Nazis verprügeln?

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    • Hatte viel im Fred den Kopf schütteln müssen und hab auch im Freundeskreis im RL schon oft die Diskussion geführt, weil Pazifismus irgendwie von vielen als dogmatische Voraussetzung gesehen wird. Daher, und weil ich finde das die Diskussion hier teilweise echt sehr konstruktiv geführt wurde, nochmal meine Gedanken zu dem "Hitlergrußzeigenden Menschen eine aufs Maul geben".

      Auf die Nase hauen ist ja schon eine sehr große Form der Eskalation und dass man das direkt als erste Aktion bringt ist aus meiner Sicht eine grobe Verfehlung und auch moralisch nicht zu rechtfertigen. Man hat aber als mitfühlender, aufgeklärter Mensch eine Aufgabe im Zugabteil: Diese Aktion unterbinden. Und je nachdem wie stark sich der Nazi fühlt (nicht körperlich sondern eher gesellschaftsfähig), desto weiter wird er gegenüber dir eskalieren. Wenn ich sage: "Lass die Scheiße" und er lässt die Scheiße: fine. Wenn er die Scheiße nicht sein lässt steht man wohl auf und geht schonmal auf ihn zu und sagt nochmal "hör auf oder wir werfen dich aus dem Zug" (Man ist hier hoffentlich in der Überzahl, ansonsten viel Glück). Als nächstes der Versuch den Typen aus dem Abteil und dann dem Zug zu bekommen. Das wird der sich je nachdem wie stark er sich fühlt nicht bieten lassen und in letzter Konsequenz bleibt dir nur Gewalt anzuwenden. Ob man den dan fachmännisch in den Polizeigriff bekommt oder nicht hängt wohl von den jeweiligen Skillniveaus ab. Kann halt auch hässlich werden. Aber dann blutet lieber der Nazi als jemand anderes. (Und wenn man nicht von 0 auf 100 eskaliert hatte er mehrere Fenster sich zurückzuziehen. Die Wahl hatte er also).
      Ich finde es aber wichtig, dass der Nazi in der Situation eindeutig spürt, dass er nicht der Stärkere (hier wieder: nicht physisch sondern strukturell) ist. Lässt du das einmal durchgehen wird die Grenze das nächste mal einen Schritt weiter ausgelotst. Es is, wenn sich Nazis stark genug fühlen, der Polizei einfach praktisch unmöglich das selbst in die Hand zu nehmen. Dazu haben wir viel zu wenig Polizisten die mit zu vielen (teilweise weniger wichtigeren) Aufgaben beschäftigt sind. Dabei lasse ich jetzt explizit die zum Teil rechten Polizisten außen vor. Das ist nochmal ein extra Thema.

      Deswegen war meine Aussage: Überschrift hat zu wenig Details, aber generell sehe ich da eine Möglichkeit das Verhalten moralisch zu rechtfertigen.

      Ich habe auch oft das Gefühl Leute ruhen sich zu schnell auf pazifistische Ansichten aus. Das hat oft dogmatische Ansätze in einer Diskussion und keine argumentativen. Ich persönlich würde mir in obiger Situation btw sehr schwer tun ( @SurFiN), aber ich wüsste jetzt auch nicht, inwiefern das bei der moralischen Betrachtung relevant wäre. Ich wünschte mir ich könnte nach dieser Moral vorgehen.

      Wichtig ist mir zu betonen, dass nach obiger Moral niemand den Nazi auf die Nase haut, weil man Spaß daran empfindet, sondern das ist manchmal der einzige Weg dem Nazi in seine Grenzen zu weisen. Und dass das wünschenswert ist, halte ich für nicht diskutabel, falls den Punkt jemand machen möchte.

      Ein anderer Punkt der angesprochen wurde: Ob das wirklich ein Nazi ist: Wenn man nicht direkt von Hitlergruß auf Schlag ins Gesicht eskaliert, sondern in Stufen und der nach Stufe 2-3 immer noch den Arm hebt oder Parolen schwingt, dann muss man davon ausgehen, dass das a) ein Nazi ist und die Moral zutrifft oder b) jemand sehr unreflektiert handelt und letztlich selbstverschuldet entsprechende Konsequenzen tragen muss. Wobei ich nicht glaube, dass sojemand wirklich bis zur Anwendung von Gewalt die Scheiße weitermachen würde. Ansonsten ist keiner von uns n Roboter der strikt nach Regeln vorgeht. Bisschen Menschengespür anwenden ist eindeutig erwünscht.

      Natürlich wäre es schön, wenn man die Probleme auch ohne physische Gewalt lösen könnte, aber ich wüsste nicht wie das praktisch vonstatten gehen soll. Manchmal ist man einfach in einer Situation, in der man nicht passiv sein kann oder bleiben kann ohne sich (aus meiner Sicht) moralisch verwerflich zu verhalten.

      Dieser Beitrag wurde bereits 3 mal editiert, zuletzt von Walnuss (die Echte) ()

      There are 10 types of people - those who understand binary, and those who don't.


    • Der Punkt ist doch, dass selbst wenn Hitler persönlich im Bus vor einem steht, das nicht deine Aufgabe ist, ihm physische Konsequenzen für sein Handeln beizubringen.
      Verbal darf das ja jeder machen wie er möchte. Will derjenige in Reaktion darauf selbst physische Gewalt anwenden darf man sich auch wehren.
      Der Grund aus dem man Nazis öffentlich Kontra geben möchte, sollte doch der sein, den Rechtsstaat zu wahren. Physische Gewalt anzuwenden ist nunmal genau so eine Straftat wie die entsprechende Geste und in Verbindung mit dem damit verbundenen moralischen Erheben über den Rechtsstaat genauso zu verurteilen.
    • Ich bin zum einen auf deinen Punkt bereits eingegangen: Das ist praktisch nicht möglich, wenn Nazis sich stark genug fühlen. Und zum anderen würde man Hitler nicht für seine Existens aus dem Zug werfen, sondern weil er nen Hitlergruß macht. Sitzt der brav im Eck: fine.

      Edit: Ich empfehle darüber hinaus die Lektüre des Artikel 20 des GG. (Wobei es für eine moralische Betrachtung unbedeutend ist, was geltendes Recht ist.)

      Dieser Beitrag wurde bereits 1 mal editiert, zuletzt von Walnuss (die Echte) ()

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    • "Hitler persönlich" war auf die Fraglichkeit im Bezug auf die Nazihaltung des Gegenüber bezogen. Ob die Vermutung, selbst bei erdrückender Indizienlage zutrifft, hat nunmal kein 0815 Bürger zu entscheiden.
      Was praktisch möglich ist, ist beispielsweise die Polizei zu rufen. Wenn es verbal nicht funktioniert den Gegenüber von seiner Handlung abzubringen, muss man sich nunmal alle Strophen des Horst-Wessel-Lieds bis zum Schluss anhören, wenn einem der Rechtsstaat (siehe vorheriger Post) nicht egal ist.
    • Cloud schrieb:

      "Hitler persönlich" war auf die Fraglichkeit im Bezug auf die Nazihaltung des Gegenüber bezogen. Ob die Vermutung, selbst bei erdrückender Indizienlage zutrifft, hat nunmal kein 0815 Bürger zu entscheiden.
      Dem hatte ich bereits einen Absatz gewidmet. (Die Haltung ist einem egal. Man unterbindet das Verhalten.)

      Meine Eskalationsstufen waren auch als Beispiel anzusehen, hatte keine Lust jetzt noch ausführlicher zu werden und 1000 Eventualitäten auszudenken. In Realität wird das ganze wesentlich nuancierter ablaufen und auch niemals genau zweimal identisch. Denke das wäre klar gewesen. Falls nicht, dann halt nochmal nachträglich explizit...
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    • Wir können natürlich weiter ping-pong spielen: Ich hatte auch gesagt, dass ich das rechtliche für eine moralische Betrachtung unerheblich finde. Die ist mir sogar der wichtigste Punkt. Wieso ich jetzt auf eine juristische Debatte umschwenken soll ist mir da schon ein Rätsel.
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      Beitrag von fugo ()

      Dieser Beitrag wurde vom Autor aus folgendem Grund gelöscht: brauch mich nicht einmischen ().
    • Hier ist wiederum der Punkt, dass physische Gewalt anzuwenden ebenso moralisch zu verurteilen ist, wie das Verhalten des entsprechenden Glatzkopfs. Moral und Rechtsstaat liegen hier sehr nah beieinander, da Letzterer auf Ersterem aufbaut und in der Regel darin betrebt ist diese durch unsere Gewaltenteilung zu wahren. Man muss nicht tief in eine juristische Debatte abdriften um das zu erkennen.
    • Cloud schrieb:


      Der Grund aus dem man Nazis öffentlich Kontra geben möchte, sollte doch der sein, den Rechtsstaat zu wahren.
      Der Grund ist es Opfer zu schützen. Ich glaube hier ist auch die grundlegende Meinungsverschiedenheit der beiden Seiten zu sehen.

      Die einen finden, der Rechtsstaat sei das höchste Gut und müsse um jeden Preis gewahrt werden. Wenn der Rechtsstaat versagt, dann ist der eventuell entstehende Schaden hinzunehmen und daraus zu lernen, um es in Zukunft besser machen zu können.

      Die anderen meinen, das höchste Gut sei die Unversehrtheit aller friedliebenden Menschen. Der Rechtsstaat ist hier ein Werkzeug um dieses Gut zu erhalten, aber steht nicht über diesem Ideal. Wenn der Rechtsstaat versagt, dann ist es legitim andere Mittel zu ergreifen um Schaden zu verhindern.

      Ob das jetzt im konkreten Beispiel gegeben war, das ist eine andere Diskussion. Die ist aber wegen der sehr vage gehaltenen Ausgangssituation quasi nicht führbar. Ich denke nur fürs Zeigen eines Hitlergrußes ist es schwer physische Gewalt zu rechtfertigen. Aber wir wissen ja auch nicht was da sonst noch so vorgefallen ist und ob es eventuell noch andere Gründe gab.

      Ob Gewalt gegen Rechtsextremismus im Allgemeinen aber legitim ist hängt denke ich davon ab, wie man zu den beiden genannten Optionen steht. Ich persönlich tendiere ja dazu die erste Variante zu bevorzugen. Ich erkenne aber auch an, dass das um so schwerer zu halten ist, um so mehr der Rechtsstaat versagt. Wenn die Bevölkerung nicht ausreichend vom Rechtssystem geschützt wird, dann ist es auch wertlos an diesem festzuhalten.

      Ich denke wir stimmen z.B. alle darin überein, dass es in Nazideutschland im Zweiten Weltkrieg vollkommen legitim wäre das Recht zu brechen und z.B. Juden vor der Verfolgung zu beschützen, notfalls auch mit Gewalt. Irgendwo bricht das blinde Vertrauen in den Rechtsstaat also, und da ich zu keiner Bevölkerungsgruppe gehöre die den unmittelbaren Schaden rechter Gewalt zu ertragen hat, sehe ich mich auch nicht in der Position zu entscheiden wo genau das ist.
    • Sehr gut gesagt! Props an dieser Stelle.

      blutgarten schrieb:

      Ich erkenne aber auch an, dass das um so schwerer zu halten ist, um so mehr der Rechtsstaat versagt. Wenn die Bevölkerung nicht ausreichend vom Rechtssystem geschützt wird, dann ist es auch wertlos an diesem festzuhalten.
      Gut dass wir uns einig sind, dass das im Bezug auf das Zeigen einer Nazi-Geste davon noch weit entfernt ist.
    • Ich stimme ja zu, dass Gewalt generell moralisch zu verurteilen ist. Aber es in jedem Fall als moralisch verwerflich zu sehen halte ich für eine genauso falsche Aussage.

      Ich sehe das ganze eher als ein Kräftemessen, bei dem, wenn keine der Parteien einsichtig ist oder sich zurückzieht nur noch Gewalt als höchste Form der Eskalation übrig bleibt. Die Mechanik hatte ich dachte ich beschrieben. Wenn man mir eine falsche Moral aufzeigen will und mich tatsächlich von meinem Standpunkt abbringen möchte, wäre es nötig mir darin meinen Fehler zu zeigen. Das sehe ich aber nicht, wenn man mir sagt Selbstjustiz ist nicht das Gegenteil von Pazifismus oder dass ich mich unmoralisch verhalte weil Gewalt nicht in Ordnung ist. Das sind Aussagen keine Argumente. Wenn meine Argumentation so mega schief hängt, sollte es doch einfach sein mir einen Denkfehler aufzuzeigen.

      Zum Punkt Selbstjustiz: Angenommen ein Polizist wäre mit im Abteil, hätten wir ja gar keine Diskussionsgrundlage. Aber eine nachträgliche Strafe für einen Nazi - nichtbeachtend, dass das in der Realität eher eine Seltenheit darstellt - hilft in dem Fall ja nicht den Leuten im Zugabteil, denen der Gruß gilt. Solidarität alleine hilft ab einem gewissen Niveau an Rechtsradikalität im öffentlichen Raum nicht mehr. Man muss auch dafür sorgen, dass die Leute sich sicher fühlen können. Wäre das der einzige Fall seit 10 Jahren, wäre das mit Sicherheit überzogenes verhalten, aber so schaut Deutschland heute leider nicht aus. Gab hier im Thread genügend Beispiele dazu.
      There are 10 types of people - those who understand binary, and those who don't.
    • devilchen schrieb:

      Kola_mit_Ice schrieb:

      devilchen schrieb:

      Wie südi korrekt meinte, sollte das aber job der polizei sein und nicht der von random vermummten
      „Sollte“ ja, aber die Polizei war, gerade zu der Zeit in Jena, sicher selbst stark von Rechtsextremen infiltriert. Im Osten nichts Neues
      also wundert mich nicht, dass die polizei sehr mit rechten besetzt ist. Die linke skandiert ja schon ewig "acab", ist dann halt ne self fulfilling prophecy. Dass es ins rechtsextreme neigt ist versagen von allen seiten. Macht mich immer etwas traurig wenn menschen nicht mehr miteinander reden können und alles in lagerdenken überschwappt.

      till schrieb:

      habe ich auch nicht behauptet
      genau so wenig wie jemand behauptet hat dass die polizei rechtsextrem ist weil menschen acab schreien
      Finde schon, dass devilchen das mindestens in Zusammenhang gebracht und impliziert ("self fulfilling prophecy") hat. Und das hat mich doch ziemlich getriggert.
      FREE Hat
    • es ist auch ein einfluss
      es ist nicht DER einfluss, ich sage nicht dass es keine rechtsextremen geben würde wenn niemand acab schreit
      aber es ist ein einfluss
      sind halt viele verschiedene faktoren die da wirken, und auch wenn nur eine einzige eskalation durchs verzichten des acab schreien verhindert werden kann ist es das schon wert
      weil einen positiven einfluss wird der spruch nie haben (falls doch nennt mir bitte ein beispiel)
      man kann auch konstruktiv kritik üben (und sollte das auch, ich bin absolut kein freund der exekutive, aber ich erkenne ihre notwendigkeit zu einem gewissen grad an) ohne sämtliche polizisten über einen kamm zu scheren
      gibt nämlich auch genug polizisten die keine arschlöcher sind
      ist halt nicht alles schwarz und weiss
    • Boah ist das ein ekliges Niveau hier manchmal.
      "There comes a moment when creation ceases to be tragic, it is simply taken seriously. Then the person deals with hope, but hope is not his task. His task is to turn away from excuses."
    • (((luke))) schrieb:

      till schrieb:

      weil einen positiven einfluss wird der spruch nie haben (falls doch nennt mir bitte ein beispiel)
      Solidarität zeigen gegenüber Opfern von Polizeigewalt
      Sehe ja nicht wie ein "ACAB" Solidarität mit Opfern von Polizeigewalt zeigt. Das ist einfach nur eine Diffamierung von allen Polizeibeamten.
      Byron - Attributmagier
      Der Korpothread

      Oster schrieb:

      Wenigstens shrodo denkt mit.





      "some games just feel so unthrowable until you suddenly lost"