wohnfläche.

      Um die Informationen dennoch auszuwerten und herauszufinden, wer hinter den teils verschachtelten Eigentumsverhältnissen steckt, recherchierten die Reporter mithilfe des Datenbankbetreibers Orbis (400 Millionen verzeichnete Unternehmen weltweit). Jakob Miethe, Assistenzprofessor an der Volkswirtschaftlichen Fakultät der Ludwig-Maximilians-Universität München, und Christoph Trautvetter vom „Netzwerk Steuergerechtigkeit“ halfen bei der Analyse. Ergebnis: Die im Grundbuch eingetragenen Firmen gehören in 37 Prozent der Fälle mindestens einer weiteren Firma – oft mit Sitz in einem Schattenfinanzplatz wie der Schweiz, Zypern oder Luxemburg. In knapp 21 Prozent der Fälle kannte selbst der Staat keine natürlichen Personen als Eigentümer.


      welt.de/wirtschaft/plus2413696…er-wirklich-gehoeren.html
      „Die meisten bekommen eine Meinung, wie man einen Schnupfen bekommt: durch Ansteckung.“
      Axel von Ambesser
    • Der Bundestag hat zwar 2013 ein Gesetz zur Einführung eines bundeseinheitlichen Datenbankgrundbuchs beschlossen. Im März dieses Jahres verkündete die ostfriesische Stadt Aurich, sie habe nun als erste Gemeinde Deutschlands ein digital lesbares Grundbuch. Daran, dass sich die Behörden mehrerer Bundesländer vernetzen können, ist aber so bald nicht zu denken.
      8o 8o :fresse: :ugly:
    • jamesozden.substack.com/p/what…yone-got-against-throwing

      James Ozden schrieb:

      To conclude, I think that most people have unjustified negative reactions to disruptive protests. Despite many people claiming that disruptive or radical protests have negative impacts on a movement’s likelihood of winning, the evidence suggests the opposite is true: Nonviolent radical tactics are likely to increase support for more moderate groups, in ways that increase an overall movement’s chance of achieving their aims.

      Dieser Beitrag wurde bereits 1 mal editiert, zuletzt von wommbat ()

    • Jedes Jahr nehmen sich Dutzende Häftlinge in deutschen Gefängnissen das Leben, zehnmal mehr Menschen als außerhalb der Gefängnismauern. Der Staat hat das Recht, Menschen einzusperren, gleichzeitig aber auch die Pflicht, in dieser Zeit für sie zu sorgen – was bedeutet, sie im Zweifel vor sich selbst zu schützen. Recherchen von ZEIT ONLINE deuten darauf hin, dass der Staat diese Fürsorgepflicht verletzt.
      zeit.de/politik/deutschland/20…-pandemie/komplettansicht

      12ft.io/proxy?q=https%3A%2F%2F…andemie%2Fkomplettansicht