Gendergerechte Sprache

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    • Walnuss (die Echte) schrieb:

      Ich hab ja schon mit dem Labeln von *,_ , Partizipform, etc als "gendergerecht" ein Problem.

      Das impliziert, dass das generische Maskulinum das nicht wäre. Ich lass ja mit mir über das für und wider vom Effekt dieser Schreibformen diskutieren. Aber erst mal den moralischen Highground claimen und die Gegenseite direkt abstempeln wollen, obwohl die Faktenlage dazu echt dürftig ist, zeigt halt, dass es mehr ein Politikum ist als eine wissenschaftliche Auseinandersetzung mit der Thematik. Und darauf hab ich idR keine Lust

      Der_Busfahrer. schrieb:

      [Z]umindest für mich ist das ganze eigentlich auch ein absolutes nicht Thema, weil du mit gendern weder Deutschland rettest noch in den Untergang treibst. Wir haben viel wichtigere Probleme und ich persönlich wundere mich schon warum wir unseren Fokus auf Sprache legen, statt auf echte, reale, Diskriminierung wegen des Geschlechts

      Ich hatte vorgestern bereits zu einem polemischen Post angesetzt, da mir Walnuss' (und später auch Langbutters) Standpunkt als technokratisch/anti-demokratisch aufgestoßen ist (kenn auch gerne noch elaborieren).
      Denn die Forderungen nach gendergerechten Ausdrucksweisen (auf öffentlicher/gesellschaftlicher Ebene) implizieren nicht nur die Gender-Ungerechtigkeit des generischen Maskulinums, sondern beinhalten als wesentlichen Punkt die Proklamation dieser Ungerechtigkeit. Es handelt sich dabei eben dezidiert um ein Politikum und nicht um eine wissenschafltiche Debatte (wenn auch mehr oder weniger wissenschafltiche Argumente bzw. Ansprüche vielerorts geltend gemacht werden).
      Zudem finde ich es auch falsch in diesen Kontexten immer wieder von "moral high grounds" zu sprechen. Wenn schon, dann wären es "political high grounds". Die treffende(re) Sichtweise ist meines Erachtens aber, dass es dabei um Grenzziehungen (oder auch Klärungen der Fronten) im politischen Raum geht, der nunmal (als antagonistisch und im weiten Sinne populistisch konsituiert) auf unterster Ebene binär strukturiert ist. Von der Position in einer konkreten Sache auf die selbe in anderer Sache zu schließen (anti-gender zu sein, heißt AFD-Wähler zu sein) ist natürlich dennoch polemisch.

      Ich habe den Post dann doch verworfen, weil wie Busfahrer und andere durchaus nicht unrichtig sagen, gendergerechte Sprache auch ein Nicht-Thema ist und zwar eben in dem Sinne, dass es nur mittelbar auf die materiellen (wohlgemerkt inkl. in alltäglichen sowie intitutionellen Praxen bzw. auf Ebene des Staates kristallisierter sozialer Verhältnisse/Beziehungen) Ungerechtigkeiten verweist und diese Mittelbarkeit zwar weder grundsätzlich belegt, noch widerlegt ist, aber das Primat der symbolischen/diskursiven Ebene dennoch strategisch zweifelhaft ist.
      Am Ende haben wir es bei der Debatte um gendergerechte Sprache also doch eher mit "Hyperpolitik" zu tun, d.h. einem hochpolitisiertem Thema ohne wirklicher politischer Konsequenzen (shoutout an Ines Schwerdtner an dieser Stelle), was wiederum von rechter/konservativer Seite genutzt und noch weiter hochstilisiert wird, um von anderen Dingen abzulenken, diese zu überdecken oder auch nur um einen medienwirksamen Strohmann zu haben.

      Die in meinen Augen entscheidende Fragen sind dann jedoch, warum dem so ist, wie es dazu gekommen ist und was man daraus für die feministische Bewegung im Ganzen ableiten kann oder sollte.

      Ich meine, die Tendenz, dass seit einiger Zeit von den vielseitigen Bemühungen der (intersektionalen) feministischen Bewegung es überwiegend nur noch der Punkt der gendergerechten Sprache in das Warnehmungsfeld/den Diskurs der breiten Bevölkerung schafft, ist ein Zeugnis der momentanen relativen Schwäche des feministischen Kampfes bzw. einer gewissen Niederlage der derzeitigen Generation. Es konnten eben hauptsächlich lediglich die Zugeständnisse erkämpft werden, einerseits die linguistischen Debatten zu führen und andererseits gender studies als Insel des Einflusses im akademischen Milieu zu etablieren (was dennoch einen gewissen Erfolg darstellt).
      Es scheint nun so, dass zur Zeit nicht genug politische Kraft mobilisiert werden kann, um über diese Zugeständnisse hinaus zu kommen, sodass diese Sphären wohl leider vorerst der Hauptschauplatz für den feministischen Kampf bleiben und die Vorwürfe unter dem Banner "Luxusproblem der weißen Frauen aus der Mittel- bzw. Akademikerklasse" nicht ohne weiteres entkräftet werden können.
      Wie so oft ist also meines Erachtens wieder gefragft, mehr bevölkerungsnahe politische Arbeit zu leisten, unmittelbar (oder weniger mittelbare) materielle Forderungen zu popularisieren und breitere Gesallschaftsgruppen zu mobilisieren bzw. zu organisieren.
    • ich handle es wohl wie die meisten hier, wenn ich mich in einem umfeld befinde, dem das wichtig ist, mach ich's auch.

      arbeitstechnisch befinde ich mich in einem umfeld mit 80%+ frauenquote und eher geringer akademikerdichte. die allermeisten (ja, auch bzw vor allem die frauen) werden in diesem leben nicht anfangen zu gendern wenn sie niemand zwingt. tenor ist allgemein, dass man sich als frau etwas verarscht fühlt, wenn die kohle hinten und vorne nicht reicht, aber dann erzählt dir irgendwer, dass dein leben sich verbessert wenn alle gendern. was ganz praktisch gedacht halt nicht stimmt.

      genderverbote à la bayern oder hessen sind natürlich absoluter schmutz, sollte es niemals geben, gehört dringend wieder abgeschafft.
      Ne marche pas devant moi, je ne te suivrai peut-être pas.
      Ne marche pas derrière moi, je ne te guiderai peut-être pas.
      Marche à côté de moi et sois simplement mon amie. - Albert Camus
      Sundry's Gameblog! NEUER POST: Hunt: Showdown
    • Bin nicht sicher ob ich elephants ersten Teil komplett richtig verstanden habe, aber gerade der letzte Punkt stört mich immens.

      Es wird zwar immer auf die Gegenseite abgeschoben, aber bei solchen Themen (gleiches gilt übrigens auch für Klimawandel und bestimmte Kriege) wird teilweise so unproduktiv thematisiert und diskutiert, dass ich mich ehrlich frage, wie man "sich wundern" kann, das nichts passiert bzw die Gegenseite so viel Stimmung macht.
      Aus eigener Erfahrung ist es nämlich nicht so unglaublich schwer ein allgemeines und auf Augenhöhe stattfindendes Gespräch über solche Probleme zu sprechen, aber ich habe genauso viele Gespräche geführt in der die ursprüngliche Prämisse war, dass jemanden der Penis abgeschnitten werden soll.

      Also wenn du logisch diskutieren willst, sollte deine Logik haltbar sein, wenn du moralisch diskutieren willst, solltest du moralisch auch relativ auf stabilem Boden stehen und wenn du mit Wissenschaft argumentieren willst, dann sollte deine Hoffnung nicht sein, dass die Gegenseite zu dumm oder ignorant ist, die Schwächen deiner Wissenschaft sehr simpel offenzulegen.

      OtT inc:
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      Ich reite mal vom Thema weg und gebe ein Beispiel, welches mir am Herzen liegt. Hollywood und ihr "Versuch" Frauen und Diversität in den Vordergrund zu pushen ist das Traurigste, was man sich vorstellen kann.
      Da wird in der Regel ein durch und durch "männlicher" Charakter genommen, den man zu einem Vollidioten umschreibt und durch eine Frau ersetzt, die ebendiese negativ konnotierten "männlichen Eigenschaften" oft noch viel ausgeprägter zeigt.

      Okay dann muss aber zumindest der Film gut sein... Bei den meisten, welche ich gesehen habe ist dies nicht der Fall.

      Also habe ich einen Film über den großartigen losthope, ersetze ihn dann aber mit Kätzchen in einem eher unterdurchschnittlichen Plot

      UND DANN wird die fanbase, welche ihrem Ärger Luft macht, öffentlich als rassistisch sexistisch und bkb kaufend dargestellt.

      Wie plant man so dafür zu sorgen, dass Frauen in Filmen besser dastehen und akzeptiert werden?


      So, musste meinem Ärger Luft machen.
      Unter 100 Menschen liebe ich Einen, unter 100 Hunden 99...
      Knowing the difference between the easy way and the right way

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      Wir fliegen immer höher
      hier sind wir frei
      Wir sind bereit unsren Weg zu gehen
      hier oben kann uns nichts geschehn!!!
      Die Erde bebt denn unser Kampf ist noch nicht vorbei
      Doch unser Wunsch wird irgendwann in Erfüllung gehn

      Siehst du wie das Eis zerbricht
      kannst du das Feuer sehn?
      Wir müssen den Kampf bestehn
      Unsere Welt wird sonst irgendwann unter gehn

      Chala - Head - Chala
      Gib niemals auf ich weiß das Feuer brennt in dir
      bald hast du dein Ziel erreicht

      Chala - Head - Chala
      Öffne dein Herz du hast die Macht alles zu tun
      ich weiß du kannst es schaffen

      Chala - Head - Chala
      Spürst du die Kraft die tief in deiner Selle wohnt
      sie führt dich zu den Dragonballs

      Chala - Head - Chala
      Dein Traum wird irgendwann wahr doch der Weg
      ist noch so weieieieieeit


      And sometimes you have to go back,
      To know just where you have been
      But were old enough to know that
      What has been will be again (and again)

      And the bravest of faces are the ones where we fake it
      And the roles that we play

      Nothing matters when the pain is all but gone
      When you are finally awake
      Despite the overwhelming odds tomorrow came
      And when they see you crack a smile
      And you decide to stay awhile
      You'll be ready then to laugh again


    • Jan schrieb:

      Ansonsten interessiert mich noch was genau wer hier diskutiert. Es ging (meinem Verständnis nach) erst ganz grob und allgemein um das Ergebnis der Diskussion im Ratskeller und danach um verpflichtendes Gendern in bspw. Schulen/Universitäten. Es ging kurz um das generische Maskulinum und um den wissenschaftlich bewiesenen Effekt von gegenderter Sprache. Es ging darum, ob gegenderte Sprache diskriminierend sei. Es ging kurz um anekdotische Evidenz und Erfahrungen mit dem Thema und auch darum wie die Gesellschaft im Allgemeinen und im Schnitt zu gendern steht.
      Und das sind ja auch alles irgendwo interessante und diskussionswürdige Punkte, aber bei vielen Beiträgen weiß ich einfach nicht worauf sie sich nun beziehen und für oder gegen was sie versuchen zu argumentieren. Das macht es mir ziemlich schwer auf irgendwas einzugehen und führt glaube ich auch zu dem (zumindest von mir so empfundenen) Aneinandervorbeigerede.
      Fände es geikl, wenn wir versuchen könnten dahingehend ein wenig klarer zu sein

      Neben dieser Sache

      lubold schrieb:

      Ja, das stimmt. Soll das ein Punkt für oder gegen irgendwas sein? (Ernstgemeinte Frage, soll kein Sticheln sein, ich weiß nur nicht so richtig, was du mir oder anderen damit sagen willst)
      interessiert mich jedenfalls noch wie das hier gemeint war:

      Walnuss (die Echte) schrieb:

      Es hakt halt immer irgendwo. * und _ ist für mich diskriminierend
      und wie du ( @Walnuss (die Echte)) nach der Erkentniss nun auf die Sache mit dem Wahlrecht der Schweiz reagieren würdest
      Stichwort "akademischer Soziolekt" ist hier schon gefallen. (ad zitiertem Text)

      Ad konkreter Frage: Ich habe absolut 0 Ahnung von Jura in der Schweiz. Wenn ich mein Wissen über Deutschland anwende: Man liest jur. Texte/Gesetze grundsätzlich anders als "normales Deutsch". So ein Text muss ausgelegt werden und dafür git es mehrere mögliche Kriterien (de.wikipedia.org/wiki/Auslegung_(Recht)#Auslegungsmethoden). In diesem Kontext kann man Aufgrund der historischen Auslegung sehr wohl sagen "Schweizer" waren nur Männer gemeint. Genauso kann man das Gesetz heute anders auslegen. Wie konkret die Schweiz den rechtlichen Missstand aufgelöst hat, hat mMn nichts mit Gendern oder natürlichem Sprachverständnis zu tun.

      In die gleiche Schiene schlägt das "all men are created equal" der US Verfassung, bei dem man das rechtlich anders gelöst hat.

      Die Frage is für mich jetzt aber letztlich nicht spezifisch genug. Auf was soll ich reagieren? Wenn ich allgemein bleibe: Als Beispiel für "wie Wörter gedeutet werden", sind juristische Texte (zumindest im Kontext von Deutschland, weil ich nur mit dem Rechtssystem vertraut bin) schlecht tauglich, weil die Auslegung der juristischen Sprache eigenen Regeln unterliegt. (Was nötig ist um Spielregeln zu haben, die die fuzzyness, die Sprache mit sich bringt, auflöst.)


      boobold schrieb:

      Walnuss (die Echte) schrieb:

      Das Standardwerk für Linguistik was in den Genderstudies oft herangezogen wird, ist z.B. ein Werk das unter Linguisten keine Akzeptanz hat, da es fachlich nicht haltbar ist.
      Wenn wir eh nochmal reingehen, würde ich auch noch gerne wissen, welches Standardwerk das genau sein soll.
      Ich wollte das damals schon direkt mitgeben aber hab das dann auf die Schnelle nicht mehr im Podcast gefunden den ich dazu gehört hatte. Hab mir jetzt nochmal die Mühe gemacht das nachzuhören: de.wikipedia.org/wiki/Das_Deutsche_als_M%C3%A4nnersprache

      Ich muss da nochmal korrigieren und es sind nicht Linguisten die dieses Werk als fachlich unhaltbar ansehen sondern Indogermanisten. Es ändert aber nichts daran, dass dort Behauptungen aufgestellt werden für eine Fachdisziplin, in der die Autorin keine Fachkenntnisse hat.
      There are 10 types of people - those who understand binary, and those who don't.