Rolle von Gewerkschaften

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    • Rolle von Gewerkschaften

      @Der_Busfahrer.

      Ich sehe Gewerkschaften aus einer Vielzahl von Gründen sehr kritisch.

      Erstmal würde ich auf den inzwischen recht bekannten Ausspruch "There is no such thing as a free lunch" eingehen. Wenn man also wie bereits in diesem thread geschehen (Weltgeschehen) mit Dingen wie "Kündigungsschutz, Recht auf Urlaub, Mutterschutz" etc. ankommt muss einem stets bewusst sein, dass 30 Tage Urlaub ja gut und gerne gesetzlich verankert sein können (oder eben gewerkschaftlich), aber das eben nicht "umsonst" ist. Dann bekommt man eben weniger Gehalt, oder die Produkte werden einfach teurer gemacht, was im Endeffekt genau das gleiche bedeutet wie weniger Gehalt (es trägt dazu noch zum Standortnachteil bei). Gewerkschaften wollen "feste Standards", doch feste Standards bedeuten auch, dass die faulen Arbeiter genauso viel bekommen müssen, wie die fleißigen. Arbeitsverträge hingegen sind etwas, was zwischen zwei Parteien ausgehandelt werden und nicht noch durch Gewerkschaften/Gesetzgeber für dich festgelegt.
      Vielleicht reichen einem Arbeitnehmer ja auch 10 Tage Urlaub und er hat dafür lieber ein höheres Gehalt im Monat?
      Vielleicht will der Arbeitnehmer 45 Tage Urlaub, damit er mehr Zeit mit seiner Familie verbringen kann und nimmt dafür finanzielle Abstriche in kauf?
      Vielleicht will die 28 jährige Dame gar kein Mutterschutz, weil sie nicht vor hat in nächster Zeit Kinder zu bekommen und will dafür lieber x?
      Vielleicht ist es einem Arbeitnehmer recht egal, wenn ein Unternehmen nicht nach den neuesten Sicherheitsstandards arbeitet, wenn er dafür seinen Lebensstandard finanzieren kann? Vielleicht ist es ihm auch nicht egal, ich weiß es nicht.

      Und das ist auch schon die Essenz des ganzen. Ich maße mir nicht an entscheiden zu wollen, welche Dinge Priorität im Leben anderer Menschen haben. Ich glaube daran, dass jeder Mensch das für sich selbst individuell entscheiden sollte, mit allen Vorteilen und Nachteilen, die seine Entscheidung mit sich bringt. Und das weder Staat noch Gewerkschaften durch allgemein verbindliche Absprachen diesen Prozess durch puren Zwang an sich reisen sollten.

      Arbeitsverträge sind eine individuelle Sache und er sollte zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer individuell abgeschlossen werden, weil nur so die Chance besteht, dass beide Seiten ihre Bedürfnisse so rechtlich verankern können, wie sie dies gerne wollen. Es bietet Individualität, Freiheit und kann der persönlichen Lebenssituation bzw. den Vorlieben beider Seiten angepasst werden.

      Streikrecht ist für mich kein "Recht", sondern schlicht bullshit. Wenn man einen Arbeitsvertrag unterschreibt, hat man sich an seine Seite der Vereinbarung zu halten period. Wenn eine der beiden Vertragsteilnehmer dies nicht tut, dann gibt es einen Rechtsweg. Durch einen Streik werden alle Arbeitnehmer eines Unternehmens in Geiselhaft genommen, wenn sie mit der Gewerkschaft nichts zu tun haben wollen. Die Konsumenten, die dann Beeinträchtigungen für ihr eigenes Leben hinnehmen müssen, (Bus, Bahn, Flüge etc .) sowieso.

      Es ist leider ein weit verbreiteter Irrtum, dass Gewerkschaften für bessere Löhne oder Arbeitsbedingungen sorgen. Nicht in dem Sinne, dass sie nicht manchmal tatsächlich genau diese Dinge bringen, aber in dem Irrglauben, dass diese Dinge nichts kosten würden auf andere Weise. Wenn die Gewerkschaften der Bäcker und Tshirtverkäufer höhere Löhne durchstreiken, dann kann danach der Tshirtverkäufer halt demnächst mehr Geld für seine Brötchen bezahlen. Es wird auf diese Weise rein gar nichts gewonnen, außer das Leute danach leider dem falschen Glauben aufsitzen, die Gewerkschaft hätte tatsächlich etwas für sie erreicht.
      Löhne ___kann man nicht___ künstlich erhöhen, der einzige Weg zu mehr realer Kaufkraft liegt in besserer/effizienterer Produktion von Gütern.
      Keine Macht der Welt kann das Lohnniveau dauerhaft über Marktniveau hinaus erheben und erst recht keine Gewerkschaft.

      Arbeitnehmer sind auf einem freien Markt ein recht rares Gut und unzufriedene bzw. unmotivierte Mitarbeiter sind der Albtraum eines jeden Unternehmens, weshalb es schon in ihrem ureigenen Interesse liegt, für eine vernünftige Behandlung/Bezahlung ihrer Mitarbeiter zu sorgen. Desto niedriger übrigens die Hürden (Steuern, Regulations etc.) sind selbst ein Unternehmen zu gründen, desto höher die Konkurrenz der Unternehmen untereinander und desto besser die Verhandlungsposition der Arbeitnehmer.

      Neuseeland ist übrigens ein wunderbares Beispiel dafür, welch positive Auswirkungen es für die Arbeitnehmer hat, wenn man das Tarifkartell zerschlägt und das System kollektiver Arbeitsverträge aufbricht. Mal als copypaste von wiki
      "Es dauerte bis 1984, bis die Regierung größere Maßnahmen ergriff.Von diesem Zeitpunkt an entwickelte sich Neuseeland von einer gelenkten Volkswirtschaft mit Schwerpunkt Landwirtschaft zu einer liberalisierten Industrienation mit einem freien Markt, die mit anderen westlichen Nationen konkurrieren kann und zu den am stärksten deregulierten und privatisierten Volkswirtschaften der Welt zählt. Das Land strich zahlreiche Subventionen, zum Beispiel fast vollständig die Agrarsubventionen, des Weiteren wurde der gesamte Warenverkehr liberalisiert und das Mitspracherecht des Staates in Bezug auf Löhne, Zinsen sowie Preise für Güter und Dienstleistungen aufgegeben"

      In Folge waren nur noch etwas mehr als 10% der neuseeländischen Arbeiter Mitglied einer Gewerkschaft, weil relativ schnell klar wurde, wie gut es auch ohne sie geht. Oder um es treffender zu formulieren. Wieviel _besser_ es ohne sie geht.

      Natürlich will ich hier Gewerkschaften nicht komplett "verbieten". Wenn ein Arbeitnehmer sich gerne kollektiv vertreten lassen will, kann er das im Zuge einer freien Entscheidung gerne tun. Nur mit Tarifautonomie (trotz GG) und Tarifkartellen muss Schluss sein und solche kollektiven Vereinbarungen dürfen auch nur für diejenigen gelten, die sich explizit und freiwillig davon binden lassen wollen.

      Ich könnte noch viel mehr schreiben über all die Verbandelungen von Politik und Gewerkschaften, die dann in zahlreichen bescheuerten Subventionen und Unternehmensrettungen gipfeln, die overall viel mehr schaden als nutzen bis hin zu der Korrumpierung von Politikern, die dann Lobbyarbeit für Arbeitnehmerverbände machen, aber ich denke soweit reicht das erstmal. Ich hoffe, dass ich meine Sichtweise jetzt einigermaßen verdeutlichen können. Gibt wie gesagt noch mehr Punkte, empfehle bei weiterem Interesse für das Thema noch drei Sachen.
      Nr.1: spiegel.de/spiegel/print/d-9088102.html
      Nr.2: wnd.com/2012/05/why-unions-are-bad-for-workers/
      Nr.3:

      Dieser Beitrag wurde bereits 3 mal editiert, zuletzt von Alex- ()

    • Also dann auch Arbeitnehmerverbände verbieten, oder?
      Problematisch ist übrigens auch, dass das Gefälle zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber rasant steigen kann ohne Gewerkschaften. Natürlich zum Nachteil der Arbeitnehmer, für die heißt es dann "Friss oder Stirb!".
      Was mich dann auch zu deinem Zitat hier führt:

      Arbeitnehmer sind auf einem freien Markt ein recht rares Gut und unzufriedene bzw. unmotivierte Mitarbeiter sind der Albtraum eines jeden Unternehmens, weshalb es schon in ihrem ureigensten Interesse liegt, für eine vernünftige Behandlung/Bezahlung ihrer Mitarbeiter zu sorgen.
      Das ist doch, insbesondere historisch betrachtet, völliger Unsinn.

      Ich halte Gewerkschaften nicht für ein Allheilmittel für einen fairen Arbeitsmarkt, aber zum Aushandeln von fairen Arbeitsverträgen braucht es halt Augenhöhe. Dabei helfen Gewerkschaften.
      Wenn du natürlich hochqualifizierter Coder bist und dich vor Jobangeboten kaum retten kannst, dann kannst du natürlich deinem Arbeitgeber dazu bringen, dich entsprechend zu entlohnen und lukrative Zusatzboni abstauben.

      Bei Neuseeland kenne ich mich nicht besonders aus, aber vielleicht lag der Aufschwung auch einfach nur generell an der Abkehr von der gelenkten Volkswirtschaft. Da würde ich jetzt nicht zu viel interpretieren wollen. Dass Planwirtschaft kokolores ist, wissen wir im Jahr 2017 ja auch schon.

      Steigende Löhne sind übrigens an steigende Profite der Firmen gekoppelt oder an Inflationsausgleich. Da wird gar nicht mal so groß umverteilt, wie du es hier darstellen willst. Außerdem kaufen die Bäckersfrauen mit ihrem Extracash ja mehr T-Shirts, was ja natürlich dem T-Shirt-Näher in Bangladesh, ohne Gewerkschaft aber dafür mit fair ausgehandeltem Arbeitsvertrag mit dem freundlichen Kapitalisten (im Vier-Augen-Gespräch versteht sich), zu gute kommt. Trickled ja alles down
    • Alex- schrieb:

      Vielleicht reichen einem Arbeitnehmer ja auch 10 Tage Urlaub und er hat dafür lieber ein höheres Gehalt im Monat?
      Vielleicht will der Arbeitnehmer 45 Tage Urlaub, damit er mehr Zeit mit seiner Familie verbringen kann und nimmt dafür finanzielle Abstriche in kauf?
      Vielleicht will die 28 jährige Dame gar kein Mutterschutz, weil sie nicht vor hat in nächster Zeit Kinder zu bekommen und will dafür lieber x?
      Vielleicht ist es einem Arbeitnehmer recht egal, wenn ein Unternehmen nicht nach den neuesten Sicherheitsstandards arbeitet, wenn er dafür seinen Lebensstandard finanzieren kann? Vielleicht ist es ihm auch nicht egal, ich weiß es nicht.
      Mit derselben Begründung lässt sich prinzipiell eine "Freiheit" in zirka jeder erdenklichen Hinsicht argumentieren. Helmpflicht, allgemein Sicherheitsbedingungen für PKWs/Haushaltsgeräte/etc, unregulierte Heimerziehung von Kindern, die "Freiheit", den Staat zu verweigern etc. Selbstverständlich lässt sich das auf irgendeine Art und Weise als "Freiheit" interpretieren, unterschlägt allerdings völlig die Konzeption des Staates: Ein Staat soll ja als Kollektiv die individuelle Freiheit maximieren, indem er Regeln postuliert, die das Zusammenleben sinnvoll machen. Damit hat der Staat auch als Gemeinschaft ein Interesse an der Gesundheit und Verfasstheit seiner "Subjekte". Eltern können ihr Kind nicht in der ihr maximalen Freiheit erziehen und in diese Welt hineinbringen. Warum nicht? Weil das Gemeinwohl von einer "sinnvollen" Erziehung lebt und diese nicht aus der Hand geben darf, wenn das Zusammenleben in der Zukunft gesichert sein sollte.

      Der Staat hat kein Interesse an einem Arbeitsmarkt, an dem jeder Arbeitgeber und Arbeitnehmer sich _alles_ selbstverhandeln muss. Das hat auch bestimmte Gründe: Da Arbeit in unserer Gesellschaft ein Grundschritt des gesellschaftlichen Lebens ist, hat der "größte Player" (das ist NICHT der Markt, weil der Markt ipse facto keine gesellschaftlichen Regeln festlegt, warum denn auch, wenn das der Staat zu tun hat) - der Staat - die Verantwortung, diese zu regeln. Alles was diesen Umstand verkennt, oder sogar für besser hält, dass irgendein "Markt" das gleich gut erfüllen kann, hat meiner Meinung nach einige Grundlagen des menschlichen Zusammenlebens enorm missverstanden (oder sich von ihnen wegbewegt): Handel garantiert keinen Frieden. Handel garantiert keinen Wohlstand. Handel garantiert kein geregeltes Zusammenleben. Ausschließlich der Staat kann seine Subjekte in eine Situation bringen, dass sie (u.a. mit dessen Hilfe) imstande sind, diese Dinge zu erreichen und zu bewahren. Dass das in der sozialen Marktwirtschaft bis dato am besten funktioniert, liegt nicht an den sozialen Errungenschaften des kapitalistischen Systems, sondern an den Errungenschaften der Politik gepaart mit der expansiven Verbreitung und Entwicklung des Weltmarktes.

      Achja, Standards zu setzen bedeutet nicht zwangsläufig eine Nivellierung nach unten.


      Arbeitsverträge hingegen sind etwas, was zwischen zwei Parteien ausgehandelt werden und nicht noch durch Gewerkschaften/Gesetzgeber für dich festgelegt.
      Das verstehe ich nicht. Warum soll der Staat denn nicht für beide Parteien die Verantwortung übernehmen? Warum ist ein Vertrag zwischen zwei Personen etwas besseres als zwischen zwei Interessensgruppen?

      Alex- schrieb:

      Streikrecht ist für mich kein "Recht", sondern schlicht bullshit. Wenn man einen Arbeitsvertrag unterschreibt, hat man sich an seine Seite der Vereinbarung zu halten period. Wenn eine der beiden Vertragsteilnehmer dies nicht tut, dann gibt es einen Rechtsweg.
      Streikrechte sind arbeitsrechtlich festgeschrieben bzw. sogar darüber hinaus gesetzlich. Damit halten sich alle an die rechtlichen Grundsätze und dürfen streiken ( - natürlich im deutschsprachigen Raum). Was Margaret Thatcher in England angestellt hat, möchtest du in Deutschland (hoffentlich) nicht umgesetzt sehen oder?

      Beitrag von Swag ()

      Dieser Beitrag wurde von THC-Veraechter aus folgendem Grund gelöscht: Spam ().
    • Finde der Ausgangspost spricht eigentlich mindestens 2 Themen an (wenn nicht mehr, aber darauf kann man später noch eingehen):

      1. -Gewerkschaften an sich und insbesondere als Tarif- und Bedingungsaushandler

      2. -Das Streikrecht


      Zu 1) Muss ich sagen, dass ich deine Position einer "freien Verhandlung" undurchdacht finde, aus mehreren Gründen (und das auch nur "from the Top of my head", gibt sicher mehr, wenn man sucht).

      -Der Chef hat gegenüber dem einzelnen Arbeitnehmer eine erhebliche Machtposition, der Einzelne kann keinerlei Druck auf ein Unternehmen aufbauen (abgesehen von Märkten an denen es selbst an ungelernten Aushilfen extrem mangelt. Hochqualifizierte haben natürlich immer ihre Möglichkeiten, aber auch denen schadet dann ja nicht die Gewerkschaft). Historisch hat sich das ja auch als "soziale Frage" während der Industrialisierung gezeigt, dass Ausbeutungen von Arbeitern möglich sind, wenn viele Menschen Arbeit suchen und das hat ja auch zur Entstehung der Gewerkschaften geführt.

      -Ich stelle mir in großen Unternehmern mit zehntausenden von Mitarbeitern (Automobilhersteller o.Ä) individuelle Verhandlungen rein aus praktischen Gründen äußerst schwierig vor.

      -Du hast angesprochen, jemand würde ggf. für mehr Lohn auf Sicherheitsaustattungen/Kindergeld o.Ä. verzichten. DA das Unternehmen wohl kaum für jeden Einzelnen entsprechendes Kapital berechnet und verwaltet, würde eine auf diese Maßnahmen verzichtende Arbeitskraft letztlich die sozialen Bedingungen für alle verschlechtern, obwohl nur Einzelne die Entscheidung trafen: "Lieber mehr Geld als soziale Sicherheit". Damit schadet man der Gesellschaft ganz erheblich (So ist bspw. Kinder kriegen ja einerseits eine Entscheidung einzelner, insgesamt aber auch wichtig für die Gesellschaft und sollte daher nicht untergraben werden).

      Das Argument, eine erstreikte Lohnerhöhung bringt nix, weil bspw. der Bäcker den Brotpreis erhöht, halte ich für Unsinn.

      Beispiel: Ein Stadt hat 4 große Unternehmen, A B,C und D. Dann noch viele beschäftige im öffentlichen Dienst/Beamte (dürfen nicht streiken), viele Selbständige (bestreiken sich na klar nicht selber), sowie etliche kleine Mittelstandsunternehmen mit einer Handvoll Mitarbeitern, die ihren Chef persönlich kennen und wissen, dass er ihnen nicht mehr zahlen kann.

      Von den großen Unternehmen streiken A, B und C, D dagegen startet keinen Streik. Bei C gibt es keine oder nur minimale Erhöhungen, der Streik hat keinen Erfolg. B kriegt 10%, A 30% Lohnerhöhung.

      Will jetzt der Bäcker die Brötchen 30% teurer machen, nur für die Leute aus Unternehmen A? Dann laufen ihm alle anderen Kunden weg, Macht er also nicht, alle aus Unternehmen A freuen sich über 30% mehr Geld! Davon abgesehen, wenn sie z.B. im Ausland Urlaub machen würden, wo nicht erfolgreich ein Streik schon durch ist, hätten sie z.B. zumindest im Urlaub auch bei erfolgter inländischer Preiserhöhung was vom Streik.



      2). Auch wenn Streik generell Sinn ergibt, Streikrecht in Deutschland finde ich gehört überholt. Neulich z.B. bei uns in der Region spontaner Busstreik (war zum Glück selber nicht drauf angewiesen), ca. 23.00 am Vorabend angekündigt. Schulkinder, Kleinverdiener, ältere Leute etc. stehen um 06.30 morgens in der Kälte, kommen nicht zur Schule/Arbeit, wissen unter Umständen nichtmal davon. Nur ein Beispiel unter vielen dafür, dass es im Prinzip am härtesten die trifft, die am wenigsten dafür können, keine Chance haben sich zu wehren, teilweise körperlich darunter leiden (alte Leute, Kinder, die stundenlang in der Kälte stehen etc.) und im Erfolgsfall egal welcher Seite natürlich auch nicht am Profit beteiligt sind. Finde es seitens der streikenden dann häufig perfide, die "kleinen Leute" gegen die "großen Fische" aufzusetzen, obwohl häufig die Streikstartenden selber zu einem großen teil zu der Benachteiligung sozial Schwacher beitragen, mit solchen Praktiken.
    • Alex- schrieb:

      Arbeitsverträge hingegen sind etwas, was zwischen zwei Parteien ausgehandelt werden und nicht noch durch Gewerkschaften/Gesetzgeber für dich festgelegt.

      Vielleicht reichen einem Arbeitnehmer ja auch 10 Tage Urlaub und er hat dafür lieber ein höheres Gehalt im Monat?
      Vielleicht will der Arbeitnehmer 45 Tage Urlaub, damit er mehr Zeit mit seiner Familie verbringen kann und nimmt dafür finanzielle Abstriche in kauf?
      Vielleicht will die 28 jährige Dame gar kein Mutterschutz, weil sie nicht vor hat in nächster Zeit Kinder zu bekommen und will dafür lieber x?
      Vielleicht ist es einem Arbeitnehmer recht egal, wenn ein Unternehmen nicht nach den neuesten Sicherheitsstandards arbeitet, wenn er dafür seinen Lebensstandard finanzieren kann? Vielleicht ist es ihm auch nicht egal, ich weiß es nicht.

      Dann handelt er seinen Vertrag halt aussertariflich aus? Wenn man Ahnung hätte, worüber man grade so redet... Tarifverträge gelten nur für Gewerkschaftsmitglieder, aber selbst diese dürfen selbstverständlich eigenständig etwas anderes aushandeln. Bei Urlaub und einigen anderen Dingen (wie zB Mutteschutz) gibt es gesetzliche Vorgaben, aber die sind auch nicht vom Himmel gefallen.

      Alex- schrieb:

      Streikrecht ist für mich kein "Recht", sondern schlicht bullshit. Wenn man einen Arbeitsvertrag unterschreibt, hat man sich an seine Seite der Vereinbarung zu halten period.
      Und die Arbeitgeber halten sich an ihre eigenen Vereinbarungen seit wann? Wie realitätsfern muss man sein, um nicht zu bemerken, wie oft das nicht der Fall ist? Wenn jetzt die Arbeitnehmer zusammen eine Sammelklage einstellen, sind sie dann Betriebsrat oder gar Gewerkschaft?


      Alex- schrieb:

      Es ist leider ein weit verbreiteter Irrtum, dass Gewerkschaften für bessere Löhne oder Arbeitsbedingungen sorgen.
      Keine Macht der Welt kann das Lohnniveau dauerhaft über Marktniveau hinaus erheben und erst recht keine Gewerkschaft.
      Würdest du sagen, dass Gehälter analog zu Gewinnen der Unternehmen steigen? Falls nein, wie erklärst du dir das? Spoiler: Es gibt eine Diskrepanz, Unternehmensgewinne steigen seit vielen Jahren schneller an als Gehälter.

      Alex- schrieb:

      Natürlich will ich hier Gewerkschaften nicht komplett "verbieten".

      Solange es Arbeitern/Angestellten möglich ist. über ihre Gehälter frei zu sprechen, wird es Gewerkschaftsähnliche Strukturen geben. Nichts anderes bieten diese. Sie sorgen für ein Minimum, welches gewährleistet werden soll.

      Es ist schön, dass du dich damit beschäftigst, wie das Ganze auf einem theoretischem, in deinem Kopf ablaufendem Prozess funktionieren könnte, aber ich muss leider behaupten, dass es scheint. als hättest du quasi keine Erfahrungen über das, wovon du redest, selbst sammeln können.

      Alex- schrieb:

      Es ist leider ein weit verbreiteter Irrtum, dass Gewerkschaften für bessere Löhne oder Arbeitsbedingungen sorgen.
      Bei solch einem Satz kann ich gar nicht anders, als dir zu unterstellen, dass du entweder überhaupt keine Ahnung hast, wovon du redest oder geistig nicht ganz auf der Höhe bist. Autoritätsargument: Ich bin ganz zufällig Interessenvertreter und habe täglich mit den Dingen, über die du glaubst, eine fundierte Meinung zu haben, zu tun.

      MfG, der Gewerkschaftsfunktionär

      Dieser Beitrag wurde bereits 1 mal editiert, zuletzt von Dumbaz () aus folgendem Grund: Rechtsschreibung

    • Alex- schrieb:

      Desto niedriger übrigens die Hürden (Steuern, Regulations etc.) sind selbst ein Unternehmen zu gründen, desto höher die Konkurrenz der Unternehmen untereinander und desto besser die Verhandlungsposition der Arbeitnehmer.
      könntest du das weiter ausführen?
      würden diese kosten drückenden unternehmen nicht andere unternehmen mit arbeitnehmer freundlicheren verträgen aus der marktposition drücken, weil sie ihr produkt günstiger anbieten können wenn sie weniger arbeitnehmer kosten hätten?
      Nice Meme

    • Alex- schrieb:

      Arbeitnehmer sind auf einem freien Markt ein recht rares Gut und unzufriedene bzw. unmotivierte Mitarbeiter sind der Albtraum eines jeden Unternehmens, weshalb es schon in ihrem ureigenen Interesse liegt, für eine vernünftige Behandlung/Bezahlung ihrer Mitarbeiter zu sorgen.
      Dir ist hoffentlich klar, dass du mit so einer Aussage heftige Klientelpolitik betreibst. Das ist nämlich nur für AN relevant die sich den AG aussuchen können. Also für sehr gut ausgebildete, richtige Profis. Das ist nicht relevant für den Otto-Normal-AN der "nur" nen Gesellenbrief oder "nur" ein durchschnittliches Bachelor-Studium vorweisen kann. Das Problem hierbei ist aber, dass der Großteil der AN eben kein Profi ist, sondern nur ein "normaler"-AN.

      Das ist auch mMn das Problem an dieser ganzen liberalen Denkweise (bzgl. Arbeit). Das ist immer nur Klientelpolitik für die besten und die Wahrung der Interessen der Leistungsfähigsten. Es ist eben keine Politik für die Mehrheit der Bevölkerung/Arbeiterschaft.


      Alex- schrieb:

      Ich könnte noch viel mehr schreiben über all die Verbandelungen von Politik und Gewerkschaften, die dann in zahlreichen bescheuerten Subventionen und Unternehmensrettungen gipfeln, die overall viel mehr schaden als nutzen bis hin zu der Korrumpierung von Politikern, die dann Lobbyarbeit für Arbeitnehmerverbände machen, aber ich denke soweit reicht das erstmal
      Mit freundlichen Grüßen
      Rainer Wendt

      (ist aber kein wirkliches Gegenargument zu Gewerkschaften)


      Alex- schrieb:

      der einzige Weg zu mehr realer Kaufkraft liegt in besserer/effizienterer Produktion von Gütern.
      Wenn die Produkte billiger werden, muss ich meinem Arbeiter ja auch nicht mehr zahlen, er kann sichs ja dann trotzdem leisten. :thumbup:
      Byron - Attributmagier
      Der Korpothread

      Oster schrieb:

      Wenigstens shrodo denkt mit.





      "some games just feel so unthrowable until you suddenly lost"
    • Aus aktuellem Anlass:

      In Berlin streikt das Bodenpersonal an den Flughäfen. Die Forderungen der Ver.di sind grob zusammengefasst:
      • 1€ Gehalt mehr pro Stunde für Jeden, der niedrigste Tariflohn beträgt 9.30€ die Stunde, meist ist es aber von minimal 11€ auf gewünscht 12€
      • Ein 13. Gehalt (aufgeteilt 1/2 Uraubsgeld 1/2 Weihnachtsgeld)
      Die Verhandlungen laufen seit November 2016. Das Angebot von Arbeitgeberseite sind auch tatsächlich 1€ die Stunde mehr, aber dies soll schrittweise über eine Dauer von 4 Jahren passieren, 4x 25 cent Gehaltserhöhung jedes Jahr. Das würde auch bedeuten, dass erst nach dieser Zeit wieder über Gehalt geredet werden soll. Zu den anderen Forderungen stehen sie noch abweisender.
      Falls jemand Lust zu lesen hat, hier ist ein Ver.di Flugblatt mit Fragen und Antworten. (Natürlich im Hinterkopf, dass dat Ding parteiisch ohne Ende ist. Ein Großteil der Infos sind aber Fakten und daher trotzdem valide)
      Es haben sich nahezu 100% der Ver.di Mitglieder vor Ort für einen unbefristeten Streik ausgesprochen, damit ein Ergebnis notfalls erzwungen wird. Viele befürchten, dass die Mehrarbeit, die seit der Privatisierung aufgekommen ist, verbunden mit der kürzeren Zeit für Einarbeitung etc gewährt wird, zu mehr Fehlern bei der Arbeit führen wird oder schon dafür gesorgt hat. Arbeiten, zu denen Enteisen von Flugzeugen im Winter dazu gehört sowie Ladungssicherung in den Flugzeugen selbst. Im dümmsten Fall könnte also schlecht durchgeführte Arbeit (aus welchen Gründen auch immer) einen Absturz bedeuten.

      Was wären jetzt deine Argumente, @Alex-?
      Ohne eine Gewerkschaft würden die Leute einfach tausend € die Stunde ausgehandelt haben und alles wäre gut?
      Dass die Leute die für das reibungslose Abheben deines Fluges verantwortlich sind häufig weniger verdienen als ein LIDL Kassierer ist doch in Ordnung so?
      Streikrecht ist für dich ja kein Recht sondern schlicht bullshit (Zitat Ende). Lösung in dem Fall wäre also alle die aufmucken zu kündigen und neue Leute einstellen die sich nicht beschweren?

      Oder ist das Problem eher, dass jetzt die armen Urlauber und restlichen Angestellten (Fluglotsen zB) von dem bösen Bodenpersonal in "Geiselhaft" (Zitat dein Eingangspost) genommen werden, weil sie sich erdreisten einen ganzen Euro mehr Gehalt pro Stunde zu wollen? (Ja, ich weiß dass die Forderungen höher sind als dieser Euro, aber man geht nicht in Tarifverhandlungen mit der Erwartung, alles zu bekommen was man fordert. Ich erkläre das, weil ich nicht weiß, wie viel echte Erfahrung zu dem Thema Tarifverhandlungen du hast. Der Inhalt der Klammer ist übrigens gelogen, ich will nur ein wenig beleidigen). Was wenn ich dazu einfach behaupte, dass ja die Arbeitgeber die Kunden in Geiselhaft nehmen?

      Dieser Beitrag wurde bereits 1 mal editiert, zuletzt von Dumbaz ()

    • Ich bin zwar nicht Alex, aber um das schonmal wieder aufzugreifen:

      Ich finde Gewerkschaften an sich zwar unverzichtbar aber über Art und Weise der Streikmethoden lässt sich ja durchaus erheblich diskutieren (siehe meinen letzten Post)

      Häufig sind Streiks:

      -Unangekündigt
      -Lange
      -und mit Forderungen verbunden, von denen man schon weiß, dass die Unternehmen sie nie erfüllen können.

      (Letzteres soll natürlich maximalen Verhandlungsspielraum schaffen, ist aber natürlich auch ein Garant dafür, dass keine schnelle Einigung getroffen werden kann, da das Unternehmen niemals einfach sagen kann: "Ja, bereits der erste Vorschlag ist akzeptabel, das machen wir so", sondern immer erst lange nach Kompromissen gesucht werden muss.)

      Insofern ist die Aussage von dir Shrodo, die linke DSDE Front wäre natürlich hart pro Gewerkschaft für mich persönlich auch irgendwie Paradox.
      Und zwar aus folgendem Grund:

      Einerseits ist die Forderung nach mehr Lohn, gerechter Bezahlung, einem Unternehmen was nicht alles an Überschuss in die eigene Tasche oder an die Vorstände verschachert natürlich "klassisch links".


      Auf der anderen Seite finde ich viele Gewerkschaftsbosse aber auch scheinheilig, den wenn der Streik, insbesondere meine ich jetzt die zuletzt reichlich stattgefundenen Streiks von Transportunternehmen (Bus, Bahn, Flieger) primär sozial Schwache durch ihre Streikpraktiken leiden lassen (siehe meinen letzten Post hier) ist das für mich alles andere als links-solidarisch, sondern im Gegenteil höchst eigennützig.

      Davon abgesehen: Viele Gewerkschafter sind heutzutage ja Vollberufler in der Gewerkschaftstätigkeit, verrichten also keinerlei "eigentliche" Arbeit mehr in einem Unternehmen. Auch das finde ich Paradox: Diejenigen die der Gewerkschaft vorstehen kennen einerseits die Arbeitsbedingungen der Unternehmen gegen die sie streiken gar nicht aus eigener Erfahrung (da sie ja nicht dort arbeiten, sondern für die Gewerkschaft) und sind gleichzeitig auch "abhängig" von möglichst großen Streikerfolgen, da ja ihr eigener Job im Prinzip nur darin besteht, Auseinandersetzungen mit Unternehmen zu bestreiten und sie sich selber somit überflüssig machen würden, wenn es nicht regelmäßig zur Organisation wenn entsprechenden Aktionen kommt. Insofern haben Gewerkschafter fast ein höheres Interesse an Medienwirksamen und maximal zugunsten der Arbeitnehmer erfolgreichen Streiks, als der tatsächlich beim Unternehmen Beschäftigte. Zudem riskieren Gewerkschafter mit harten Streiks keine eigene Entlassung.


      Kommt natürlich immer drauf an, wie gesagt muss Ausbeuterunternehmen auch Paroli geboten werden, aber die Gewerkschaft hat gerade in ihrer heute gelebten Praxis schon auch Schattenseiten, insbesondere für Teilnehmer des ÖPNV und sozial Schwache, die durch aggressive Streiks härter getroffen werden als die Unternehmen.
    • Kolibri schrieb:



      Auf der anderen Seite finde ich viele Gewerkschaftsbosse aber auch scheinheilig, den wenn der Streik, insbesondere meine ich jetzt die zuletzt reichlich stattgefundenen Streiks von Transportunternehmen (Bus, Bahn, Flieger) primär sozial Schwache durch ihre Streikpraktiken leiden lassen (siehe meinen letzten Post hier) ist das für mich alles andere als links-solidarisch, sondern im Gegenteil höchst eigennützig.
      Gewerkschaftersicht wäre halt, dass die Arbeitgeber erst durch ihr inakzeptables Verhalten den Streik heraufbeschwören und auch im Angesicht von Einschränkungen für Außenstehende ein Streik unumgänglich ist. Gibt sicherlich manchmal solche Situationen, manchmal ist es sicherlich reine Machtpolitik. Wollte das nur anmerken.
      Let's Play: CK2, Patrizier 2, Anno 1800
    • shrodo schrieb:

      @Alex- Nimmst du noch Stellung zu einigen/allen genannten Punkten oder bist es Leid alleine gegen linke-dsde-Front anreden zu müssen?
      kann später heute abend nochmal ne halbe Seite dazu schreiben, aber ist alleine schon recht anstregend auf dauer, besonders wenn ich mir sonen gelaber wie von dumbaz anhören muss mit "Autoritätsargumenten". Srsly nur weil du in ner Gewerkschaft engagiert bist, heißt das doch nicht, dass du Recht hast. (Waren natürlich auch andere Dinge dabei, die durchaus valide waren und auf die ich eingehen kann), aber mit Autorität zu kommen ist halt einfach lächerlich in ner Debatte. Entweder ein Punkt ist korrekt oder er ist nicht korrekt.
      Bin mir ja bei sowas schon bewusst, dass ich hier absolute Minderheitsmeinungen vertrete, weil es einfach keine relevanten libertären Strömungen oder Medien in Deutschland gibt (de.statista.com/statistik/date…rnalisten-in-deutschland/) (fdp/alfa ist da auch noch weit von entfernt), dennoch wäre es zumindest wünschenswert, wenn nicht wahllos begriffe durcheinandergeworfen und verwechselt werden (steigende Löhne sind nicht das gleiche wie steigende Kaufkraft des Geldes) und man braucht auch nicht bei jedem konservativen/libertären post nen random "lol trickle down policy xD" reinwerfen, besonders wenn man den Begriff dann noch falsch verwendet/nicht verstanden hat --> washingtonexaminer.com/why-con…-liberals/article/2563558

      Dieser Beitrag wurde bereits 1 mal editiert, zuletzt von Alex- ()

    • Wie meine Meinung dazu am Ende aussehen wird, ist ja den meisten schon klar, ihr müsst diese ja nicht adaptieren, aber zu versuchen, es von meinem Standpunkt aus zu verstehen kann ja niemandem schaden.

      Kolibri schrieb:

      Ich finde Gewerkschaften an sich zwar unverzichtbar aber über Art und Weise der Streikmethoden lässt sich ja durchaus erheblich diskutieren (siehe meinen letzten Post)


      Häufig sind Streiks:

      -Unangekündigt
      -Lange
      -und mit Forderungen verbunden, von denen man schon weiß, dass die Unternehmen sie nie erfüllen können.
      Zu "unangekündigt"
      Streiks sind generell unangekündigt. Jegliche vorige Ankündigung ist ein Zugeständnis an vom Streik betroffene.
      Kurzer Vorschlag: Kurz darüber nachdenken, warum man Streiks nicht ankündigt, bevor ihr den Spoiler lest.

      Spoiler anzeigen
      Ist ein Streik angekündigt, kann er dadurch unwirksam werden. Konkretes Beispiel: Streik in einem Callcenter vor einigen Jahren, der Arbeitgeber hat das streng geheime Datum des Streiks über irgendeinen Weg erhalten und für diesen Tag einfach externe Dienstleister eingekauft, die den Streik abfangen sollten. Ein großer Arbeitgeber kann eine Gewerkschaft tatsächlich kaputt streiken, sobald diese kein Streikgeld mehr zahlen können, ist es im Grunde genommen vorbei. Wenn ein Streik keine spürbaren Folgen hat, ist er nahezu sinnlos.

      Trotzdem kommt im Grunde genommen KEIN Streik unerwartet für den Arbeitgeber. Bleiben wir bei dem Bodenpersonal in Berlin: Die Verhandlungen laufen dort seit November 2016, es gibt im März diesen Jahres noch kein zufriedenstellendes Ergebnis. Es gab unter Garantie Warnstreiks, zB als eine Pausenaktion die den Betrieb nicht stört, um zu demonstrieren, dass notfalls zu einem Streik als letztes Mittel in einem Arbeitskampf gegriffen wird.

      Zu den Verhandlungen: Die Gewerkschaftsmitglieder werden befragt, ob das, was der Arbeitgeber anbietet, zufriedenstellend ist. Sind mehr als 25% damit einverstanden, wird ein Angebot angenommen.
      Wenn sich so etwas über Monate zieht, ohne dass Bereitschaft für ernsthafte Verhandlungen vorhanden ist, gehen beide Parteien vollen Wissens um die Gefahr eines Streikes voran. Unangekündigt ist das ganze dann maximal noch für Unbeteiligte.

      Wenn du einen gangbaren Vorschlag hast, wie man diesem Dilemma entrinnt und zwar streikt, aber damit niemandem wehtut (ob jetzt Arbeitgeber oder unbeteiligter Passagier eines Verkehrsmittels) dann immer her damit.

      Zu "lange":
      Was ist denn für dich "lange"?
      2012 wurde die Sparkasse 117 Tage am Stück bestreikt. Einfaches Mathe rechnet das in fast 4 Monate um. Der einzige Grund war, dass es in den Augen der Angestellten nötig war. Wir haben von einem erleuchteten Mitglied des Forums schon gehört, dass die Angestellten ja wussten, was in ihrem Vertrag stand, als sie ihn unterschrieben haben und deshalb doch nicht einfach mehr verlangen sollen. In dem Fall wurden Verträge halt 15+ Jahre zuvor unterschrieben und es gab seitdem keine Gehaltserhöhungen, verschiedene Dinge im Arbeitsalltag, die nicht gut geregelt waren. Es wurde übrigens unter anderem ein Mindestlohn von 8,50€ gefordert.

      Genau in diesen Verhandlungen hieß es übrigens auch, dass es komplett unerfüllbaren Forderungen waren, die die Gewerkschaftsmitglieder da gefordert haben. Komischerweise ging es am Ende doch.

      Noch einmal zu den Forderungen: Da ist ja keine gesichtslose Person, die sich ein paar Forderungen aus den Fingern saugt. Da sitzen Arbeitnehmer in der Verhandlungskommission, mit durchaus Einblick in die Möglichkeiten und Erfüllbarkeit von ihren Forderungen haben und die Forderungen aus den Reihen der Arbeitnehmer sammeln. Ein Unternehmensfremder Gewerkschafter berät sie höchstens dazu, ob und wie man das ganze formulieren sollte und welche Argumente in ähnlichen Situationen gezogen haben.

      Kolibri schrieb:

      Auf der anderen Seite finde ich viele Gewerkschaftsbosse aber auch scheinheilig, den wenn der Streik, insbesondere meine ich jetzt die zuletzt reichlich stattgefundenen Streiks von Transportunternehmen (Bus, Bahn, Flieger) primär sozial Schwache durch ihre Streikpraktiken leiden lassen (siehe meinen letzten Post hier) ist das für mich alles andere als links-solidarisch, sondern im Gegenteil höchst eigennützig.
      Wer sind denn diese Gewerkschaftsbosse, von denen du redest? Wenn dir jetzt niemand einfällt, liegt das daran, dass es da keine Gewerkschaftsbosse gibt, die das entscheiden. Die Arbeitnehmer, die direkt betroffen sind machen eine sog. Urabstimmung und entscheiden, ob sie streiken wollen. Da kommt kein Vorsitz der Gewerkschaft daher und sagt ihnen, wann jetzt gestreikt wird. Der Koordinator der Streiks in meinem Betrieb 2016 war für das ganze Bundesland ein Gewerkschaftssekretär, der zwar dem Unternehmen entstammt, aber letztendlich keinen Ton zu sagen hat bei der Entscheidung, ob gestreikt wird.

      Kolibri schrieb:

      Davon abgesehen: Viele Gewerkschafter sind heutzutage ja Vollberufler in der Gewerkschaftstätigkeit, verrichten also keinerlei "eigentliche" Arbeit mehr in einem Unternehmen. Auch das finde ich Paradox: Diejenigen die der Gewerkschaft vorstehen kennen einerseits die Arbeitsbedingungen der Unternehmen gegen die sie streiken gar nicht aus eigener Erfahrung (da sie ja nicht dort arbeiten, sondern für die Gewerkschaft)

      Um das kurz aufzudröseln:
      Gewerkschafter ist für mich jedes Mitglied einer Gewerkschaft.
      Dann gibt es Interessensvertretungen wie zB Betriebsräte, meistens sind diese Leute selbst Gewerkschaftsmitglieder. Diese werden nach wie vor vom Arbeitgeber bezahlt. Unter diesen gibt es Vollfreigestellte, also Personen die wirklich nur die Betriebsratstätigkeit ausführen und nicht "eigentliche" Arbeit verrichten. In meinem 13 Personen starkem Gremium ist eine Person voll freigestellt. Alle anderen verrichten also auch "eigentliche" Arbeit. In einem Betriebsrat kann auch keine Person sein, die nicht dem Unternehmen angehört, und ich kenne auch keinen einzigen Fall von jemandem, der von Anfang an voll freigestellt war.
      Dann gibt es Personen, die direkt bei einer Gewerkschaft angestellt sind, zB. Gewerkschaftssekretäre, Verwaltungsangestellte usw., welche (Überraschung) quasi immer Gewerkschaftsmitglieder sind). Diese sind dann selbstverständlich nicht bei anderen Unternehmen gleichzeitig angestellt.
      Das bedeutet automatisch, dass sie gar nicht entscheiden können, ob gestreikt wird.

      Wenn du mir jetzt noch zeigst, wen du mit Vollberufler, die die Unternehmen, welche sie selbst gar nicht mehr verstehen, bestreiken meinst, kann ich gerne weiter ausführen.

      Kolibri schrieb:

      und sind gleichzeitig auch "abhängig" von möglichst großen Streikerfolgen, da ja ihr eigener Job im Prinzip nur darin besteht, Auseinandersetzungen mit Unternehmen zu bestreiten und sie sich selber somit überflüssig machen würden, wenn es nicht regelmäßig zur Organisation wenn entsprechenden Aktionen kommt. Insofern haben Gewerkschafter fast ein höheres Interesse an Medienwirksamen und maximal zugunsten der Arbeitnehmer erfolgreichen Streiks, als der tatsächlich beim Unternehmen Beschäftigte. Zudem riskieren Gewerkschafter mit harten Streiks keine eigene Entlassung.
      Es ist ein wenig davon abhängig, wen du jetzt genau im vorigen Teil gemeint hast, aber folgendes: Streik ist ein winziger Teil von den Dingen, die eine Gewerkschaft so macht. In allererster Linie sind alle Leute, die aktiv in Gewerkschaften oder den durch sie geschaffenen Strukturen sind, beratend Tätig. Und das ist in >90% der Zeit im Jahr so. Fragen zu Überstunden, Fragen zur Abrechnung auf ihrem Gehaltszettel, was man tun kann wenn die Reisekostenabrechnung fehlerhaft zurück kommt, Mobbing oder Sexismus am Arbeitsplatz und was man dagegen tun kann, Regelungen zur Arbeitszeit die verstanden werden wollen, Begleitung von Einstellungsgesprächen bis zu Abmahnungen... Ich kann gerne überlegen, ab wann ich Datenschutz nicht mehr erfülle und ein paar konkrete Beispiele benennen, aber ich stecke im Thema tief drinnen und behaupte hier einfach mal, dass sich über einen Streik hier seit über einem halben Jahr niemand Gedanken machen musste und man trotzdem mehr als genug Arbeit hat. Das gilt für Betriebsräte wie andere die du vielleicht als "Vollberufler in Gewerkschaften" bezeichnen würdest.


      Kolibri schrieb:

      Kommt natürlich immer drauf an, wie gesagt muss Ausbeuterunternehmen auch Paroli geboten werden, aber die Gewerkschaft hat gerade in ihrer heute gelebten Praxis schon auch Schattenseiten, insbesondere für Teilnehmer des ÖPNV und sozial Schwache, die durch aggressive Streiks härter getroffen werden als die Unternehmen.
      Im Grossen und Ganzen will niemand in einer Gewerkschaft, dass es zu einem Streik kommen muss. Streik ist tatsächlich die letzte Möglichkeit in einem Arbeitskampf und wird nicht mir nicht, dir nicht durchgeführt. Vor allem wird über einen Streik nicht durch "Gewerkschaftsbosse" entschieden. Die Personen, die diese Bezeichnung am ehesten erfüllen sind Vorsitzende der Betriebsratsgremien, und diese haben, genau wie jedes andere Gewerkschaftsmitglied in dem Betrieb, eine einzige Stimme.

      @Alex-
      Dann Entschuldigung für "Autoritätsargument xd". Was ich sagen wollte war, dass ich solche Vorgänge aktiv mitbekomme und daran Teilhabe. Ich glaube, dass dies bei dir anders ist. Deswegen nehme ich mir raus, zu behaupten, dass ich mehr über die tatsächlich stattfindenden Vorgänge weiss als du. Ich rede von praktischen Dingen, wie sie passieren, du meiner Meinung nach über ein theoretisches Modell.

      Solltest du auf meinen Post eingehen wollen überlese das also bitte und ich gehe gern darauf ein, was du zu sagen hast und bemühe mich, objektiv zu bleiben. Dann aber bitte auch nicht diesen Satz postulieren, den ich gerne noch einmal zitiere:

      "Es ist leider ein weit verbreiteter Irrtum, dass Gewerkschaften für bessere Löhne oder Arbeitsbedingungen sorgen."
      Der ist halt locker so bescheuert wie "Autoritätsargument".

      Dieser Beitrag wurde bereits 1 mal editiert, zuletzt von Dumbaz ()

    • So gut dann gehe ich mal ein bisschen chronologisch durch.

      @Der_Busfahrer. Nein ich will Arbeitnehmerverbände ebenso wie Gewerkschaften _nicht_ verbieten. Habe ich doch auch nirgendwo behauptet. Wie kommst du darauf, dass ohne Gewerkschaften das Gefälle zu Ungunsten verändert wird? Gibt es dann plötzlich mehr Arbeitnehmer, die um Jobs konkurrieren müssen, was die Löhne drückt? Oder gibt es weniger Arbeitgeber, also weniger Möglichkeiten an einen Job zu kommen? Nichts davon ist der Fall, aber nur diese beiden Punkte (oder in anderen Worten Angebot und Nachfrage) bestimmen, wie dieses Gefälle aussieht. Der freie Markt funktioniert eben so und besitzt eine ausgezeichnete Ausgleichsfunktion, wobei es ist wichtig ist, die Mechanismen zu verstehen. Löhne sind niedrig und Gewinne für Firmen in Branche x hoch ---> Es wird mehr Firmen in dieser Richtung geben, weil man eine Menge Geld verdienen kann bzw. Firmen expandieren und stellen neue Mitarbeiter ein ---> Die Nachfrage nach Arbeitnehmern in dieser Branche steigt ---> folglich steigen die Löhne der Arbeiter.
      Das sind einfach Grundmechanismen des Marktes, und das hat auch nichts mit einer quasi religiösen Verehrung von "freien Märkten" zu tun.

      Um noch kurz auf das historische Argument einzugehen. Bis quasi ins 16-18 Jhd hinein (regional in Europa unterschiedlich Dreifelderwirtschaft etc.) bestand eine agrarische Mangelgesellschaft und wovon du hier vermutlich redest, ist der Übergang von dieser Mangelgesellschaft hin zur Industrialisierung, wo die Arbeitsbedingungen für die Arbeiter (keinerlei Sicherheit, Kinderarbeit etc.) natürlich zu Beginn absolut katastrophal waren (waren sie vor der Industrialisierung übrigens genauso bzw. es war noch schlimmer, aber das wird dann gerne unter den Tisch gekehrt bzw. zur selbstbestimmten Landarbeit hoch romantisiert). Hinzu kam die Unfreiheit großer Teile der Bevölkerung also eine Markteinschränkung, die die Gründung von eigenen Unternehmen/Firmen verhindert hat, was dementsprechend zu mehr Nachfrage an Arbeitern und damit zu besseren Bedingungen geführt hätte. Die "soziale Frage", die von Kolibri angesprochen wurde verkennt ein bisschen den Hintergrund, dass die Verstädterung ja einherging mit einer erhöhten Produktion, von der Arbeiter letztendlich langfristig auch profitierten (wenngleich die Übergangsphase zweifelsohne für viele zunächst auch eine Verschlechterung dargestellt hat)

      @Heph Die Grundprämisse der Freiheit gilt ja so lange, wie die Freiheit eines anderen dadurch nicht eingeschränkt wird. Das es bei Themen wie Kindererziehung oder Tempolimits Auslegungssache ist stimmt. Dein Argument, warum der Staat sich in die Verhandlungen zwischen zwei freien Individuen einmischen sollte, will mir nicht ganz einleuchten. Das würde bedeuten, dass der Staat sich anmaßt die Interessen der Vertragsparteien besser zu kennen als die Vertragsparteien selbst. Dem stimme ich nicht zu. Freier Handel ist übrigens einer der größeren Stützpfeiler für "Wohlstand" garantieren kann Handel Wohlstand nicht alleine, aber er sorgt in jedem Falle für mehr Konkurrenz und damit für bessere Produkte.

      @Kolibri Dein "Rechenbeispiel ist fehlerhaft" aber es ist ein wunderbares Beispiel, auf das ich gerne eingehen würde, weil es perfekt einen wichtigen Punkt illustriert. Du gehst hier von einer künstlichen Erhöhung des Lohnes für die Arbeiter aus in Unternehmen A) aus. Hört sich auch alles soweit gut an, nur vergisst du wie viele andere auch, die der Überzeugung sind, dass sich Löhne künstlich über das vom Markt gegebene Level erheben können, die daraus resultierenden Folgen. In deinem Fall würde das Unternehmen wohl einfach irgendwann pleite gehen, weil sie 30% höhere Personalkosten haben als ihre Konkurrenzunternehmen, ohne dass sie dabei bessere/schlechtere und teurere/billigere Produkte liefern. Was es für die Arbeitnehmer in der Branche bedeutet, wenn das Unternehmen dann pleite ist und gleichzeitig kein neues die Lücke füllt (was aber irgendwann passieren wird), muss ich jetzt nicht nochmal erklären.
      Selbst in dem aus deiner Sicht "bestmöglichen" Szenario, dass das Unternehmen "nur" weniger Profit macht, sorgt es damit dafür, dass keine Expansionen auf diesem Gebiet stattfinden, also keine neuen Arbeitsplätze hergestellt werden. Höhere Lohnsteigerungen sind _niemals_ kostenlos, es folgen _immer_ Prozesse, die wieder für natürliche Marktpreise sorgen.

      Das ist dann auch mein Punkt: @Dumbaz Erstmal wie schon erwähnt. Autoritätsargument my ass plz. Zweitens wenn du schon empörend zitieren willst, dann zitier nicht aus dem Zusammenhang gerissen. Gehälter müssen nicht analog zu den Gewinnen von Unternehmen steigen, warum sollten sie auch. Sie müssen ja auch nicht proportional mit den Defiziten eines Unternehmens fallen. Wie schon mehrfach erwähnt. Wenn Unternehmensgewinne hoch sind, wird auf Dauer der Markt für mehr Unternehmer in diesem Gewerbe sorgen. Kannst ja mal schauen, wie viele Anbieter für smartphones oder 50 verschiedene Kaffeesorten es vor 10 Jahren gab und wieviele es heute gibt. Und hör bitte auf so zu tun, als entstünde die obigen Thesen meiner eigenen Fantasie. Das ist schon lange ne eigenes Wissenschaftsfeld und es gibt schon seit mehr als 100 Jahren Bücher über genau solche Thesen, meine eigene Lebenserfahrung hat damit genau 0 zu tun (Auch wenn ich, for the record, schon >10 Gehaltsverhandlungen durch habe, kann dir dahingehend auch gerne nochmal das Prinzip von Angebot und Nachfrage hinsichtlich dotagehältern in den letzten 6 Jahren erläutern).

      Mein Hauptpunkt ist nach wie vor folgender. Gewerkschaften können sicherlich durch Streiks und oder Verhandlungen kurzfristig für eine Verbesserung der Arbeiter in einer bestimmten Branche sorgen. Mittel- und langfristig steigen reale Löhne (d.h. Lohnsteigerungen die _nicht_ mit Preiserhöhungen korrelieren bzw. Lohn bleibt gleich und Preise fallen) nach wie vor aber nur eine verbesserte Produktion. So einfach und real sieht die Situation aus. Geld wird nicht plötzlich einfach "mehr" oder verteilt sich "besser". Klar vielleicht handelt Verdi jetzt für Flughafenmitarbeiter jetzt nen besseren Lohn aus durch unbefristete Streiks (habe den Link mal angeklickt und kann einfach niemanden ernst nehmen, der behauptet der Arbeitsvertrag, den man selbst unterschrieben hat zu diesen Konditionen, sie jetzt plötzlich "unzumutbar"). Der höhere Lohn wird dann halt auf die Kunden weitergegeben, dann bezahlt halt der Bäcker oder Automechaniker entsprechend mehr für seinen nächsten Flug. Hier gegeben da genommen. So hat dann die Gewerkschaft der Flughafenmitarbeiter seitens Verdi halt das Geld des Automechanikers bekommen. So weit denken die meisten in dem Prozess leider nicht und das ist auch einer der Gründe, warum ich das überhaupt gepostet habe, um zumindest deutlich zu machen, dass Löhne nicht einfach so künstlich und dauerhaft über Marktniveau gehoben oder gesenkt werden können. Ist sicherlich nen bisschen überspitzt ausgedrückt, klar freut es den Arbeiter, wenn er plötzlich 10% mehr Lohn kriegt, aber es schadet dann eben all den Arbeitern wieder genau auf dem selben Level, wie es dem einen genützt hat. So entsteht durch Gewerkschaften bei dem ganzen nur ein ständiges hin- und hergeschiebe, ohne dass dabei auch nur irgendetwas längerfristig verbessert werden kann. Das ist glaube ich auch der Punkt, den ich anfangs zu schlecht rüber gebracht habe.

      Individuelle Arbeitsverträge sorgen einfach für mehr Freiheit und Flexibilität für beide Seiten. Wer will kann sich ja immer noch gewerkschaftlich organisieren, nur ist es halt einfach ein Unding, wenn dann 50% eines Unternehmens in ner Gewerkschaft ist, die dann beschließt zu streiken, während die restlichen 50% dann quasi dazu gezwungen werden, die Konsequenzen mittragen zu müssen.


      edit: Ein letzter Punkt noch, weil ich gerade noch Busfahrers neuen Post gesehen habe. Gewerkschaftliche Tarife haben ebenso wie Beamtentum einen gravierenden Nachteil. Die guten und fleißigen bekommen genausoviel wie die "schlechten und faulen". Hatte beispielsweise sowohl in der Schule wie auch in der Universität teils exzellente Lehrer/Dozenten, denen ich gut und gerne für ihre außergewöhnlichen Bemühungen mehr Gehalt gegönnt hätte. Leider auch das Gegenstück mit komplett unfähigen Lehrern, die aber dank ihrer Verbeamtung einfach für die nächsten 40 Jahren einen Job besetzten, für den sie offensichtlich nicht geeignet sind. Bei einem freien Markt sind sie bei konstant schlechten Leistungen halt irgendwann einfach raus, während man als Beamter da schon deutlich krassere Sachen bringen muss. Bin aus diesem Grund auch stark für individuelle Besoldung aufgrund von Leistung, anstatt Einheitsbrei, der jeglicher Exzellenz genauso gegenübertritt wie offensichtliche Unfähigkeit. Durfte das ganze beim Rettungsdienst dann auch live beobachten, wie manche Kollegen halt einfach nur das allernötigste getan haben, während andere für das gleiche Gehalt deutlich mehr gemacht haben. Ist halt einfach kein "gerechter" System und belohnt schlechtes Verhalten.


      edit 2: Potentielle Streiks zwingen Unternehmen dann natürlich auch dazu finanzielle Rücklagen für solche Fälle anzulegen, was dann natürlich auch wieder Geld ist, was ansonsten in höhere Löhne, technische Innovationen und niedrigere Endpreise hätte fließen können. Zur moralischen Legitimität des ganzen hab ich ja schon genug gesagt.

      edit 3: Entschuldigung angenommen, passt schon habe ich anderweitig leider auch schon gemacht. Auf deinen Punkt bin ich ja weiter oben hoffentlich hinreichend eingegangen, bzw. was damit gemeint war.

      Dieser Beitrag wurde bereits 3 mal editiert, zuletzt von Alex- ()

    • Alex- schrieb:

      Löhne sind niedrig und Gewinne für Firmen in Branche x hoch ---> Es wird mehr Firmen in dieser Richtung geben, weil man eine Menge Geld verdienen kann bzw. Firmen expandieren und stellen neue Mitarbeiter ein ---> Die Nachfrage nach Arbeitnehmern in dieser Branche steigt ---> folglich steigen die Löhne der Arbeiter.
      Die Löhne steigen dann, wenn es keine Arbeitnehmer mehr gibt. Solange die Firma ein Produkt herstellt, für das man ungelernte Nutzen kann, steigen da überhaupt keine Löhne. Das Argument funktioniert wieder nur für den kleinen Teil der AN die gut ausgebildet sind.


      Alex- schrieb:

      Kannst ja mal schauen, wie viele Anbieter für smartphones oder 50 verschiedene Kaffeesorten es vor 10 Jahren gab und wieviele es heute gibt.
      Ich gehe stark davon aus, dass die Löhne beim chinesischen Smartphonehersteller ziemlich niedrig sind. Und so ein brasilianischer Kaffeebauer wird sich auch keine goldene Nase verdienen.


      Alex- schrieb:

      Mittel- und langfristig steigen reale Löhne (d.h. Lohnsteigerungen die _nicht_ mit Preiserhöhungen korrelieren bzw. Lohn bleibt gleich und Preise fallen) nach wie vor aber nur eine verbesserte Produktion. So einfach und real sieht die Situation aus.
      Wenn man der Lügenpresse glaubt, sind die Löhne auf dem Stand von 1990. Ich wage mal die vorsichtige These, dass die Produktivität nicht mehr auf dem Niveau von 1990 ist. Also muss das Geld irgendwo hin verschwunden sein. Wenn man sich dann anschaut, dass der Gini-Koeffizient größer geworden ist, könnte man fast meinen die Unternehmer und Anteilseigner hätten sich auf Kosten der Arbeiter bereichert.
      Byron - Attributmagier
      Der Korpothread

      Oster schrieb:

      Wenigstens shrodo denkt mit.





      "some games just feel so unthrowable until you suddenly lost"
    • Busfahrer: Ich bin der Meinung, viele ÖPNV Unternehmen (Bahn etc.) waren mal staatlich, wurden aber erst "kürzlich" privatisiert. Insofern wohl kein Argument.


      Alex: Dein Argument stimmt so nicht. Es machen ja nicht alle Unternehmen den gleichen Profit. Wenn nämlich das Unternehmen A zuvor (also vor dem Streik) die jetzt von den Arbeitern geforderten 30% über Jahre hinweg einbehalten hat, haben die ja Kapitalrücklagen en masse. Möglicherweise ist die Gewinnspanne des Unternehmens auch derartig hoch (sagen wir jetzt bspw. mal 70% des Lohns pro Mitarbeiter vor dem Streik), dass sie selbst nach der Gewinnersenkung um 30% durch die gestiegenen Mitarbeiterlöhne immer noch stärkere Rücklagen bilden können als Marktkonkurrenten, die z.B. nur 1,5% des Lohnes eines Mitarbeiters Gewinn machen in der selben Zeit.

      Relativ zu den Konkurrenten gesehen, wäre Unternehmen A dann immer noch derart stark, dass es seine Marktposition locker verteidigen kann (sie machen ja auch nach der Lohnerhöhung deutlich mehr Gewinn als alle anderen)und es wurde sogar ein wichtiger Schritt entgegen der Monopolisierung getan.

      Hängt halt alles davon ab, wie viel A am Einzelnen Mitarbeiter verdient und wie gut ihre Produkte von Vornherein aufgestellt war. Wenn sie über Jahre hinweg die hochwertigsten und günstigsten Produkte produziert haben aber ihre Arbeiter nicht besser bezahlt haben als anderswo, verlieren sie keinerlei Marktposition, sondern haben einfach permanent vorher weniger ausbezahlt als sie gekonnt hätten.

      Natürlich hat ein bestreiktes Unternehmen weniger Möglichkeit Rücklagen zu bilden und damit zu expandieren. Dadurch kann es theoretisch zu Grunde gewirtschaftet werden, bzw. an einem Ausbau gehindert werden, welcher der Wirtschaft nutzt. Es könnte aber auch folgendes passieren:

      -Die Bosse zahlen sich mehr Gehalt und sparen dieses Privat an. Von dem Geld hat dann außer diesen Leuten persönlich niemand was, weder die Wirtschaft generell, noch das Unternehmen, noch die Belegschaft. Neue Arbeitsplätze stellt das Unternehmen dann auch nicht her, wenn der Laden läuft verdienen und die Chefs genug verdienen, warum Arbeitsplätze schaffen, obwohl man nicht muss die evtl. unternehmerisches Risiko bedeuten.

      -Generell ist es evtl. unsinnvoll zu expandieren (Markt gesättigt, Fachkräfte fehlen, die benötigt werden würden, Gesetze beschränken das Unternehmen in irgendeiner Weise, Expansion birgt unkalkulierbare Risiken und und und...) Dann nützt es der Wirtschaft nicht, wenn das Unternehmen Geld scheffelt, weil es damit nicht expandieren wird, sondern weitermacht wie bisher.

      -Das Unternehmen expandiert im Ausland. Dann profitiert zwar irgendwer "weniger" wenn das Unternehmen bestreikt wird, weil dort weniger expandiert wird, aber für den Arbeiter hier vor Ort macht der Streik Sinn, da die hiesige Wirtschaft ja von dem Plus des Unternehmens nichts hat. Vorausgesetzt natürlich man streikt es nicht ganz kaputt.

      -Du setzt voraus, dass neue Arbeitsplätze geschaffen werden müssten. Dies hilft natürlich weiter wenn es dazu kommt, aber wie gesagt, es muss nicht sein, dass das Unternehmen wenn es Gewinn macht, Arbeitsplätze vor Ort schafft. Beim Streik geht es aber zudem nicht nur um die Schaffung (oder den Erhalt) von Arbeitsplätzen, sondern um die Qualität der Bezahlung. Solange das Unternehmen durch den Streik nicht Pleite geht, lohnt sich der Streik, da jemandem, der bereits Arbeit hat, die aber zu schlecht bezahlt wird, neue Arbeitsplätze nichts nützen (zumindest nicht direkt).


      Zusammenfassung:

      -Lohnerhöhungen auszuzahlen hat nicht zwangsläufig negative Folgen für ein Unternehmen. Je nachdem wie günstig ihr Ausgangslage ist. Vielleicht haben sie vorher einfach ihre Angestellten "verarscht" und viel weniger gezahlt als möglich wäre, alles in die private Tasche gesteckt. Du scheinst davon auszugehen, dass Unternehmen immer gezielt auf Expansion sparen oder alle Überschüsse fairerweise direkt als Gehaltserhöhung auszahlen, so dass das Gehalt der Arbeitnehmer immer dem zahlbaren Maximum des Unternehmens entspricht, was mmn eine falsche Diskussionsvoraussetzung ist. Zwar kann man deine Annahme nicht direkt widerlegen, da es auch eine Frage des Menschenbildes ist, ob man denkt, dass alle/sehr viele Chefs nach bestem Wissen und Gewissen fair zahlen und wenn das deine Meinung ist, kann ich da nichts als Beweis entgegenbringen. Ich halte das aber für nicht richtig und zudem gewissermaßen naiv und finde auch es gibt genug Beispiele, historisch und gegenwärtig, die das Gegenteil beweisen.





      Dumbaz:

      Habe deinen Post gelesen und einige stichhaltige Punkte darin gesehen, komme aber dennoch nochmal drauf zurück, aus Platzgründen später, wollte erst auf Alex eingehen, weil man das mmn so nicht stehenlassen konnte.
    • Alex- schrieb:

      Dein Argument, warum der Staat sich in die Verhandlungen zwischen zwei freien Individuen einmischen sollte, will mir nicht ganz einleuchten. Das würde bedeuten, dass der Staat sich anmaßt die Interessen der Vertragsparteien besser zu kennen als die Vertragsparteien selbst.
      Ich verstehe nicht, wie zweiteres aus ersterem folgerichtig ist. Tatsächlich maßt sich der Staat normative Bedeutung an. Das ist ganz natürlich, weil der Staat ipse facto normativ handeln muss. _Wenn_ es sinnvolle Einschränkungen für Verträge gibt, dann sollten diese auch für alle staatlichen Subjekte verwendet werden. Dass der Staat laut der liberalen Haltung diese Verträge exekutieren soll (diese sind ja einzuhalten, weil sonst nicht sinnvoll. Wer soll das vornehmen? der Staat) aber gleichzeitig keine Rahmenbedingungen stellen darf für die Inhalte, ist für mich nicht nachvollziehbar. Im Gegenteil: Der Staat als Gemeinwesen hat ja die Pflicht, wenn er Verträgen Gültigkeit verleiht (das tut er, indem er bestimmt, was Recht ist), auch zu regulieren, nach welchen Maßstäben er das vergeben soll.

      Alex- schrieb:

      aber er sorgt in jedem Falle für mehr Konkurrenz und damit für bessere Produkte.
      das würde ich nur _sehr_ ungern stehen lassen. Es gibt so unfassbar viele Beispiele in denen auf Qualität der Produkte zum Zwecke der "Wirtschaftlichkeit" geschissen wurde: Glühbirnen, eigentlich Preis/Produktabsprachen in jeglicher Hinsicht. Meines Wissens ist es genau das Problem des freien Handels, dass er Monopolisierung und Mainstreaming von Produkten nicht verhindern kann und deshalb die Qualität nicht unbedingt steigen muss und sogar sinken kann, wenn alle Marktteilnehmer dies unterstützen. Lasse mich aber gerne davon überzeugen, dass diese Effekte deutlich seltener sind als ich sie quantifizieren würde.