Lith?
shrodo.gif
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The verdict is not the end
It is only the beginning
Strong will shall keep spreading
It is only the beginning
Strong will shall keep spreading
Oster schrieb:
Wenigstens shrodo denkt mit.
Oster schrieb:
Wenigstens shrodo denkt mit.
greystar_ schrieb:
kann mir bis ende august nur noch maximal 14pps erlauben, sonst geht ne woche :/
Oster schrieb:
Wenigstens shrodo denkt mit.
>8:55
Vor der Tür: Zwei Bänke. Ein Polizist sitzt sichtlich gelangweilt direkt bei der Tür, seine Mütze in der Hand, zu Boden schauend. Ihm gegenüber vier Leute. Einer könnte wohl ein Bernd sein, aber er sucht nicht in der Menge nach anderen Bernds. Ich verwerfe die Theorie. Ein Mann mit Krücke kommt an, er ist wohl lahm am Bein. Vor der Ausbuchtung, also im Durchgangssaal, weitere Wartende. Einer, der ebenfalls Bernd sein könnte. Er schaut kurz zu mir, aber wir reden nicht. Ein Pärchen ist da, durchtrainierter Typ mit seiner attraktiven Froindin. Es stellt sich später heraus, dass sie erst nach Mario dran sind. Keine Ahnung, um was es bei ihnen geht. zwei Frauen unterhalten sich, eine ist blond, sehr kurzhaarig und eher eine Art Zwitterwesen. Die Zahl der Anwesenden wächst noch etwas, am Ende zähle ich 16. Beachtlich! 12 Männer und 4 Frauen müssten es gewesen sein, aber nagelt mich nicht darauf fest.
Auf der Bank sitzen, neben dem Polizisten, drei weitere Personen. Eine davon: Mario höchstpersönlich.
Er sieht genau so aus, wie in den Videos. Man erkennt ihn sofort. Er ist einen Kopf kleiner als Bernd, vielleicht noch mehr, und geht etwas gebückt. Einen Anzug trägt er, und eine rot-blaue Krawatte. Er ist im Gespräch, sowieso steht er nie allein. Ich versuche, ein paar Wortfetzen aufzuschnappen, kann aber nur „Personal-“ heraushören. Näher traue ich mich nicht heran. Es ist seltsam, ihn zum ersten Mal tatsächlich zu sehen, die unsichtbare Barriere zum Zwischennetz zu durchbrechen. Das Wissen, dass es nicht alles nur ein großer Scherz ist. Mario existiert, seine Lüfter existieren, seine Frau existiert. Alles ist plötzlich real und gar nicht meer der Faden, den man neulich beim lauern halb überflogen hat. Es ist alles so surreal, aber ich schiebe das auf meinen Schlafmangel und versuche, meine Konzentration zu wahren.
>9:07
Es geht los. Eben sind schon Staatsbedienstete durch den Nebeneingang hineingekommen, jetzt öffnet man die Tür, und alle.jpg gehen hinein. Der Gerichtssaal passt zur Zahl der Zuschauer, es gibt etwa 40 Plätze, gut 20 Personen nehmen Platz. Das Gericht ist wie ein Hufeisen aufgebaut, das sich zum Zuschauer hin öffnet. In der Mitte sitzt der Richter, rechts der Staatsanwalt. Hinten links, etwas abseits, der Gerichtsschreiber. Ein Kollege von Bernd, sozusagen. Mario stellt sich in die Mitte, direkt in das Hufeisen, sehr dicht beim Richter. Er hat einen eigenen Tisch, auf welchem er direkt Aktenordner stapelt, die er aus seiner Tasche zieht (sie ist übrigens mit „Sachsen“ bedruckt).
Ich bin noch dabei, meinen Schreibblock herauszukramen, als es schon fast losgeht. In der ersten Reihe, noch vor dem Publikum, sitzt der Justizbeamte von draußen, nebst einer weiteren Person. Der Richter schickt sie hinaus. Der Mann ist wohl ein alter Bekannter. Ich weiß nicht, ob er vorher mal reingerufen hat, vielleicht sogar einer von Marios Bekannten ist, oder ob sein Fall später behandelt werden soll. Innerlich schäme ich mich für mein Fersagen. Vielleicht kann Bernd ja aushelfen.
Es geht los, der Richter eröffnet die Verhandlung. Strafsache gegen Romanowski, zunächst Feststellung der Personalien. Leichtes Gekicher im Publikum.Trotzdem läuft es zunächst etwas unspektakulär ab. Vorname, Nachname, Mario antwortet. Er ist etwas leise, und ich befürchte schon, nicht verstehen zu können, was er später alles sagen wird. Er scheint beinahe geknickt. Gibt er etwa auf? Ist alles nach acht Minuten vorbei?
„Sind Sie deutscher Staatsangehöriger?“ - „Ja.“
Angaben zu Familienstand? Möchte er nicht machen.
Zum Einkommen? Auch nicht.
Dafür legt er direkt los, und stellt die Legitimation des Gerichts in Frage. Das geschieht etwas überstürzt, er plappert geradezu, bis der Richter ihn unterbricht: „Herr Romanooowskiiii“, mit noch mehr „o“ und „i“, als von Bernd hier angegeben. Dafür sei doch später Zeit. Der Richter gibt einen etwas väterlichen Typ ab, spricht eher ruhig, wird fast nie laut. Besonders alt ist er nicht, vielleicht Ende 40. Mario möchte weitersprechen, erzählt von seinen Pflichten (oder anderen? Ich weiß es nicht meer), wird aber erneut unterbrochen: „Sie haben die Pflicht, erstmal ruhig zu sein.“
Das hat gesessen. Wieder Kichern im Publikum. Mario hat anscheinend Anträge vorbereitet, viele Anträge, doch diesmal schaltet sich der Staatsanwalt ein. Es ist ein bulliger Typ, vom Format eines FJS, und ebenso bissig. Könnte glatt eine Guter-Polizei-böser-Polizist-Nummer werden. Er weist darauf hin, dass dafür gleich Zeit sei, aber zunächst kommt die Anklage, da die Strafprozessordnung das so vorsieht. Das Wort „ Strafprozessordnung“ löst beim Publikum wie auf Kommando Gelächter aus, was wiederum Arschverletztheit beim StA erzeugt, der sich laut darüber beklagt, dass es ja offenbar in Mode gekommen sei, das Gericht für ungültig zu halten.
Die Anklageschrift wird verlesen. Unbefugte Aufnahmen, Tonträger, Internet, kennt Bernd ja alles. Bemerkenswert finde ich, dass sogar das Gerät, mit welchem die Aufnahme getätigt wurde, genau beschrieben wird. Welche Marke, welches Modell.
>9:13
Jetzt ist Mario dran. Anträge. Ich konnte sie nicht auseinanderhalten, lieber Bernd, und auch Mario kam irgendwann durcheinander. Vergib also bitte die Verwirrung.
Mario will erfahren, mit welchem Recht er vorgeladen wird. Des Weiteren stellt er fest: Er ist keine juristische Person. Die Ladung sei ohne Legitimiation. Es folgt ein Antrag, die Identität festzustellen. Der Richter erkundigt sich, etwas verwirrt, um wessen Identität es denn gehe? Um seine. Und um die des Staatsanwalts.
Richter: „Ich sammel' jetzt Ihre Anträge.“ [Gekicher bei Einzelpersonen]
Kurz darauf:
Mario: „Mit wem hab ich das hier zu tun?“
Richter: „Mit mir als Richter.“
Mario: „Und Ihr Name?“
Richter: „D..“
Mario notiert sich den Vornamen, dafür braucht er fast eine Minute. Er möchte auch Geburtsdatum und -ort des Richter erfahren, was dieser aber ablehnt. Der Familienname fällt gar nicht erst. Danach erkundigt er sich nach dem Staatsanwalt, und erfährt dessen Nachname. Schließlich möchte er die Amts-/Dienstsausweise sehen, was ihm nicht gegönnt wird. Zwischenzeitlich erwähnt Richter D, dass Mario Unklarheiten mit dem Präsident des Gerichts klären soll. Mario will eine Antwort auf seinen Antrag, aber der Richter lehnt ab. Erst wird gesammelt. Alle Anträge sollen auf den Tisch.
Mario lässt sich nicht einschüchtern, ganz im Gegenteil. Sein nächster Antrag enthält den Begriff „Nazigesetzvertreter“. Starker Tobak, doch er darf weitersprechen. Die Geldstrafe sei vollkommen überzogen, da käme der „Geschäftssinn“ zum Vorschein. Der Richter wirft ein, dass man sich über die Höhe des Betrags durchaus unterhalten könne. Man gibt sich also kompromissbereit, trotz der scharfen Wortwahl. Vielleicht liegt es daran, dass Mario sowieso nicht darauf eingehen würde? Da kann man wohl nebenbei einen gnädigen Eindruck machen.
Mario ist mittlerweile beim Bundesbereinigungsgesetz der Alliierten angekommen. Natürlich redet er zu schnell, als dass ich alles notieren könnte, aber ein Satz erzeugt Erheiterung: „Deswegen gehe ich auf Ihr Seerecht nicht ein.“ Da ist es. Das Seerecht. Alle wollten es hören, und Mario liefert.
Dass der Richter nicht antwortet, will er ständig als Ablehnung seiner Anträge gewertet haben. Es ist sein Mantra, er wiederholt es wieder und wieder. Der Richter bleibt hart. Erst die Anträge, dann die Antworten. Mittlerweile bilden sie einen kleinen Stapel auf seinem Tisch. Manchmal wirft er noch einen kurzen Blick auf das Blatt, das Mario ihm reicht, manchmal lässt er es direkt auf den Haufen fallen. Mittlerweile sitzt er nicht mehr aufrecht, sondern hat sich auf seinem Stuhl zurückgelehnt, die Beine verschränkt, und schaut etwas schräg auf Mario, der unbeirrt fortfährt.
>9:20
Der Staatsanwalt ist hingegen sichtlich entnervt, reißt sich aber zusammen, als Mario wieder zu den Alliierten zurückkehrt. Er habe das auch alles schon bei Gericht 2009 angemahnt (bezogen auf das vermeintliche Fehlverhalten des Gerichts, wenn ich nicht irre). Vielleicht weiß Bernd, worauf er sich hier bezieht?
Jedenfalls sei die „Grundordnung der Demokratie außer Kraft gesetzt. […] Sie tun hier, als sei nichts geschehen.“. Kurz darauf geht es wieder darum, dass Gericht sich vorerst ausschweigen, und auf weitere Papiere warten möchte, sehr zum Missfallen Marios. Doch es bleibt dabei, erst die Anträge. Alle.
Mario: „Da bringen Sie mich jetzt durcheinander.“. Er scheint nicht damit gerechnet zu haben, dass man ihn einfach eine Dreiviertelstunde lang erzählen lässt.
Der nächste Antrag: Ablehnung des Richters „wegen fehlender Fachkompetenz und Befangenheit“. Mario baut ein kleines Logikkonstrukt auf. Ich kann nicht wiedergeben, wie genau es aussieht, aber die zweite Möglichkeit endet mit: „... und Sie daher ein Betrüger sind“. Und, da er offenbar noch einen draufsetzen möchte: „Dies bitte zu Protokoll.“
Nun kommt doch etwas Bewegung in die Bude. Der Gerichtsschreiber scheint aus seinen Träumen gerissen. Er tippt fast gar nichts, anscheinend geht heutzutage alles per Mikrofon. Oder hat er nur einmalig notiert, dass ein Haufen Anträge folgen? Der Richter wirft ein, dass Mario es sich gut überlegen solle, ob er diesen Antrag wirklich stellen will. Da drüben sitze der Staatsanwalt, und der werde sowas nicht durchgehen lassen. Der StA wiederum weist darauf hin, dass der Protokollführer nicht auf Wunsch schreibe, und erst recht nicht nach Belieben des Angeklagten.
>19:24
Der Antrag ist noch nicht angenommen. Mario laviert, erzählt weiter von Nazi-Gesetzen, das Ding soll durch, aber die Bedrohung ist jetzt da und die Grenze vom Gericht klar gesetzt. Mario fragt den Richter, wie er seinen Antrag umformulieren könne, damit es keine Beleidigung sei. Richter D. lehnt die Hilfestellung entschieden ab, das sei ja nicht seine Sache. Mario: „Menschlich ist das nicht.“
Ich schaue mich ein bisschen um. Ein Herr liest aus einem Buch mit Frakturschrift. Andere lauschen gespannt. Etwa die Hälfte, darunter auch Bernd, gibt keinen Ton von sich, abgesehen vom allgemeinem Gelächter. Einige können sich nicht zurückhalten und müssen stellenweise kurz losprusten. Drei oder vier kommentieren auch Vorgänge, aber nie meer als ein Einzeiler. Sie bleiben auch so leise, dass der Richter keine Einzelpersonen ausmachen kann, aber ob das absichtlich geschieht, kann ich kaum beurteilen. Es ist warm im Raum, doch nicht unerträglich. Durch die Milchglasscheiben kann man die Sonne erahnen, und draußen ist jemand mit dem Rasenmäher zugange.
Es folgt ein „Strafantrag gegen den Richter D.“ (O-Ton). Die Liste der Anklagepunkte ist schier endlos: Vorteilsnahme im Amt, Androhung schweren Übels, schwere Nötigung, Rechtsbeugung, und noch ein paar andere Sachen.
>9:27
Drei Nachzügler treffen ein. Möglicherweise mussten sie unten noch ihre Waffen abliefern.
Mario will unter einem anderen Antrag eine eidesstattliche Versicherung des Richters, was dieser naturgemäß ablehnt.
>9:30
Im Anschluss: Ein „Antrag auf Beweispflicht“. Es geht um die Kamera. Mario: „Sie sind in der Beweispflicht. Sie wollen etwas von mir!“ [Ruf aus dem Publikum: „Richtig!“]. Der Zettel landet auf dem Stapel.
Im nächsten Antrag legt Mario die erlittenen Torturen dar. „Gestanden unter Bedrohung und Folter“ habe er. „Merkel hat die Ermächtigungsgesetze wieder eingeführt.“ und „Beamte können von der Schusswaffe leichter Gebrauch machen.“. Das Publikum pflichtet mehr oder weniger leise bei, entschiedener jedenfalls als bei den vorigen Anträgen. Dann geht es auch gleich zum nächsten, „Antrag auf Augenscheinnahme des Videos“. Man solle ihm das Video zeigen, oder es öffentlich ausstellen. Vielleicht ging es auch um die Kamera mit dem Video, Bernd kam kaum mit dem Schreiben mit.
>9:35
Mario fährt fort mit einem „Strafantrag gegen Richter D.“. Doch bevor er den ersten Anklagepunkt verlesen hat („Vorteilsnahme im Amt“), unterbricht ihn Richter D. Den habe er doch schon gestellt. Also bitte weiter sammeln.
Mario: „NEIN!“
Richter: „Ich werde zu gegebener Zeit auf all Ihre Anträge zurückkommen.“
Mario (beinahe etwas trotzig): „Sie kriegen noch ein bisschen mehr.“
Der StA wirft ein, dass der Befangenheitsantrag sowieso zuallererst hätte gestellt werden müssen.
Mario dreht sich beim Vortragen gelegentlich zum Publikum um, „damit auch das [sic] Souverän begreift, wie Recht gebrochen wird“. Er wird dem Richter gegenüber etwas energischer: „Dieser Faschismus, so wie er hier betrieben wird, kann auch Ihre Familienmitglieder treffen.“. Damit kommt er durch, wenn auch nicht völlig unkommentiert.
>9:36
Der nächste Antrag. Thema nicht ganz klar. Mario: „Antrag auf gesetzlichen... (grübelt etwas länger) ...auf Prüfung des gesetzlichen Richters.“. Schon wieder? Mario: „Wenn wir hier immer noch im Kriegsrecht sind...“. Zwischenzeitlich ist auch mal vom Privatrecht die Rede. Er verliest ein Schreiben des Justizministeriums, das irgendwas beweist, es gibt jedenfalls einen Zusammenhang mit den Alliierten. Wieder will er eine Reaktion, wieder bekommt er keine. Mario: „Sie entziehen mir die normale Prozessordnung!“
Danach bedankt er sich allerdings beim Richter: „Sie, im Ton, angenehm!“. Er scheint positiv überrascht. Den StA findet er hingegen alles andere als überzeugend.
Nächster Antrag. Vorbeschäftigung des Richters bei einer Partei. Nächster Antrag. Abhängigkeit des Richters zu einer Partei. Ein kurzer Abstecher ins Jahr 1877, danach wieder zu den Alliierten. Nächster Antrag. „Auf Ablehnung eines Richters wegen Besorgnis der Befangenheit.“. Die Verhandlung dreht sich nun endgültig im Kreis. Mario, der sich selbst gelegentlich als „Mario aus der Familie Romanowski“ bezeichnet, wirft dem Richter erst Unehrlichkeit vor, danach mangelnde Unparteilichkeit. Ich denke für einen Moment, jetzt kracht es wieder, aber der Richter bleibt entspannt in seinem Sessel sitzen. Mario übernimmt temporär den Vorsitz des Gerichts, und bemerkt lakonisch: „Dem Antrag ist leider stattzugeben.“
Er bemängelt die Abwesenheit von Schöffen, worauf der Richter antwortet, dass das für diesen Strafprozess nicht vorgesehen sei. Den jüngsten Antrag drückt Mario dem Richter in die Hand.
Mario: „Das muss ich Ihnen abgeben.“
Richter: „Das ist eine gute Idee.“
Mario: „Ich bedanke mich für die Aufmerksamkeit.“
Im Publikum: Gelächter.
Mario: „Irgendeine Stellungnahme?“
StA: „Nein.“
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