(Vor-)Urteile

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    • (Vor-)Urteile

      Hallo Dotasurs.

      Da das Forum momentan mal wieder so aktiv ist, aber längere Diskussionen zum gleichen Thema nur wirklich stattfinden, wenn die Mods was aus den Spamfäden auslagern (machen sie mittlerweile übrigens ziemlich gut :thumbup: ), möchte ich es zur Abwechslung mal direkt mit einem neuen Faden für ein meiner Meinung nach diskutierenswertes Thema versuchen.

      Auf das Thema für diesen Thread kam ich, nachdem ich die auf diesen Post folgende Diskussion im Traummännerfaden gelesen habe. Wenn Menschen sich ein Bild von einem anderen Menschen machen, verbinden sie in der Regel eine Vielzahl an Merkmalen, die dieser Menschen aufweist, und fällen anhand dieser Merkmale ein Urteil. Je mehr man über den Mensch weiß, desto eindeutiger fällt in der Regel dieses Urteil aus. Ich denke, soweit sind wir uns alle noch einig und die meisten Leuten haben an diesem Prozess prinzipiell nichts auszusetzen. Wenn man sich jedoch die Art dieser Merkmale genauer anschaut, werden die Meinungen über die Korrektheit von Beurteilungen recht schnell auseinander gehen.
      Bei der erwähnten Diskussion z.B. konnte man sowohl den Standpunkt finden, nach welchem man Menschen bzw. die Sympathie eines Menschen eigentlich nur aufgrund seiner Worte und Taten wirklich beurteilen kann, als auch den Standpunkt, dass allein schon Äußerlichkeiten auch bereits ein gutes erstes Indiz dafür sein können. Um diese Unterscheidung geht es mir hier aber nicht, sondern ich möchte als dritten Standpunkt gerne aktuell wieder extrem präsente Konzepte wie Rassismus, Sexismus, o.ä. ins Spiel bringen. Dann wird das ganze nämlich nochmal interessanter. Vom Grundkonzept macht es nämlich keinen großen Unterschied, ob man jemanden anhand seiner Handlungen und Anschauungen, anhand seines Körperbaus, seines Auftretens und seiner Kleidung oder anhand seiner Herkunft und seines Geschlechts beurteilt. In allen drei Fällen schreibt man jemandem mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit Eigenschaften zu, die man in der Vergangenheit an anderen Menschen mit den gleichen äußeren oder inneren Merkmalen beobachtet hat. Natürlich wird man diese Wahrscheinlichkeit in der Regel höher ansetzen, wenn man die Handlung eines Menschen für sein Urteil herzieht als dessen Herkunft, aber das Prinzip ist in beiden Fällen das gleiche.
      Warum sind nun Rassismus und Sexismus gesellschaftlich verpönt, während die anderen Arten von (Vor-)Urteilen universell angewandt werden, ohne dass man überhaupt noch darüber nachdenkt? Auf diese Frage werden vermutlich die meisten Leute direkt erwidern, dass der Mensch seine Herkunft und sein Geschlecht nicht beeinflussen kann, während er alle anderen genannten Punkte in seiner eigenen Hand hat. Dieses Argument klingt auch im ersten Moment so überzeugend, dass man sich damit schnell zufrieden geben und die ganze Diskussion als beendet ansehen könnte. Aber wenn man mal genauer drüber nachdenkt, handelt es sich dabei doch gar nicht um ein wirklich Argument. Es ist natürlich eine völlig korrekte Aussage. Sie ändert aber rein gar nichts an dem Prozess des Urteilens. Wenn man sich diesen wie eben beschrieben sozusagen als angewandte Statistik (verfälscht natürlich durch den eigenen Bias) vorstellt, spielt es doch überhaupt keine Rolle, ob der Mensch, über den man sich ein Urteil bildet, etwas für das an ihm beobachtete Merkmal kann oder nicht. Definitive Aussagen über einen Menschen kann man natürlich nicht fällen, wenn man nur seine Herkunft kennt, aber bestimmte mutmaßliche Tendenzen kann man ihm trotzdem zuweisen, egal ob man sich dabei auf wissenschaftliche Untersuchungen stützt oder auf Pseudoempirie aus eigener Erfahrung. Und haargenau das gleiche kann man in Bezug auf die äußeren Merkmale dieses Menschen sagen, obwohl er diese beeinflussen kann.

      Vermutlich wird an diesem Punkt sehr viel Kontra kommen und ich kann mir auch gut vorstellen, dass ich bei meiner Überlegung irgendwas Wichtiges übersehen habe. Aber ich möchte trotzdem abschließend kurz erläutern, was das ganze für meine eigene Einstellung bedeutet. Ich will weder Rassismus gutheißen noch erwarte ich von jedem Menschen, dass er jegliche Vorurteile ablegt und jedem Anderen zunächst vollkommen unvoreingenommen begegnen sollte (auch wenn ich selber gerne irgendwann an diesen Punkt kommen möchte). Allerdings vertrete ich durchaus die Meinung, dass kein grundlegender Unterschied darin besteht, ob ich andere Menschen beispielsweise für ihre Hautfarbe verurteile, für ihren Kleidungsstil in der Öffentlichkeit, dafür dass sie die AfD oder Donald Trump wählen, für ihr Menschenlevel (ist hier ausnahmsweise seriöslich gemeint und nicht als Mem), für ihr Geschlecht, für ihre Hobbies, für ihre Religion, für ihren Humor oder für ihren Bildungsstand.

      Und nun bin ich gespannt auf eure Meinungen zu diesem Thema. Dabei möchte ich euch bitten, nicht zu exzessiv zu memieren um den anderen Leuten nicht die Lust am Diskutieren zu nehmen.
    • roflgrins schrieb:

      Warum sind nun Rassismus und Sexismus gesellschaftlich verpönt, während die anderen Arten von (Vor-)Urteilen universell angewandt werden, ohne dass man überhaupt noch darüber nachdenkt?
      weil es den leuten von kind auf so eingetrichtert wird.
      warum wird das getan? weil es die zur zeit herrschende ideologie so verlangt.

      WE GON TAKE OVER THE WORLD
      WHILE THESE HATERS GETTIN MAD
    • Rassismus ist ja nun auch nicht nur Leute wegen ihrer Herkunft gewisse Charaktereigenschaften zuordnen sondern vor allem eine Wertung nach besseren (der eigenen) und schlechteren Rassen.

      Ehrlich gesagt lassen sich sowieso die allermeisten Menschen durch die Hautfarbe des Gegenübers beeinflussen, wer das nicht tut ist auf jeden Fall unserer Zeit voraus. Wenn ich random mit einem Weißen rede bin ich weniger vorsichtig, mich nicht über Religion lustig zu machen als wenn ich mit einem Araber rede. Weil meine Erfahrung wie auch jede Statistik der Welt sagt dass Araber im Schnitt religiöser sind als Europäer. Ist das rassistisch, weil ich Rücksicht darauf nehme? Wäre es rassistisch, wenn ich keine Rücksicht nehmen würde?
      Let's Play: CK2, Patrizier 2, Anno 1800
    • Bighead schrieb:

      Rassismus ist ja nun auch nicht nur Leute wegen ihrer Herkunft gewisse Charaktereigenschaften zuordnen sondern vor allem eine Wertung nach besseren (der eigenen) und schlechteren Rassen.
      Das ist aber in der Regel auch bei den anderen von mir genannten Vorurteilen der Fall. In der Regel halten Leute die politische Einstellung, die sie selber haben, für die beste (oder zumindest für besser als einige andere) und das gleiche gilt für ihre Religion, ihren Kleidungsstil oder ihre Hobbies.
    • Ist es für euch ein Vorurteil jemanden eine höhere Wahrscheinlichkeit für XY zuzusprechen? Ich denke solange jemanden bewusst ist, dass es nur um ne Wahrscheinlichkeit geht und nicht davon ausgeht, dass der Gegenüber ganz anders sein kann, ist man keinem Vorurteil aufgesessen.

      Wichtiger wird das ganze, wenn es einen unbewusst beeinflusst. Aber zu sagen Deutsche Essen mehr Fleisch/trinken mehr Bier als die meisten anderen Nationen ist jetzt kein Vorurteil. Erst wenn man nicht auf dem Radar hat, dass nicht jeder dem Erwartungswert entspricht, wirds n Vorurteil.

      Zum Schubladendenken allgemein: So funktioniert einfach unser Gehirn. Solang man sich dadurch nicht zu krass verleiten lässt, ist das denke ich ganz normal. Ist natürlich besser, weil fairer dem Gegenüber, wenn man dem nicht zuviel Einfluss gewähren lässt. Aber wenn das jetzt ne wildfremde Person ist und ich auch nicht vor habe mehr Zeit mit ihr zu verbringen bleibt mir ja nichts anderes als sie oberflächlich einzusortieren. Das sollte nur nicht mein Verhalten beeinflussen, wenn man dann doch mal mehr Kontakt haben sollte.
      There are 10 types of people - those who understand binary, and those who don't.
    • roflgrins schrieb:

      Vom Grundkonzept macht es nämlich keinen großen Unterschied, ob man jemanden anhand seiner Handlungen und Anschauungen, anhand seines Körperbaus, seines Auftretens und seiner Kleidung oder anhand seiner Herkunft und seines Geschlechts beurteilt.
      Bei ersterem urteilst du anhand des Individuums, bei letzterem anhand wahrscheinlicher externer Einflüsse auf das Individuum.


      Ausser natürlich man glaubt an so nen Unsinn wie unterschiedliche Rassen yd
      [8:45 PM] WhineTraube: Ich gucke keine twitchhoes
    • roflgrins schrieb:

      Vom Grundkonzept macht es nämlich keinen großen Unterschied, ob man jemanden anhand seiner Handlungen und Anschauungen, anhand seines Körperbaus, seines Auftretens und seiner Kleidung oder anhand seiner Herkunft und seines Geschlechts beurteilt. In allen drei Fällen schreibt man jemandem mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit Eigenschaften zu, die man in der Vergangenheit an anderen Menschen mit den gleichen äußeren oder inneren Merkmalen beobachtet hat.
      Der durchschnittliche Rassist formuliert aus seinem Hass gegenüber Ausländern heraus aber andere Schlüsse und Ziele als ich gegenüber Menschen, die Schlagerhosen tragen.
    • Sunslayer schrieb:

      roflgrins schrieb:

      Vom Grundkonzept macht es nämlich keinen großen Unterschied, ob man jemanden anhand seiner Handlungen und Anschauungen, anhand seines Körperbaus, seines Auftretens und seiner Kleidung oder anhand seiner Herkunft und seines Geschlechts beurteilt. In allen drei Fällen schreibt man jemandem mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit Eigenschaften zu, die man in der Vergangenheit an anderen Menschen mit den gleichen äußeren oder inneren Merkmalen beobachtet hat.
      Der durchschnittliche Rassist formuliert aus seinem Hass gegenüber Ausländern heraus aber andere Schlüsse und Ziele als ich gegenüber Menschen, die Schlagerhosen tragen.
      Is klar Aaron, macht natürlich keinen Unterschied ob du jemanden nach Faktoren beurteilst die er bewusst selbst beeinflussen kann oder nach solchen über die er keine Kontrolle hat.
      Dein Ernst?
      (18:05:53) <roflgrins> schaue grade TI vods xD
    • Sunslayer schrieb:

      Der durchschnittliche Rassist formuliert aus seinem Hass gegenüber Ausländern heraus aber andere Schlüsse und Ziele als ich gegenüber Menschen, die Schlagerhosen tragen.
      Wenn du mit literal der gleichen Methode überlegene Ergebnisse produzierst musst du wohl der überlegene Mensch sein.
      [8:45 PM] WhineTraube: Ich gucke keine twitchhoes
    • Bin etwas verwirrt von der Argumentation

      Erst schreibst du, dass das Grundprinzip von Vorurteilen immer gleich ist, egal ob man sich auf Verhaltensweisen oder nur Herkunft (ich konzentrier mich mal nur auf die beiden) stützt, auch wenn man beiden unterschiedliche Wahrscheinlichkeiten zuordnet.
      Weiter unten implizierst du dann, dass man berechtigt ist, einem Menschen bestimmte Tendenzen zuzuordnen nur aufgrund der Herkunft, und auch unabhängig davon, ob man seine Ansichten aus wissenschaftlichen Quellen bezieht oder aus der eigenen Pseudoempirie.

      Ich finde, dass da eine eklatante Lücke zwischen den beiden Sätzen besteht, die durch deine Erwähnung von Wahrscheinlichkeit zwar angedeutet, aber dann ignoriert wird.

      Man kann, wenn man will, menschlichen Erkenntnisgewinn anhand von Wahrscheinlichkeiten beschreiben. Sagen wir also z.B., dass meine Annahme T ist, dass rolfgrins eine schwarze Hautfarbe hat. T hat für dieses Beispiel jetzt die Anfangswahrscheinlichkeit 0.2 (ich weiß, wie du aussiehst, das ist grad nur iwas Blödes zum verdeutlichen), z.B. weil ich neu im Forum bin und nicht davon ausgehe, dass hier viele Schwarze angemeldet sind. Irgendwas lässt mich jetzt vermuten, dass du schwarz bist - deine Liebe zum Basketball z.B., von der ich gerade das erste Mal gehört habe.
      Dadurch wächst die Wahrscheinlichkeit von T von 0.2 auf 0.4 in meinem Kopf. Was ist passiert? Ich weiß, dass Basketball ein "eher schwarzer" Sport ist in dem Sinne, dass - im Vergleich zu anderen populären Sportarten - dieser Sport von verhältnismäßig vielen amerikanischen Schwarzen ausgeübt und angeschaut wird. Ich weiß aber auch, dass viele Weiße den Sport ebenso mögen, daher springt die Wahrscheinlichkeit nicht direkt auf 0.9. Wäre die Wahrscheinlichkeit auf 0.9 gesprungen, obwohl ich weiß, dass auch sehr viele Weiße den Sport mögen, dann wäre ich darin ungerechtfertigt gewesen, wohingegen der kleine Sprung von 0.2 auf 0.4 (der eigentlich gar nicht so klein ist, aber das ist mir grad egal) sehr viel stärker gerechtfertigt erscheint.

      Die wichtigen Fragen sind also: Welche Wahrscheinlichkeiten sind gerechtfertigt? Wie groß darf die Änderung sein bei welcher Empirie?
      Daneben gibt es noch andere Fragen, wie z.B.: ab welcher Wahrscheinlichkeit darf ich mit einiger Sicherheit davon ausgehen, dass ich richtig liege mit meiner Annahme? Ab wann darf ich von gut begründeter Vermutung sprechen, ab wann von Wissen? (Eine Wahrscheinlichkeit von 1 ist theoretisch unmöglich).

      Nehmen wir jetzt ein anderes Beispiel, ein brisanteres, meinetwegen. Betrachten wir meine Annahme, dass ein Flüchtling aus Marokko ein Dieb ist.
      Wenn ich gar nichts über einen Menschen weiß, auch die Herkunft nicht, dann sollte die Anfangswahrscheinlichkeit bei 0.5 liegen - könnte man zumindest meinen, aber tatsächlich lässt sich auch darüber diskutieren, denn das könnte man so deuten, dass ein Mensch mit 50% Wahrscheinlichkeit ein Dieb ist - einfach nur deswegen, weil er Mensch ist. Eine schwer begründbare Annahme.

      Gehen wir aber trotzdem mal davon aus, da Anfangswahrscheinlichkeiten nochmal ein Extrathema sind. Ich habe also die Anfangswahrscheinlichkeit 0.5 für jeden Fremden. Dann lerne ich, dass dieser bestimmte Mensch aus Marokko stammt. Jetzt weiß ich ein paar Dinge über Marokko, oder besser, ich glaube einige Dinge über Marokko zu wissen. Ich glaube z.B., dass unverhältnismäßig viele Marokkaner Diebe sind, vielleicht weil das so ein Mentalitätsding von da unten ist. Aufgrund dieses Wissens verschiebe ich meine Wahrscheinlichkeit Richtung "Flüchtling ist Dieb" und weg von "Flüchtling ist kein Dieb" - aber auf was? Auf 0.6? 0.8? 0.51?

      Wenn ich es auf 0.51 verschieben sollte, dann gäbe es zwar eine Änderung, aber die wäre nicht der Rede wert. Sollte ich es hingegen auf 0.8 verschieben, dann ist diese Änderung stark und ich gelange dann auch so langsam in den Bereich, in dem ich von "starker Vermutung bis nahezu Wissen" sprechen kann.

      In welcher Änderungsspanne bin ich gerechtfertigt?

      Hier wird jetzt wichtig, woher mein Wissen über Marokko stammt (bzw. erst einmal, wie sicher ich mir in meiner Annahme bin, dass in Marokko viele Diebe wohnen, aber das ignorier ich jetzt mal und geh davon aus, dass ich dem die Wahrscheinlichkeit 0.95 zugeordnet habe). Habe ich dieses Wissen, weil ich mal Urlaub in Marokko gemacht habe und beklaut wurde? Habe ich es, weil mein Vater mir von seinem Urlaub erzählt hat? Habe ich es, weil ich da 5 Jahre lang gelebt habe? Oder habe ich es aus einem Schmierblatt? Hat meine Mutter immer gesagt, dass das alles Diebe sind und ich hab das schon als Kind übernommen? Habe ich eine wissenschaftliche Studie dazu gelesen, die das gründlich nachgeforscht hat? Habe ich von einer wissenschaftlichen Studie gehört, die das nachforschte? Habe ich eine Studie genommen, die dieses Phänomen eigentlich gar nicht untersucht hat, aber ein anderes Phänomen, das (in meiner Überzeugung) eine hohe Korrelation aufweist und habe daher Rückschlüsse gezogen?

      Und so weiter. Jede einzelne dieser Ursprünge meines Wissens rechtfertigt eine andere Wahrscheinlichkeitsänderung. Das ist intuitiv sofort erkennbar, auch wenn man über den genauen Zahlenwert diskutieren kann - die ungefähre Spanne wird von nahezu jedem Menschen sehr ähnlich bewertet. So rechtfertigt das Nachplappern der Muttermeinung zu einer weit geringeren Wahrscheinlichkeitsänderung als 5 Jahre Leben dort unten.

      Auf ähnliche Weise berechtigen das Wissen über Herkunft und das Wissen über Verhaltensweisen eines Menschen zu unterschiedlichen Wahrscheinlichkeitsänderungen - und wir würden wahrscheinlich sagen, dass letzteres meistens eine größere Änderung rechtfertigen kann als ersteres.

      Wenn ich also sage "Vorsicht vor dem, der ist ein Dieb", dann impliziere ich damit, dass ich das weiß, ergo dass ich dem eine Wahrscheinlichkeit von >0.9 oder so zuordne. Die meisten Menschen würden aber (imo gerechtfertigterweise) entsetzt sein, wenn sie hören würden, dass ich das einfach nur aufgrund seiner Herkunft annehme. Denn wir finden nicht, dass dieses Wissen alleine eine so große Änderung rechtfertigen kann.

      Habe ich ihn hingegen etwas stehlen sehen und kann das glaubhaft versichern, sieht das anders aus.

      Weiß ich nur von seiner Herkunft, dann berechtigt das (imo) zu einer ungefähren Wahrscheinlichkeitsänderung von 0.01-0.1, also ändert sich meine Annahme von 0.5 auf etwas zwischen 0.51 und 0.6. Das berechtigt mich nicht dazu, diesen Menschen jetzt als Dieb zu bezeichnen - denn von gut begründeter Annahme oder gar Wissen bin ich noch weit entfernt.

      Ich will das an der Stelle mal abbrechen, obwohl man dazu seitenlang schreiben könnte. Der Hauptpunkt ist klar geworden, denke ich.

      Du hast jetzt oben zuerst geschrieben, dass solche (Vor-)Urteile dem gleichen Prinzip folgen, und dem stimme ich zu, weil das grundlegend berührt, wie Menschen urteilen.
      Dann hast du aber geschrieben (oder zumindest impliziert), dass man in jedem dieser Urteile gewissermaßen gerechtfertigt ist, eben weil sie demselben Prinzip folgen. Das war die Argumentation, aber dem stimme ich absolut nicht mehr zu - du übersiehst, dass man solche Urteile/Beobachtungen in "sollte unsere Meinung kaum ändern" und "sollte unsere Meinung stark ändern" aufteilen sollte.

      P.S. Wer mehr über Rechtfertigung lesen möchte, klicke auf diesen Link.
      Das ist eine gute Einführung in die Erkenntnistheorie. Meine Ausführungen sind vergleichweise naiv.

      Dieser Beitrag wurde bereits 2 mal editiert, zuletzt von la* dowN ()

    • Das wird jetzt lang:

      Tut mir leid, wenn ich das übersehen habe, aber ich denke du hast noch nicht viel über die positive bzw. negative Konnotation der Vorurteile nachgedacht. Rassismus und Sexismus sind so erdrückend, weil dadurch von einigen Menschen extrem schlechte Bilder entstehen und weniger über die "guten" Vorurteile im Bezug auf Geschlecht, Religion und Herkunft gesprochen wird.

      Beim Aussehen kann man aber ähnliche Ausprägungen erreichen. Nehmen wir nur mal Piercings und Tattoos (shoutout an die monatliche Diskussionsgruppe).
      Ich kann damit echt nichts anfangen und wenn ich Menschen mit vielen Tattoos und Piercings sehe, weiss! ich dass bei denen irgendwann mal was falsch gelaufen ist. Ähnliches gilt aber generell für radikale "Typenveränderung". Als meine beste Freundin damals ihre hellblonden Haare dunkelbraun gefärbt hatte und mir erzählen wollte, dass sie dadurch jetzt viel glücklicher ist, war mir sofort klar, dass sie einfach das Gefühl hatte nicht ernst genommen zu werden und dies dem Blondinenstatus zugeschrieben hatte. Hatte natürlich recht damit und nach ein paar Monaten war sie wieder blond, hat aber ihre Art etwas verändert. Was schade war, denn der Mensch der sie vorher war, war ein viel werrtvollerer, als der den sie jetzt überwiegend darstellt.

      Möchte jetzt auch nicht rantend rüberkommen im Bezug auf solche Körperveränderungen, aber ich find sie ganz selten schön und habe jedes mal schön erkannt, dass mein Gegenüber irgendwann in seinem Leben mal ein echtes Problem hatte. Kunststück, das hat jeder Mensch, wenn du nur tief genug in seiner Persönlichkeit gräbst, aber ich möchte damit beispielhaft aufzeigen, dass ich Vorurteile nicht verurteile, solange man sich über die Ursache und Wirkung bewusst ist.

      Dazu eine Geschichte:
      Anfang des Semesters bin ich extrem spät zum Volleyballkurs gekommen, hatte den Theorieteil verpasst (was mir natürlich auch ein Image verpasste^^) und stand dann in der Praxis vor Menschen, über die ich keinerlei Info hatte (abgesehen von den Jungsund Mädels , die ich sowieso kannte). Im Zuge der ersten Spielreihen mit verschiedenen Partnern stand dann ein verdammter Engel vor mir. Ganz im Ernst, auf den ersten Blick war das unglaublich. Der zweite Blick dann 2 Tage später in der nächsten Stunde zeigte mir einen Menschen der... Achtung Plotwolliver: Ein offensichtliches Piercing im Gesicht und mindestens 2 Tattoos an den Armen hatte. Dinge die mir in der ersten Stunde nicht aufgefallen sind. Gleichzeitig bemerkte ich auch am Kleidungsstil, der ähnlich speziell war dass das kein Zufall war und sie eine gewisse Botschaft auszusenden suchte. Ich lernte relativ schnell ziemlich viel über diesen Menschen (denke ich) und auch wenn ich zwei völlig unterschiedliche Ansichten von ihr hatte, von dem einer ein Warnsignal auslöste, erkannte ich dass diese Dame unter ihrer etwas ungewöhnlichen "Schale" ein wirklich herzensguter Mensch zu sein schien. Die Frage war dann für mich: Was ist bei diesem Menschen schief gelaufen und hat er es überwunden? Ich bin da vll. etwas biased, aufgrund obiger Freundin, aber genau an diese Person erinnerte sie mich. Ich gehe davon aus, dass sie ebenfalls mit dem Stempel des süßen Blondchens zu kämpfen hatte und zumindest äußerlich dem entgegen gehen wollte. Innerlich hat sie das aber anscheinend nicht negativ beeinflusst. Ich bleib an der Sache dran ^^

      Ich hoffe diese Geschichte zeigt, wie oft wir mit Vorurteilen und früheren Erfahrungen zu einer Ersteinschätzung unseres Gegenübers kommen und wie wichtig es ist, sich darüber im Klaren zu sein, warum man dazu kommt. Vielleicht ist das auch schwer zu verstehen, bin todesmüde und habe heute viel Wasser geschluckt.
      Unter 100 Menschen liebe ich Einen, unter 100 Hunden 99...
      Knowing the difference between the easy way and the right way

      Spoiler anzeigen

      Wir fliegen immer höher
      hier sind wir frei
      Wir sind bereit unsren Weg zu gehen
      hier oben kann uns nichts geschehn!!!
      Die Erde bebt denn unser Kampf ist noch nicht vorbei
      Doch unser Wunsch wird irgendwann in Erfüllung gehn

      Siehst du wie das Eis zerbricht
      kannst du das Feuer sehn?
      Wir müssen den Kampf bestehn
      Unsere Welt wird sonst irgendwann unter gehn

      Chala - Head - Chala
      Gib niemals auf ich weiß das Feuer brennt in dir
      bald hast du dein Ziel erreicht

      Chala - Head - Chala
      Öffne dein Herz du hast die Macht alles zu tun
      ich weiß du kannst es schaffen

      Chala - Head - Chala
      Spürst du die Kraft die tief in deiner Selle wohnt
      sie führt dich zu den Dragonballs

      Chala - Head - Chala
      Dein Traum wird irgendwann wahr doch der Weg
      ist noch so weieieieieeit


      And sometimes you have to go back,
      To know just where you have been
      But were old enough to know that
      What has been will be again (and again)

      And the bravest of faces are the ones where we fake it
      And the roles that we play

      Nothing matters when the pain is all but gone
      When you are finally awake
      Despite the overwhelming odds tomorrow came
      And when they see you crack a smile
      And you decide to stay awhile
      You'll be ready then to laugh again


    • Hatte Kumpel, der ist Neger. Heute kein Kumpel mehr, aber immernoch Neger.
      "There comes a moment when creation ceases to be tragic, it is simply taken seriously. Then the person deals with hope, but hope is not his task. His task is to turn away from excuses."