Kolibri schrieb:
Bild natürlich immer extrem einseitig und tendenziell fremdenfeindlich
Das Ding ist doch, ja wir schaffen das. Unironisch. Jeder weiß das, egal ob AfD, Nazi oder Linker. Das Problem ist doch ein ganz anderes. Wir sind das Land mit dem größten Niedriglohnsektors Europas, die durchschnittlichen Vermögen der Deutschen liegen sogar noch unter dem der Griechen, Harzt 4 bzw. der Umgang mit Arbeitslosen ist katastrophal, Menschen die ihr Leben lang gearbeitet haben bekommen die Mindestrente wie jemand, der ein Leben lang Harzt 4 bekommen hat. Das sind alles allein gesehen aus meiner Sicht schon riesige Problemherde. Jetzt kommt "die Politik", die diese Zustände und noch viele mehr seit JAHREN nicht ändert. Warum? Es ist ja kein Geld da, Schuldenbremse, Schwarze Null als Religion und Heiligtum, tut uns leid liebe Mitbürger. Jetzt kommen 1-2 Millionen Flüchtlinge innerhalb kurzer Zeit. Ja, wir schaffen das, es ist ja genug Geld da. Wir können alle super versorgen, die können noch Geld an ihre Familien in der Heimat schicken. Sowohl genug Kapazitäten in der Arbeitswelt (Gerichte, Polizei, Baumaßnahmen zur Unterbringung etc) sind da als auch Geld für alles. Das der Bürger weiterhin nicht mehr davon sieht, ewig lange auf seine Urteile warten muss, die Polizei nicht genug Präsenz zeigt (auch vor der Flüchtlingswelle gab es Probleme mit Deutschen Verbrechern sowie Banden aus dem Ausland, ital. Mafia, NSU), kein sozialer Wohnungsbau bei extrem hoher Nachfrage in Ballungsgebieten.
Ich habe jetzt nur mal Beispielsweise unsere Probleme aufgezählt. Die Flüchtlinge sind nicht das Problem, nur DURCH diese sind wir uns der anderen Probleme viel mehr bewusst geworden bzw. wird der Ärger und der Frust, der aus etwas anderem resultiert, jetzt auf die Flüchtlinge geschoben. Denn die nehmen ja Wohnraum und Geld-Kapazitäten weg. Das verschärft einfach nur die vorher schon dagewesenen Probleme. Und genau deshalb wird die AfD stark, weil sie den Leuten EIN Thema gibt, über das sie sich aufregen können, was alles vereint. Alle unsere Probleme bzw. die Probleme der "kleinen" Leute. Das ist extrem effektiv, Vereinfachung und Vereinheitlichung in der Politik, um die Menschen zu erreichen, die sich nicht viel damit beschäftigen wollen und einfache Lösungen bevorzugen, die fängt man damit alle ein. Das müssen keine Nazis sein, das sind die von der Gesellschaft zurückgelassenen. Die sich (zurecht) verarscht und benachteiligt fühlen. Und das sind natürlich grade im Osten noch mehr Menschen, grade die, die sich noch an die Verarsche von 1990 erinnern, wo die Regierung sie nach der Wiedervereinigung auch teilweise im Stich gelassen hat und vieles Bergab ging (wirtschaftlich, nicht politisch).
Der AfD Wähler ist für mich erstmal ein ganz normaler, durchschnittlicher Deutscher, der nicht wirklich an Politik interessiert ist (sind die meisten nicht, das ist Fakt) und für einfache Erklärungen und Lösungen empfänglich ist. Das es natürlich auch AfD Wähler gibt, die Rechtsradikal bzw. Nazis sind, auf jeden Fall. Die AfD ist halt gar nicht so "dumm", wie man denkt, sie sprechen mit ihrer Politik teilweise diese durchschnittlichen Gruppen an, sammeln aber gleichzeitig noch das gesamte Potential der Radikalen. Sie sprechen Teile der Linken im Osten an, die zu ihnen gewechselt sind, sowie marktliberale FDPler im Westen. Sie sind durch ein Thema breiter aufgestellt als so manche andere Partei (Grünen...).
Zu Chemnitz ist in diesem Zusammenhang auch zu sagen, dass es an dem Tag, wo es los ging Abends mit dem Mob am Mittag eine komplett friedliche AfD Kundgebung/Versammlung gab. Eben, um auch den nicht Radikalen ein Forum zu bieten.
So, wie geht man jetzt damit um? Nazis schreien und alle pauschal verurteilen (sie tragen es ja mit) ist meiner Meinung nach nicht nur kontraproduktiv, es wird der Sache auch nicht gerecht. Nur weil Menschen dumm oder leicht empfänglich sind, habe ich kein Recht, sie so zu verurteilen #nojudgemeta. Was eben auch nicht reicht und nicht überzeugend sein kann, ist aufzuzeigen, wie schlecht die AfD ist bzw. wie teilweise menschenverachtende Strömungen in ihr sind und welche Rechtsradikalen da mit machen. Es mag für euch nicht legitim erscheinen, dass dies einen aus eurer Sicht vernünftigen Menschen nicht umstimmt, aber es ist den Leuten ein stückweit "egal". Womit man argumentieren kann und muss, sind echt Alternativen. Und hier kommen wir zum Knackpunkt. Was ist eine (realistische) Alternative als Politk-Uninformierten und desinteressierter Mensch, wenn weder die AfD noch eine der anderen Parteien im Bundestag eine Alternative ist? Denn wie bereits ausgeführt, ist in den letzten Jahren nicht genug positiv merkbares für die Menschen geschehen. Egal ob Rechte oder Linke Mehrheit im Bundestag. Ich muss euch sagen, ich weiß es nicht. Was ich aber weiß bzw. wo ich mir sicher bin, ist, dass wenn eine der Bundestagsparteien oder eine neue Partei aufkommt, die echte Alternativen bietet, wieder viele weg wechseln werden von der AfD. Es gibt ein (radikal) Rechtes Wählerspektrum in Deutschland, was sicher bis an die 9-10% geht, davon wird ein Teil bleiben, aber der Rest sicher nicht. Die AfD ist für viele tatsächlich nur eine Protestwahl im Sinne von "ich zeigs denen da oben mal" oder eine "ich weiß nicht was ich wählen soll, aber CDU/SPD/FDP/Grüne/Linke sollen es nicht sein, und wegwerfen will ich meine Stimme auch nicht" Wahl.
Sorry für Wall of Text, bin auch nicht an der Arbeit und Verschwende daher nicht eure Steuergelder für diese Zeit Liest aber vermutlich eh keiner ganz durch
Guten Morgen an muh, sleepy, proudbavarian, seren, incognito, zinnsoldat, qory, juff, sic, banez-, arrow^gunz, cloud, zenarius, Tobi und den rest des DS-Stammtischs